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Das Echo der Schuld

Das Echo der Schuld

Titel: Das Echo der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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rieb sich die Augen, die vor Erschöpfung brannten. Die letzte Viertelstunde hatte ihn völlig ausgelaugt.
    »Wir werden das der Polizei melden müssen«, sagte er zu Steve und Margaret, »und vermutlich werden die auch noch einmal mit Julia sprechen wollen. Es tut mir leid, aber …«
    »Das ist völlig in Ordnung«, stimmte Steve rasch zu, »wir möchten doch auch, dass der Typ gefasst wird, und vielleicht trägt Julias Aussage etwas dazu bei.«
    »Warum hast du uns bloß nichts erzählt?«, wandte sich Margaret an ihre Tochter. Sie weinte. »Warum habt ihr beiden Mädchen nichts davon gesagt? Ich habe dir immer wieder erklärt, dass du dich von Fremden nicht ansprechen lassen darfst. Und Rachel hat das von ihrer Mutter bestimmt auch tausendmal gehört. Warum …«
    »Nicht jetzt, Margaret«, unterbrach Steve leise, »das nützt jetzt nichts. Wir müssen später in Ruhe darüber reden.«
    Ken wandte sich noch einmal an Julia. Er hatte wenig Hoffnung, dass sie ihm diese Frage beantworten konnte, aber er wollte sie trotzdem stellen.
    »Hat Rachel dir erzählt, wie der Mann aussah?«
    Julia nickte. »Ganz toll, hat sie gesagt. Wie einer aus dem Film.«
    Ken, Steve und Margaret sahen einander an. Das konnte stimmen oder auch nicht. Vermutlich hatte Rachel die ganze Geschichte etwas aufgebauscht und aus ihrem Mörder einen Mister Universum gemacht. Aber auch wenn es sich tatsächlich um einen Adonis handelte – was nützte es?
    Nichts, dachte Ken Jordan. Die Polizei weiß dann nur, dass Rachel von einem Mann ermordet wurde, der gut aussieht.
    Trotzdem würde er, Sonntag hin oder her, sofort von daheim bei der Polizei anrufen. Vielleicht konnten die aus dem dürftigen Material mehr machen, als er vermutete.
     
    5
     
    Der Himmel über Skye war von einem stählernen, kalten, unverschleierten Blau. Der Sturm hatte im Lauf des Tages die letzten Wolken verblasen. Die Luft war klar wie ein Diamant. Das Meer spiegelte den Himmel, trug dicke weiße Schaumkronen auf seinen aufgewühlten Wellen. Die Sonne neigte sich dem westlichen Horizont zu. Nicht mehr lange, und dieser würde in pastellige Farben getaucht sein, die langsam emporsteigen und nach und nach die ganze Insel umhüllen würden, ehe die Nacht kam.
    Die zweite Nacht. Die zweite Nacht mit Nathan.
     
    Virginia war allein zu einem Spaziergang aufgebrochen. Sie wollte ein paar Stunden für sich sein, und Nathan hatte dieses Bedürfnis bei ihr gespürt, ohne dass sie es hätte in Worte fassen müssen. Er hatte erklärt, etwas Holz zu hacken, damit sie genügend Nachschub für den Kamin hatten. Sie hatte ihm einen dankbaren Blick zugeworfen, und er hatte gelächelt.
    Sie war über eine Stunde am Meer entlanggelaufen, über die lang gestreckte Hochfläche von Dunvegan Head, ohne einem Menschen zu begegnen, sie hatte sich völlig frei allen ihren Gedanken überlassen können. Irgendwann hatte sie angefangen, diese Gedanken zu ordnen.
    Ich liebe Nathan.
    Diese Liebe hat irgendetwas in mir verändert. Ich habe das Gefühl, nach langen fahren wieder zu leben.
    Ich habe ihm Dinge von mir erzählt, die niemand sonst weiß, auch nicht und schon gar nicht Frederic.
    Ich werde ihm von meiner Schuld erzählen.
    Ich möchte nicht wieder zurück, in mein altes Leben.
    Ich will dieses Gefühl von Freiheit, von Glück, von Lebendigkeit nie wieder hergeben.
    Ich werde alles umstürzen. Ich werde Frederic verlassen. Ferndale. Vielleicht sogar England.
    Alles, alles hat sich verändert.
    Der Stand der Sonne sagte ihr, dass es besser wäre, an den Heimweg zu denken, wenn sie, nicht von der Dunkelheit überrascht werden wollte. Sie freute sich auf den Abend. Auf das kleine, gemütliche Wohnzimmer. Das prasselnde Kaminfeuer. Den Wein. Nathans Zärtlichkeit. Sie sehnte sich schon wieder danach, mit ihm zu schlafen. Sie konnte nicht genug davon bekommen.
    Frederic hatte schrecklich geklungen am Telefon. Zu Tode verletzt. Schockiert. Verzweifelt. Trotzdem stand für sie fest, dass sie den eingeschlagenen Weg weitergehen würde. Sie hatte gar keine Wahl. Sie atmete anders als zuvor. Sie träumte anders. Sie hätte das Leben umarmen, es an sich pressen mögen.
    Der Wind wehte ihr ins Gesicht, als sie umkehrte. Zwar hatte der Sturm deutlich nachgelassen, aber dennoch musste sie sich sehr anstrengen, um vorwärts zu kommen. Die Luft war kalt, sie schlug den Kragen ihrer Jacke hoch.
    Skye würde sie auch verlieren. Egal. Sie und Nathan würden sich ein neues Skye suchen. Solange sie zusammen waren,

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