Das Echo aller Furcht
verändert, dachte Ryan und lächelte wehmütig, und ein weiterer Umschwung steht ihnen noch bevor. Ihre letzten Freunde werden sich bald wundern. Vielleicht, korrigierte er sich. Vielleicht ...
»Hallo, Sergej Nikolajewitsch«, hatte Ryan gesagt, als ein Besucher vor einer Woche sein Büro betrat.
»Tag, Iwan Emmetowitsch«, hatte der Russe erwidert und die Hand ausgestreckt, die bei ihrer letzten Begegnung auf dem Flughafen Scheremetjewo bei Moskau eine Waffe gehalten hatte. Das war weder für S. N. Golowko noch für Ryan ein guter Tag gewesen, aber es hatte sich, wie das Schicksal so spielt, alles zum Guten gewendet. Golowko war für seinen fast erfolgreichen Versuch, den Vorsitzenden des KGB an der Flucht in den Westen zu hindern, zum Ersten Stellvertretenden Vorsitzenden dieser Organisation gemacht worden. Ein Erfolg hätte ihn nicht ganz so weit gebracht, aber nachdem dem Präsidenten seine Einsatzbereitschaft aufgefallen war, ging es mit seiner Karriere steil aufwärts. Golowkos Leibwächter saß im Vorzimmer und unterhielt sich mit John Clark.
»Nicht gerade beeindruckend«, meine Golowko und warf einen abschätzenden Blick auf die Wände aus Gipsplatten. Über dem Kleiderständer hing das einzige Foto im Raum, das mit Präsident Fowler, neben einem anständigen Gemälde, einer Leihgabe aus Regierungsbeständen.
»Jedenfalls habe ich eine schönere Aussicht als Sie, Sergej Nikolajewitsch. Steht der eiserne Felix noch auf dem Platz?«
»Vorerst noch.« Golowko lächelte. »Wie ich höre, ist Ihr Direktor nicht in der Stadt.«
»Stimmt, der Präsident brauchte seinen Rat.«
»Zu welchem Thema denn?« fragte Golowko mit einem schiefen Lächeln.
»Keine Ahnung«, versetzte Ryan lachend und dachte: zu allen möglichen Themen.
»Tja, es ist nicht leicht für uns beide.« Auch der neue KGB-Vorsitzende war kein Nachrichtendienst-Fachmann. Nicht ungewöhnlich; häufig war der Chef dieses finsteren Apparates aus der Partei gekommen, aber da inzwischen auch diese der Vergangenheit angehörte, hatte Narmonow einen Computerexperten an die Spitze seines wichtigsten Nachrichtendienstes gesetzt. Neue Ideen sollten den KGB effizienter machen. Ryan wußte, daß Golowko inzwischen einen IBM-PC auf dem Schreibtisch stehen hatte.
»Sergej, ich habe schon immer gesagt: Wenn Vernunft die Welt regierte, wäre ich arbeitslos. Aber sehen Sie sich bloß die Lage an. Kaffee?«
»Gerne, Jack«, meinte Golowko und lobte einen Augenblick später das Gebräu.
»Nancy füllt mir jeden Morgen die Maschine. Nun, was kann ich für Sie tun?«
»Diese Frage hat man mir schon oft gestellt, aber noch nie in einer solchen Umgebung.« Golowko lachte dröhnend. »Jack, fragen Sie sich auch manchmal, ob das Ganze nicht bloß ein Traum ist, bei dem wir alle unter Drogen stehen?«
»Nein. Ich hab’ mich kürzlich beim Rasieren geschnitten, bin aber nicht aufgewacht.«
Golowko murmelte etwas auf russisch, das Ryan nicht verstand. Seinen Übersetzern aber würde es beim Auswerten der Bänder nicht entgehen.
»Ich bin derjenige, der das Parlament über unsere Aktivitäten informiert. Ihr Direktor war so freundlich, unserer Bitte um Rat zu entsprechen.«
Diese Chance ließ Ryan sich nicht entgehen. »Kein Problem, Sergej Nikolajewitsch. Lassen Sie einfach alle Ihre Informationen über meinen Schreibtisch laufen. Ich sage Ihnen dann gerne, wie sie am besten zu präsentieren sind.«
Golowko spielte mit. »Gerne, aber dafür hätte der Vorsitzende kein Verständnis. « Es wurde Zeit, das Geplänkel abzustellen und zum Geschäft zu kommen.
»Wir erwarten ein quid pro quo «, eröffnete Ryan die Verhandlungen.
»Und das wäre?«
»Informationen über die Terroristen, die Sie früher unterstützt haben.«
»Das geht nicht«, erwiderte Golowko glatt heraus.
»Wieso nicht?«
»Ein Nachrichtendienst muß Loyalität wahren, wenn er funktionieren soll.«
»Wirklich? Erzählen Sie das Fidel Castro, wenn Sie ihn wieder mal sehen«, schlug Ryan vor.
»Langsam blicken Sie durch, Jack.«
»Danke, Sergej. Meine Regierung hat auf die jüngsten Äußerungen Ihres Präsidenten zum Thema Terrorismus mit Befriedigung reagiert. Der Mann ist mir sympathisch, das wissen Sie. Gemeinsam verändern wir die Welt. Und Sie selbst waren doch auch gegen die Unterstützung, die Ihre Regierung diesen widerlichen Typen gewährte.«
»Wie kommen Sie darauf?« fragte der Erste Stellvertretende Vorsitzende.
»Sergej, als Geheimdienstfachmann können Sie
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