Das Echo aller Furcht
unternehmen.«
»Essen Sie Ihr Frühstück. Ich muß ein bißchen nachdenken, und das kann ich beim Kauen am besten.«
Ein guter Rat, wie Ryan wenige Minuten später feststellte. Das Essen neutralisierte die Kaffeesäure in seinem Magen und gab ihm Energie für den Tag. Eine Stunde später war er auf dem Weg zum Außenministerium. Um die Mittagszeit fuhr er nach Hause, um seinen Koffer zu packen, und schaffte es, während er zurückchauffiert wurde, etwas Schlaf nachzuholen. Nachmittags nahm er in Aldens Büro im Weißen Haus an einer Besprechung teil, die sich bis in die Nacht hinzog, und ließ sich vor Sonnenaufgang zum Luftstützpunkt Andrews fahren. Dort rief er vom VIP-Saal aus seine Frau an und bat sie, ihren Sohn zu vertrösten; aus dem versprochenen Spiel wurde nun nämlich nichts. Kurz vor seinem Abflug erschien ein Kurier und brachte 200 Seiten mit Material von der CIA, dem Außenministerium und dem Weißen Haus, die er auf dem Flug über den Atlantik zu lesen hatte.
4
Das Gelobte Land
Der amerikanische Luftstützpunkt Ramstein Air Base liegt in einem Tal, was Ryan leicht irritierte. Seiner Ansicht nach gehörte ein Flughafen auf plattes Land. Auf dem Stützpunkt war ein Geschwader F-16 stationiert; jeder Jagdbomber stand in seinem eigenen bombengesicherten und von Bäumen umgebenen Unterstand – die Deutschen konnten mit ihrer Manie für Grün selbst die radikalsten amerikanischen Umweltschützer beeindrucken. Das war einer der seltenen Fälle, in denen sich die Ziele der Ökopaxe mit den Anforderungen der Militärs deckten. Die Unterstände waren aus der Luft nur sehr schwer auszumachen, und auf manchen der Gebäude, die von den Franzosen errichtet worden waren, wuchsen sogar Bäume – eine sowohl vom ästhetischen als auch vom militärischen Standpunkt aus gesehen erfreuliche Tarnung.
Auf dem Stützpunkt gab es auch einige große Passagiermaschinen, darunter eine umgebaute Boeing 707 mit der Aufschrift »United States of America«. Diese kleinere Version der Maschine des Präsidenten wurde in Ramstein »Miss Piggy« genannt und stand dem Oberbefehlshaber der US-Luftwaffe in Europa zur Verfügung. Ryan konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Hier gesellten sich auf einer umweltfreundlichen Anlage über 70 Kampfflugzeuge, deren Aufgabe die Vernichtung eben jener sowjetischen Streitkräfte war, die nun aus Deutschland abzogen, in friedlicher Eintracht zu einem Flugzeug, das Miss Piggy hieß. Verrückte Welt.
Andererseits garantierte das Fliegen mit der Air Force erstklassigen Service und VIP-Behandlung, die ihren Namen verdiente – in diesem Fall Unterkunft in dem hochkomfortablen Cannon Hotel. Der Stützpunktkommandant, ein Colonel, hatte Ryan an seiner VC-20B Gulfstream begrüßt und rasch zu den Unterkünften für hohe Besucher gebracht, wo er sich mit Hilfe des Inhaltes der Minibar die nötige Bettschwere verschaffte, um die Folgen des Jetlags in einem langen Schlaf zu minimieren. Alternativen gab es sowieso keine, denn das TV-Angebot bestand aus nur einem Programm, dem AFN. Als er um sechs Uhr Ortszeit steif und hungrig aufwachte, hatte er sich an die Zeitumstellung fast gewöhnt.
Zum Joggen verspürte Jack wirklich keine Lust; das redete er sich jedenfalls ein. In Wirklichkeit hätte er, selbst wenn ihm jemand eine Pistole an die Schläfe gehalten hätte, keine 800 Meter geschafft. Er entschied sich daher für einen flotten Spaziergang. Bald wurde er von Fitneß-Fanatikern überholt, junge und schlanke Männer, die bestimmt Jagdpiloten waren. Der Frühnebel hing noch in den Kronen der Bäume, die dicht an der Straße gepflanzt waren, und es war viel kühler als daheim.
Hin und wieder zerriß das Röhren der Düsentriebwerke die Stille – »The Sound of Freedom« hatte vierzig Jahre lang den Frieden gewahrt und ging den Deutschen nun auf die Nerven. Die Einstellungen änderten sich so rasch wie die Zeiten. Amerikas militärische Macht hatte ihr Ziel erreicht und gehörte nun, was die Deutschen anging, bereits der Vergangenheit an. Verschwunden die innerdeutsche Grenze, umgerissen die Zäune, entfernt die Wachtürme und Minen. Auf dem einstmals plattgewalzten Todesstreifen wuchsen nun Gras und Blumen. Anlagen im Osten, die einstmals auf Satellitenfotos studiert oder von westlichen Agenten mit großem finanziellen Aufwand und unter lebensgefährlichen Bedingungen ausgekundschaftet worden waren, standen nun den Schnappschuß-Touristen offen – unter denen sich auch Geheimdienstleute
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