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Das Echo aller Furcht

Das Echo aller Furcht

Titel: Das Echo aller Furcht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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kurz nach einer anderen VC-20B des 89. Transportgeschwaders, die aus Moskau gekommen war. Die schwarze Limousine auf dem Vorfeld wartete auf die Insassen beider Flugzeuge.
    Der stellvertretende Außenminister Scott Adler begrüßte Ryan mit einem dezenten Lächeln.
    »Nun?« rief Ryan laut, um den Fluglärm zu übertönen.
    »Alles klar.«
    »Donnerwetter!« sagte Ryan und ergriff Adlers Hand. »Mit wie vielen Wundern können wir in diesem Jahr noch rechnen?«
    »Wie viele dürfen’s denn sein?« Der Karrierediplomat Adler war aus der Rußlandabteilung des State Departments aufgestiegen, beherrschte die Sprache fließend und kannte die Sowjetunion und ihre gegenwärtige und vergangene Politik besser als die meisten anderen Regierungsmitglieder, russische eingeschlossen. »Wissen Sie, woran man sich am schwersten gewöhnt?«
    »Immer da zu hören anstatt njet ?«
    »Genau, da verliert man den Spaß am Verhandeln. Diplomatie kann unglaublich öde sein, wenn beide Seiten Vernunft zeigen.« Adler lachte, als der Wagen anfuhr.
    »Jetzt steht uns wohl beiden eine neue Erfahrung bevor«, merkte Ryan völlig nüchtern an und drehte sich nach »seiner« Maschine um, die für den Weiterflug klar gemacht wurde. Von nun an sollten Adler und er gemeinsam reisen.
    Mit der üblichen schweren Eskorte jagten sie auf das Zentrum von Rom zu. Die Roten Brigaden, vor ein paar Jahren fast ausgerottet, waren wieder aktiv, und die Italiener schützten ausländische Würdenträger aus Prinzip sorgfältig. Neben dem Fahrer saß ein humorloser Bursche mit einer kleinen Beretta. Zwei Autos fuhren der Limousine voraus, zwei folgten. Eingekesselt war das Ganze von so vielen Krafträdern, daß man hätte glauben können, es handele sich um ein Moto-Cross. Bei der raschen Fahrt durch die uralten Straßen von Rom sehnte Ryan sich ins Flugzeug zurück, denn jeder italienische Autofahrer schien Ambitionen für die Formel 1 zu haben. Mit Clark am Steuer eines unauffälligen Wagens auf einer spontan gewählten Route hätte sich Ryan sicherer gefühlt, aber in seiner derzeitigen Position zählten bei den Sicherheitsvorkehrungen nicht nur praktische, sondern auch protokollarische Kriterien. Es gab natürlich noch einen anderen Grund...
    »Es geht doch nichts über einen unauffälligen Empfang«, murmelte Jack.
    »Nicht aufregen. Den großen Bahnhof gibt es hier immer. Sind Sie zum ersten Mal in Rom?«
    »Ja. Wollte schon lange hin, kam aber nie dazu. Ich interessiere mich für die Kunst und die Geschichte.«
    »Da gibt’s eine Menge zu sehen«, stimmte Adler zu. »Und was die Geschichte anbetrifft – meinen Sie, daß wir nun auch welche machen?«
    Ryan wandte sich seinem Kollegen zu. Die Vorstellung, Geschichte zu machen, war für ihn ein vollkommen neuer Gedanke. Und ein gefährlicher. »Das gehört nicht zu meinem Job, Scott.«
    »Sie wissen ja, was passiert, wenn diese Sache klappt.«
    »Ehrlich gesagt, habe ich mir über die Konsequenzen noch keine Gedanken gemacht.«
    »Das sollten Sie aber tun. Keine Tat bleibt ungestraft.«
    »Reden Sie von Minister Talbot?«
    »Nein, von meinem Chef ganz bestimmt nicht.«
    Ryan schaute nach vorne und sah, wie ein Laster der Fahrzeugkolonne hastig auswich. Der italienische Polizist an der rechten Flanke der Motorrad-Eskorte hatte seinen Kurs um keinen Millimeter geändert.
    »Es geht mir nicht um die Meriten. Ich hatte nur eine Idee, das ist alles. Und jetzt bin ich das Vorauskommando.«
    Adler schüttelte leicht den Kopf und schwieg. Wie konnte sich dieser Mann so lange im Regierungsdienst halten? fragte er sich.
    Die gestreiften Anzüge der Schweizergarde hatte Michelangelo entworfen. Wie die roten Waffenröcke der britischen Guards waren auch sie Relikte aus einer längst vergangenen Zeit, die man weniger aus praktischen Erwägungen als aus touristisch-kommerziellen Zwecken beibehielt. Die Männer mit ihren Waffen sahen richtig urig aus. Die Wächter des Vatikans trugen Hellebarden, häßliche, langschäftige Hackinstrumente, mit denen die Infanterie früher die Ritter von den Pferden geholt oder notfalls auch nur den Gaul verletzt hatte. War ein Ritter in seiner Rüstung erst einmal aus dem Sattel, wurde er ohne viel Federlesens geknackt wie ein Hummer. Viele Leute finden mittelalterliche Waffen romantisch, dachte Ryan, aber was man mit ihnen anstellte, war alles andere als romantisch. Ein modernes Gewehr mochte den Körper des Gegners durchlöchern, aber dieses alte Kriegsgerät hatte ihn zerstückelt.

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