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Das Echo aller Furcht

Das Echo aller Furcht

Titel: Das Echo aller Furcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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tummelten, die auf die Springflut der Veränderungen eher schockiert als nachdenklich reagierten. Manche fanden sich bei der Inspektion vor Ort in ihrem früheren Argwohn bestätigt, und andere wiederum mußten feststellen, daß sie völlig schiefgelegen hatten.
    Ryan schüttelte den Kopf. Das Ganze war mehr als erstaunlich. Die Deutschlandfrage war schon vor seiner Geburt der Kernpunkt des Ost-West-Konflikts gewesen, Thema genug für Informationspapiere, Geheimdienstanalysen und Presseberichte, um das ganze Pentagon mit Altpapier zu füllen. All die Mühe, die Detailstudien und kleinlichen Streitereien – vorbei, bald vergessen. Selbst Historiker würden nie die Energie aufbringen, alle die Daten zu sichten, die man einmal für wichtig gehalten hatte – für lebenswichtig –, die aber nun kaum mehr waren als eine umfangreichere Fußnote zum Zweiten Weltkrieg. Dieser Luftstützpunkt zum Beispiel, erbaut für Flugzeuge, die russische Maschinen abschießen und eine sowjetische Offensive zerschlagen sollten, wurde nun, da in dessen Wohnsiedlungen bald deutsche Familien einziehen würden, zu einem kostspieligen Anachronismus. Und was wird aus den Flugzeugbunkern? fragte sich Ryan. Weinkeller vielleicht?
    »Halt!« Ryan blieb stehen und drehte sich um. Der Befehl kam von einer jungen Soldatin der Air Force, die ein Gewehr M-16 trug.
    »Hab’ ich was falsch gemacht?«
    »Ihren Ausweis, bitte.« Die junge Frau war attraktiv und sehr nüchtern. Außerdem hatte sie Verstärkung dabei, die im Wald auf der Lauer lag. Ryan gab ihr seinen CIA-Dienstausweis.
    »So was hab’ ich noch nie gesehen, Sir.«
    »Ich bin gestern abend mit der VC-20 gekommen und wohne im Cannon, Zimmer 109. Colonel Parker kann das bestätigen.«
    »Wir haben Alarmbereitschaft, Sir«, sagte sie und griff nach dem Funkgerät.
    »Tun Sie ruhig Ihre Pflicht, Miss – Verzeihung, Sergeant Wilson. Meine Maschine geht erst um zehn.« Ryan lehnte sich an einen Baumstamm und streckte sich. Ein zu schöner Morgen, um sich groß aufzuregen – auch nicht über zwei Bewaffnete, die keine Ahnung hatten, wer er war.
    »Roger.« Sergeant Becky Wilson schaltete das Funkgerät ab. »Der Colonel sucht Sie, Sir.«
    »Halte ich mich auf dem Rückweg am Burger King links?«
    »Ja, Sir.« Sie gab ihm lächelnd seine Karte zurück.
    »Danke, Sergeant. Verzeihen Sie die Störung.«
    »Soll ich einen Wagen kommen lassen? Der Colonel wartet.«
    »Ich gehe lieber zu Fuß. Der Colonel ist zu früh dran, er soll ruhig warten.« Ryan entfernte sich und ließ die junge Frau über die Wichtigkeit eines Mannes spekulieren, der es sich leisten konnte, den Stützpunktkommandanten auf den Stufen vor dem Cannon warten zu lassen. Ryan marschierte zehn Minuten zügig voran; sein Orientierungssinn ließ ihn trotz der fremden Umgebung und des Zeitunterschieds von sechs Stunden nicht im Stich.
    »Morgen, Sir!« rief Ryan, als er guter Laune über eine Mauer auf den Parkplatz sprang.
    »Ich habe ein kleines Frühstück mit dem Stab des OB arrangiert. Wir hätten gern Ihre Einschätzung der Lage in Europa gehört.«
    Jack lachte. »Großartig! Und ich will Ihre hören.« Ryan ging auf sein Zimmer, um sich umzuziehen. Was bringt diese Leute auf die Idee, daß ich mehr weiß als sie? fragte er sich. Andererseits hatte er kurz vor dem Abflug vier Neuigkeiten erfahren. Die aus der Ex-DDR abziehenden sowjetischen Truppen waren mißmutig über den Mangel an Unterkünften in der Heimat. Mitglieder der ehemaligen Volksarmee waren über ihre Zwangspensionierung weit aufgebrachter, als man in Washington ahnte, und hatten vermutlich in früheren Stasi-Mitarbeitern Verbündete gefunden. Und schließlich war zwar ein rundes Dutzend Mitglieder der RAF in Ostdeutschland festgenommen worden, aber mindestens ebenso viele hatten sich abgesetzt, ehe das BKA zuschlagen konnte. Aus diesem Grund, erfuhr Ryan, war man in Ramstein in Alarmbereitschaft.
    Die VC-20B startete kurz nach zehn und ging auf Südkurs. Arme Narren, diese Terroristen, dachte er, die ihr Leben, ihre Kraft und ihren Intellekt einer Sache gewidmet haben, die nun noch rascher verschwindet als die deutsche Landschaft unter mir. Wie zurückgelassene Kinder müssen sie sich fühlen. Ohne Freunde. Sie hatten sich in der CSSR und DDR versteckt und von dem bevorstehenden Zusammenbruch dieser beiden kommunistischen Staaten nichts geahnt. Wo sollten sie jetzt Unterschlupf finden? In Rußland? Ausgeschlossen. In Polen? Ein Witz. Ihre Welt hat sich jäh

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