Das Echo aller Furcht
Anerkennung, als sei sie die natürlichste Sache der Welt? Die Israelis hatten immer schon vorgegeben, ihre arabischen Nachbarn zu respektieren, aber das war ein reines Lippenbekenntnis gewesen, ein leeres Versprechen.
Ravenstein hatte natürlich eine Ausnahme dargestellt. Als Gelehrter, der in seiner eigenen Welt der toten Dinge und Ideen lebte, hatte er oft zur Mäßigung im Umgang mit den Arabern geraten und bei seinen Ausgrabungen Moslems konsultiert... und nun...
Nun war er eine Art psychologisches Bindeglied zwischen der jüdischen und der arabischen Welt. Menschen wie er machten also weiter wie bisher, stellten aber keine Ausnahme mehr dar.
Der Friede war möglich. Er konnte kommen. Er war kein verrückter Traum mehr, den Außenstehende der Region aufzwingen wollten. Erstaunlich, wie rasch sich das Volk der Umstellung anpaßte. Israelis verließen ihre Siedlungen. Die Schweizer hatten schon eine besetzt und mehrere andere abgebrochen. Die saudische Kommission hatte begonnen, Grundstücke an ihre rechtmäßigen Eigentümer zurückzugeben. Am Stadtrand sollte eine von Saudi-Arabien finanzierte große arabische Universität entstehen. Wie schnell alles ging! Der israelische Widerstand war schwächer als erwartet. In einer Woche, hatte er gehört, sollte der Touristenstrom einsetzen – die Hotelbuchungen gingen so rasch ein, wie es die Kapazitäten der Satellitenverbindungen zuließen. Zwei riesige Herbergen waren bereits in der Planung, und die Einnahmen allein aus dem Tourismus würden gewaltige Gewinne für die palästinensische Wirtschaft bedeuten. Die Palästinenser hatten ihren totalen politischen Sieg über Israel erklärt und kollektiv beschlossen, im Triumph großmütig zu bleiben – das war für sie, die in der arabischen Welt den besten Geschäftssinn hatten, finanziell am günstigsten.
Aber Israel bestand weiter.
Ghosn blieb vor einem Straßencafe stehen, setzte seine Tasche ab und bestellte einen Saft. Während er wartete, betrachtete er die Passanten in der engen Gasse. Er sah Juden und Moslems. Bald würden Touristen die Stadt überfluten; die erste Welle hatte die Flughäfen bereits erreicht. Es kamen Moslems, um im Felsendom zu beten, es fielen reiche Amerikaner ein und sogar Japaner, voller Neugier auf dieses Land, das älter war als ihres. Und bald würde der Wohlstand nach Palästina kommen.
Die Prosperität ist die Magd des Friedens und die Feindin der Unzufriedenheit.
Wohlstand war aber nicht das, was Ghosn für sein Volk und sein Land im Sinn hatte, zumindest vorerst nicht. Es mußten die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen werden. Er bezahlte seinen Orangensaft mit amerikanischem Geld und ging. Bald fand er ein Taxi. Ghosn, der über Ägypten nach Israel eingereist war, fuhr von Jerusalem nach Jordanien und kehrte dann in den Libanon zurück. Er hatte jetzt viel zu tun und hoffte nur, daß die neuen Bücher die notwendigen Informationen enthielten.
Ben Goodley, ein intelligenter, gutaussehender Siebenundzwanzigjähriger, setzte seine Studien an der Kennedy School of Government in Harvard nach der Promotion fort, und sein Ehrgeiz reichte für die gesamte Familie, nach der das Institut benannt war. Seine Doktorarbeit hatte sich mit den geheimdienstlichen Aspekten des Vietnam-Debakels befaßt und war so kontrovers, daß sein Professor sie Elizabeth Elliot zur Begutachtung zugeschickt hatte. Das einzige, was die Sicherheitsberaterin an Goodley störte, war die Tatsache, daß er ein Mann war. Aber es ist eben niemand perfekt.
»Und womit genau möchten Sie sich beschäftigen?« fragte sie ihn.
»Dr. Elliot, ich möchte nachrichtendienstliche Entscheidungsprozesse im Hinblick auf die jüngsten Veränderungen in Europa und im Nahen Osten überprüfen – ein recht problematisches Thema.«
»Und was ist Ihr Karriereziel? Wollen Sie lehren, schreiben oder in den Regierungsdienst eintreten?«
»Mich interessiert die Praxis. Der historische Kontext verlangt, daß die richtigen Leute die richtigen Entscheidungen treffen. Ich habe in meiner Dissertation schlüssig dargelegt, daß uns die Nachrichtendienste seit 1960 fast ununterbrochen schlecht beraten haben. Die ganze Denkart zielt in die falsche Richtung. Zumindest« – er lehnte sich zurück und versuchte entspannt zu wirken – »kommt man als Außenseiter oft zu diesem Schluß.«
»Und was ist Ihrer Ansicht nach der Grund?«
»Zum einen die Kriterien bei der Einstellung. Die Art und Weise zum Beispiel, auf die bei
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