Das Echo aller Furcht
die Akte sinken. Er qualmte wie ein Vulkan.
»Nun, Jack, was gibt’s?«
»Gerade rief unser Freund aus Israel an. Das Kabinett schickt eine Delegation nach Rom und hat die Vertragsbedingungen angenommen – mit einigen Modifikationen.«
»Mit welchen?« fragte Cabot, nahm Ryans Notizen entgegen und überflog sie. »Da haben Sie und Talbot recht behalten.«
»Tja, und ich hätte den Mund halten und ihn die Karte ausspielen lassen sollen.«
»Gut gemacht. Bis auf einen Punkt haben Sie alles richtig prophezeit.« Cabot stand auf, schlüpfte in seine schwarzen Halbschuhe und ging zu seinem Schreibtisch ans Telefon. »Richten Sie dem Präsidenten aus, daß ich ihn im Weißen Haus erwarte, wenn er aus New York zurückkommt. Talbot und Bunker sollen auch an der Besprechung teilnehmen. Sagen Sie, die Sache liefe.« Cabot legte auf und grinste mit der Zigarre zwischen den Zähnen. »Na, was sagen Sie jetzt?«
»Bis wann können wir die Sache zum Abschluß bringen?«
»Angesichts der Vorarbeit, die Sie und Adler geleistet haben, und der Beiträge von Talbot und Bunker ...? Hm, sagen wir zwei Wochen. So schnell wie in Camp David wird es nicht gehen, weil zu viele Berufsdiplomaten beteiligt sind, aber ich wette, daß der Präsident in vierzehn Tagen mit seiner 747 zur Vertragsunterzeichnung nach Rom fliegt.«
»Möchten Sie mich im Weißen Haus dabeihaben?«
»Nein, das regle ich allein.«
»Gut.« Das kam nicht unerwartet. Ryan ging.
7
Die Stadt Gottes
Die Kameras waren an Ort und Stelle. Auf dem Luftwaffenstützpunkt Andrews waren die modernsten Satelliten-Übertragungswagen in Transportmaschinen Galaxy C-5B geladen und zu Roms Flughafen »Leonardo da Vinci« geflogen worden. Der Aufwand wurde weniger für die feierliche Vertragsunterzeichnung, sollte diese überhaupt stattfinden, betrieben, sondern mehr dazu, das üppige Ambiente entsprechend einzufangen. Die TV-Produzenten fanden, daß die gerade erst in Produktion gegangenen volldigitalisierten und hochauflösenden Anlagen die wunderbaren Kunstwerke an den Wänden des Vatikans besser wiedergeben konnten. Italienische Schreiner und Elektroniker aus New York und Atlanta hatten rund um die Uhr Kabinen gebaut und ausgestattet, in denen Nachrichtensendungen, darunter auch die News des Frühstücksfernsehens der drei großen amerikanischen TV-Netze, produziert werden sollten. Neben der massiven Präsenz von CNN, BBC, NHK kämpften Vertreter fast aller anderen Fernsehanstalten der Welt um Raum auf dem weiten Platz vor der 1503 von Bramante begonnenen und von Raffael, Michelangelo und Bernini vollendeten Kirche. Ein kurzer, aber heftiger Sturm hatte Gischt vom Springbrunnen in die Kabine der Deutschen Welle geblasen und Geräte im Wert von hunderttausend Mark kurzgeschlossen. Nachdem die Teams alle Stellung bezogen hatten, war es für den Einwand der Vatikanbeamten, es bliebe ja kein Platz mehr für die Menschen, die Zeuge der Zeremonie – für deren Zustandekommen man betete – werden wollten, schon viel zu spät. Jemand entsann sich, daß im Rom der Antike an dieser Stelle der Circus Maximus gestanden hatte, und man war sich allgemein einig, daß dies jetzt der größte Medienzirkus der letzten Jahre war.
Die Leute vom Fernsehen genossen ihren Aufenthalt in Rom. Die Crews der Frühsendungen Today Show und Good Morning America brauchten ausnahmsweise einmal nicht vor dem Zeitungsboten aufzustehen, sondern gingen erst um die Mittagszeit auf Sendung und hatten anschließend Zeit für einen nachmittäglichen Einkaufsbummel. Das Abendessen nahm man in einem der vielen erstklassigen Restaurants ein. Rechercheure machten sich in Nachschlagewerken über antike Bauten wie das Kolosseum schlau, welches, wie ein aufmerksamer Leser feststellte, in Wirklichkeit den Namen Flavisches Amphitheater getragen hatte, und die Kommentatoren malten ebenso blumig wie blutrünstig das römische Gegenstück zum amerikanischen Football aus: Kämpfe auf Leben und Tod, Mann gegen Mann, Mann gegen Raubtier, Raubtier gegen Christen und diverse andere Kombinationen. Der symbolische Mittelpunkt aber war das Forum, die Ruinen des alten Zentrums, wo Cicero und Scipio ihre Reden gehalten und sich mit Anhängern und Gegnern getroffen hatten. Wieder einmal spielte das Ewige Rom, die Mutter eines gewaltigen Imperiums, eine Rolle auf der Weltbühne. In seiner Mitte lag der Vatikan, ein winziges Territorium zwar, aber dennoch ein souveräner Staat. »Wie viele Divisionen hat der Papst?« zitierte ein
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