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Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Titel: Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Miller
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ich bin seine Frau. Wollen Sie meinen Ausweis sehen?«
    »Nicht nötig.« Ihr Blick war freundlich. Die Polizei hatte sie bestimmt das Gleiche gefragt, Sandrine musste wissen, dass meine Fragen nicht nur allgemeiner Natur waren. Sie wirkte wie eine Nachbarin, die den Schlüssel für das Nebenhaus besitzt, nach den Blumen schaut, lüftet, die Post ins Haus trägt.
    »Wohnen Sie hier allein?« In der Garage ihres Hauses sah ich ein Auto stehen.
    »Mein Mann ist früh zur Arbeit gefahren.«
    »Kümmern Sie sich in Abwesenheit der Zuermatts um deren Haus?«
    »Nein.« Sie klapperte mit dem Schlüsselbund. »Das macht eine Frau aus dem Dorf.«
    Es wäre natürlich gewesen, mich zu fragen, wieso ich unangekündigt und ohne Verabredung den weiten Weg hier heraus gemacht hatte. Es wäre logisch gewesen, sich nach Pascal zu erkundigen, warum er nicht mitgekommen war oder, da Sandrine von seinem Verschwinden wahrscheinlich gehört hatte, ob es in dem Fall etwas Neues gebe. Die Nachbarin stellte keine Fragen, stand nur mit dem Schlüsselbund da und sah mich mit diesem hellen Blick an.
    »Jetzt bin ich die ganze Strecke umsonst gefahren. Und dazu der Schreck in der Morgenstunde …«
    »Hätten Sie bloß vorher angerufen.«
    »Ja, das wäre … besser gewesen.« Mir fiel etwas ein. »Im Fall, dass mit dem Haus etwas sein sollte – ein Wasserrohrbruch, ein Sturmschaden, Sie wissen schon –, wie erreichen Sie die Zuermatts dann?«
    »Ich rufe die Madame in der Schweiz an.«
    »In Saanen?« Sie nickte. »Eine andere Telefonnummer haben Sie nicht? Eine Mobilnummer?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Tja, dann …« Unser Gespräch am Gartenzaun ließ sich schwerlich länger fortsetzen. Da sie mich nicht zu sich hineinbat, schien mein nächster Schritt die Rückfahrt zu sein. »Dann möchte ich nicht länger stören.«
    »Waren Sie schon einmal in La Cébette?«
    »Nein, es ist das erste Mal.«
    »Dann haben Sie das Haus noch nie gesehen.«
    »Nein. Pascal und ich …« Ich verstummte.
    »Wenn es Sie interessiert …« Sie hielt mir die Schlüssel entgegen.
    »Ich möchte Ihnen nicht noch mehr Umstände machen.«
    »Es sind keine Umstände. Sie gehen rein und sehen sich um, solange Sie wollen.«
    Schon hielt ich den Schlüsselbund in der Hand. »Und Sie?«
    »Ich bin hier drüben.« Sie zeigte auf ihr Haus. »Wenn Sie fertig sind, schließen Sie einfach ab. Ich stelle die Alarmanlage später wieder an.« Zum ersten Mal lächelte sie.
    »Danke.« Ich suchte nach Worten. »Das ist sehr freundlich von Ihnen. Sind Sie sicher, dass Sie keinen Ausweis von mir sehen wollen? Ich könnte sonst wer sein.«
    »Nein, das könnten Sie nicht.« Auf meinen überraschten Blick hin antwortete sie: »Pascal hat von Ihnen erzählt. Er hat Sie gut beschrieben.«
    Eine Welle der Wärme durchströmte mich. »Hat er das?«
    »Sie können im Haus alles benutzen.« Sandrine machte kehrt. »Strom und Wasser sind nicht abgestellt.«
    Wir gingen in unterschiedliche Richtungen. Zum zweiten Mal betrat ich die Marmorfliesen, sah mich um, Sandrine war bereits verschwunden. Ich steckte den Schlüssel ins Schloss, die Tür schwang auf.
    Auch wenn die Lage mitten im Wald düster wirkte, das Innere des Hauses war wunderbar. Ob Pascal nach dem Kauf die Atmosphäre der Villa nur bewahrt oder sie von Grund auf saniert hatte, konnte ich nicht sagen. Alt und Neu waren raffiniert kombiniert. Der Boden der Halle, die in den Wohnraum überging, bestand aus polierten Steinplatten, der offene Kamin musste uralt sein. Die Feuerstelle war vom Ruß geschwärzt; ich trat näher, keine Asche, hier hatte lange kein Feuer mehr gebrannt. Seitlich lag genügend Brennholz, auch Reisig bereit. Die geschwungene Treppe rahmte den Kamin gleichsam ein, er stellte das Herz des Hauses dar, dessen Grundriss im Obergeschoss von einer breiten Galerie eingefasst wurde. In einer Nische rechts vom Kamin, wo früher Vorräte gelagert worden sein mochten, befand sich die Hi-Fi-Anlage und andere Elektronik. Ein grünes Licht ließ mich vermuten, dies könnte die ausgeschaltete Alarmanlage sein.
    Ich ging weiter. Auch wenn ich mir meiner Fremdheit bewusst war, stellten sich Gefühle, Vorstellungen ein, wie es wäre, in diesem Haus zu leben, wie ich mit meinem Mann hier beisammen gewesen sein könnte, statt in der beengten Zweizimmerwohnung in Kanada. Es tat mir leid, nie für ihn in dieser Küche hantiert zu haben. Der Küchenblock war im Halbrund angelegt, als Fliesen hatte man Mosaike verwendet. Der

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