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Das Echo aller Furcht

Das Echo aller Furcht

Titel: Das Echo aller Furcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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solcher Heftigkeit gestritten, daß sich ein Beobachter verwundert fragen muß, warum es in einem Land, dessen Bürger fast alle Reservisten sind und somit eine automatische Waffe im Schrank haben, bei lebhaften Debatten im Parlament nicht zu wüsten Schießereien kommt. Was Theodor Herzl von dem Chaos gehalten hätte, steht dahin. Es war Israels Plage, daß die Diskussionen zu leidenschaftlich geführt wurden und die Regierungskoalition in politischen und religiösen Fragen so stark polarisiert war. Fast jede Untersekte hatte ihr eigenes Territorium und entsandte deshalb einen Vertreter ins Parlament. Verglichen mit dieser Formel nimmt sich selbst Frankreichs oft fragmentierte Nationalversammlung wohlorganisiert aus, und dieses System machte es Israel nun schon seit einer Generation unmöglich, eine stabile Regierung mit einer schlüssigen Staatspolitik zu bilden.
    Die Demonstranten, zu denen immer mehr Menschen gestoßen waren, trafen eine Stunde vor Beginn der Debatte über das Abkommen vor der Knesset ein. Schon galt der Sturz der Regierung für möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich, und die gerade eingetroffenen Bürger schickten Emissäre zu jedem Mitglied der Knesset, das sie ausfindig machen konnten. Abgeordnete, die mit ihnen einig waren, traten vor das Gebäude und verurteilten das Abkommen mit flammenden Worten.
     
    »Das gefällt mir nicht«, meinte Liz Elliot, die in ihrem Büro den Fernseher laufen hatte. Der politische Aufruhr in Israel war viel heftiger, als sie erwartet hatte. Auf ihren Wunsch war Ryan zugegen, um seine Einschätzung der Lage zu geben.
    »Ja«, stimmte der DDCI zu, »das ist leider der einzige Aspekt, den wir nicht kontrollieren konnten.«
    »Wie hilfreich, Ryan.« Auf Elliots Schreibtisch lagen die Ergebnisse einer Umfrage, die Israels renommiertestes demoskopisches Institut gehalten hatte. Von fünftausend Befragten waren 38 Prozent für das Abkommen, 41 Prozent dagegen, und 21 Prozent äußerten sich unentschieden. Diese Zahlen reflektierten ungefähr das Kräfteverhältnis in der Knesset, wo die Rechte geringfügig stärker war als die Linke und wo sich die wacklige Mitte aus Splittergruppen zusammensetzte, die allesamt auf ein günstiges Angebot von der einen oder anderen Seite warteten, das ihnen eine größere politische Bedeutung verschaffte.
    »Scott Adler legte uns das schon vor Wochen dar. Wir wußten von Anfang an, daß die israelische Regierung nicht stabil ist. Wann hatte sie denn überhaupt in den letzten zwanzig Jahren eine sichere Mehrheit?«
    »Aber wenn der Premier es nicht schafft...«
    »Dann läuft Plan B wieder an. Sie wollten doch Druck ausüben, oder? Ihr Wunsch geht in Erfüllung.« Die einzige Frage, die wir nicht genau durchdacht haben, ging es Ryan durch den Kopf. Aber auch gründliche Überlegungen hätten nichts geholfen. Seit einer Generation herrschte in der israelischen Regierung Anarchie. Man hatte die Arbeit an dem Abkommen in der Annahme begonnen, daß die Knesset es, mit vollendeten Tatsachen konfrontiert, notgedrungen ratifizieren würde. Ryans Meinung zu diesem Thema war nicht eingeholt worden, aber er hielt diese Einschätzung dennoch für fair.
    »Unser innenpolitischer Spezialist in der Botschaft hält die von unserem Freund Mendelew gesteuerte Splitterpartei für das Zünglein an der Waage«, merkte Elliot an, die sich bemühte, ruhig zu bleiben.
    »Gut möglich«, räumte Jack ein.
    »Das ist doch absurd!« fauchte Elliot. »Dieser lächerliche Knacker war ja noch nie im Land...«
    »Das hängt mit seiner religiösen Überzeugung zusammen. Erst nach der Ankunft des Messias will er Israel besuchen.«
    »Herr im Himmel!« rief die Sicherheitsberaterin.
    »Genau der.« Ryan lachte und bekam einen giftigen Blick ab. »Liz, der Mann hat eben seine Überzeugungen. Sie mögen uns etwas exzentrisch vorkommen, aber die Verfassung verlangt, daß wir sie tolerieren und respektieren. So halten wir es in den USA.«
    Elliot schüttelte die Faust in Richtung Fernseher. »Dieser Spinner ruiniert uns alles! Können wir denn gar nichts tun?«
    »Was denn zum Beispiel?« Ihr Benehmen deutete auf mehr hin als nur auf Panik.
    »Ach, ich weiß nicht – irgend etwas muß doch möglich sein...« Elliot wartete auf eine Reaktion ihres Besuchers.
    Ryan beugte sich vor und wartete so lange, bis er ihre volle Aufmerksamkeit hatte. »Die historischen Präzedenzfälle wären Jesus und Savonarola, lästige Prediger. So, und wenn Sie nun auf etwas Konkretes

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