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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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Kalifen Muley Hassan, den Großwesir und die restlichen moslemischen Würdenträger über die Vorkommnisse informierte. Er spricht perfekt Arabisch, you know, er hat an der Akademie für Orientalische Sprachen in Paris studiert und viele Jahre in Afrika gelebt. Er ist ein großer Freund des marokkanischen Volkes und seiner Kultur, er nennt die Marokkaner seine Brüder und sagt, ihr Spanier seid alle moros. Er ist so witzig, so funny.«
    Ich unterbrach sie nicht, doch in meinem Kopf formten sich verschwommene Bilder von hungrigen Marokkanern, die auf fremdem Boden kämpften und ihr Blut für eine Sache gaben, die nicht die ihre war, und das alles für einen armseligen Sold und ein paar Kilo Zucker und Mehl, die, wie man erzählte, die Familien der Berber von der spanischen Armee bekamen, wenn die Männer an der Front kämpften. Organisatorisch verantwortlich für die Rekrutierung dieser armen Marokkaner war, wie Félix mir erzählt hatte, deren guter Freund Beigbeder.
    » Anyway«, fuhr sie fort, » es gelang ihm in jener Nacht, die gesamte islamische Obrigkeit auf die Seite der Aufständischen zu ziehen, was für den Erfolg der militärischen Operation von entscheidender Bedeutung war. Danach ernannte Franco ihn zum Hochkommissar. Sie kannten sich schon von früher, aber Freunde waren sie eigentlich nicht gerade, nein, nein, nein. Tatsächlich war Juan Luis in die geheimen Planungen des Aufstands anfangs nicht eingeweiht. Die Organisatoren hatten ihn, ich weiß nicht, warum, nicht mit einbezogen. Als Stellvertreter im Amt für Eingeborenenfragen hatte er mehr mit der Verwaltung zu tun, er lebte abseits der Kasernen in seiner eigenen Welt. Er ist ein ganz besonderer Mensch, eher ein Intellektueller als ein Mann für Kampfeinsätze, you know what I mean. Er liest und debattiert gern, er lernt fremde Sprachen … dear Juan Luis, er ist so unglaublich romantisch.«
    Es fiel mir noch immer schwer, den wunderbaren, romantischen Mann, den meine Kundin mir gerade in den schönsten Farben ausmalte, mit einem entschlussfreudigen hohen Militär der aufständischen Armee in Einklang zu bringen, aber es wäre mir nicht im Traum eingefallen, mir das anmerken zu lassen. Dann gelangten wir an einen Kontrollposten, den bis an die Zähne bewaffnete einheimische Soldaten bewachten.
    » Gib mir deinen Pass, please.«
    Ich nahm ihn aus der Tasche und dazu auch gleich den Passierschein, den mir Don Claudio am Tag zuvor hatte ausstellen lassen. Ich hielt ihr beides hin, und sie griff nach meinem Pass. Von dem zweiten Dokument nahm sie überhaupt keine Notiz. Auf meinen Pass legte sie den ihren und ein zusammengefaltetes Blatt Papier, vermutlich ein Passierschein von unbegrenzter Gültigkeit, mit dem sie bis ans Ende der Welt hätte reisen können, wenn sie denn gewollt hätte. Mit ihrem reizendsten Lächeln reichte sie alles einem der einheimischen Soldaten, der sie mit in ein weiß getünchtes Häuschen nahm. Sofort trat ein spanischer Militär heraus, nahm salutierend Haltung vor uns an und bedeutete uns, dass wir weiterfahren könnten. Rosalinda setzte ihren Monolog fort, allerdings an ganz anderer Stelle als dort, wo sie ein paar Minuten zuvor aufgehört hatte. Unterdessen bemühte ich mich, wieder zur Gelassenheit zurückzufinden. Ich wusste, dass ich keinen Grund hatte, nervös zu sein, meine Papiere waren vollkommen in Ordnung, aber dennoch kribbelte seit dieser Kontrolle mein ganzer Körper vor Aufregung.
    » Und so ging ich im Oktober letzten Jahres in Liverpool an Bord eines Schiffes, das in Westindien Kaffee laden sollte und in Tanger Zwischenstation machte. Und dort blieb ich erst einmal wie geplant. Die Ausschiffung war absolut crazy, absoluter Wahnsinn, denn der Hafen von Tanger ist monströs. Du kennst ihn, nicht wahr?«
    Diesmal konnte ich guten Gewissens nicken. Meine Ankunft in Tanger vor gut einem Jahr mit Ramiro an der Seite, wie hätte ich sie vergessen können? Die Lichter, die Schiffe, der Strand, die weißen Häuser, die sich von den Bergen bis zum Meer herunterziehen. Das Tuten der Signalhörner, der Geruch nach Salz und Teer. Ich konzentrierte mich lieber wieder auf Rosalinda und ihre Reiseabenteuer. Die melancholischen Erinnerungen konnten noch eine Weile warten.
    » Stell dir vor, ich hatte Johnny dabei, meinen Sohn, und Joker , meinen Cockerspaniel, dazu noch den Wagen und sechzehn Kisten mit meinen Sachen: Kleidung, Teppiche, Porzellan, meine Bücher von Kipling und Evelyn Waugh, Fotoalben, Golfschläger und

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