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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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comisario wieder Platz nahm und mich offiziell in Kenntnis setzte.
    » Ich gebe Ihnen Ihren Pass, einen Passierschein und zwölf Stunden Zeit für die Fahrt nach Tanger und zurück. Sprechen Sie mit dem Hoteldirektor, mal sehen, was Sie erreichen. Nicht viel, denke ich. Aber einen Versuch ist es wert. Halten Sie mich auf dem Laufenden. Und denken Sie daran: Machen Sie keine Dummheiten!«
    Er öffnete eine Schublade und kramte darin herum, bis er meinen Pass gefunden hatte. Cañete trat ein, legte ein Blatt auf den Tisch und sah mich wollüstig an. Der comisario unterzeichnete das Dokument, und ohne aufzusehen oder den gierigen Blick seines Untergebenen zu registrieren, schnauzte er: » Verzieh dich, Cañete!« Darauf faltete er seelenruhig das Papier, steckte es in meinen Pass und reichte mir beides wortlos. Dann stand er auf, öffnete die Tür und bat mich hinaus. Als ich sein Büro verließ, waren aus den vier Augenpaaren inzwischen sieben geworden. Sieben Männer, die nichts Besseres zu tun hatten, als voller Ungeduld auf mein Erscheinen zu warten, als wäre es das erste Mal, dass eine vorzeigbare Frau ihre Wache betrat.
    » Was ist denn hier los? Haben wir etwa schon Feierabend?«, fragte Don Claudio in die Runde.
    Automatisch setzten sich alle in Bewegung und begannen hektisch mit irgendeiner Tätigkeit: Sie zogen Papiere aus den Akten, tauschten sich über Fragen aus, die wahnsinnig wichtig zu sein schienen, und hauten in die Tasten der Schreibmaschine, wo sie wahrscheinlich einfach immer wieder denselben Buchstaben zum x-ten Mal tippten.
    Ich ging hinaus auf den Bürgersteig. Während ich am geöffneten Fenster vorbeilief, sah ich, wie der comisario wieder die Wache betrat.
    » Verdammt, Chef, was für eine Braut!«, sagte eine unidentifizierbare Stimme.
    » Mach gefälligst den Mund zu, Palomares, oder ich schick dich zum Wacheschieben auf den Pico de las Monas.«

22
    Vor Beginn des Bürgerkriegs habe es täglich mehrere Verbindungen für die siebzig Kilometer von Tetuán nach Tanger gegeben, hatte man mir erzählt. Inzwischen war der Verkehr jedoch stark eingeschränkt, und die Abfahrtszeiten wechselten ständig, sodass niemand mir etwas Genaues sagen konnte. Deshalb machte ich mich am nächsten Morgen ziemlich nervös, aber fest entschlossen, allen Widrigkeiten zu trotzen, wenn mich nur einer der großen roten Busse an mein Ziel brächte, auf den Weg zum Busbahnhof. Wenn ich es am Vortag eineinhalb Stunden auf dem Kommissariat ausgehalten hatte, umgeben von diesen Trampeltieren mit Stielaugen, dann würde ich wohl auch die Warterei unter untätig herumstehenden Fahrern und ölverschmierten Mechanikern ertragen können. Ich zog wieder mein bestes Kostüm an, band mir ein Seidentuch zum Schutz der Frisur um und setzte eine große Sonnenbrille auf, hinter der ich meine Nervosität verbergen konnte. Es war noch nicht neun Uhr, als ich die Garage des Busunternehmens außerhalb der Stadt fast erreicht hatte. Ich schritt rasch aus, in Gedanken ganz auf die Begegnung mit dem Hoteldirektor des Continental konzentriert, und grübelte zum wiederholten Mal über die Argumente nach, die ich ihm gegenüber anführen wollte. Doch nicht nur meine Schulden belasteten mich, es kam noch ein ebenso unangenehmes Gefühl hinzu. Zum ersten Mal seit meinem Fortgang würde ich nach Tanger zurückkehren, in die Stadt, wo an jeder Ecke Erinnerungen an Ramiro lauerten. Ich wusste, es würde schmerzhaft werden und die Erinnerung an die Zeit mit ihm wieder sehr real. Ich ahnte, dass mir ein schwieriger Tag bevorstand.
    Unterwegs begegnete ich wenigen Menschen und noch weniger Automobilen, es war noch früh am Tag. Umso mehr überraschte es mich, als ein Wagen neben mir bremste. Ein auffälliger schwarzer Dodge mittlerer Größe. Den Wagen hatte ich noch nie gesehen, aber die Stimme, die ich nun vernahm, kannte ich sehr wohl.
    » Morning, dear. Was für eine Überraschung, dir hier zu begegnen. Kann ich dich irgendwohin mitnehmen?«
    » Ich glaube nicht, vielen Dank. Ich bin schon fast da«, erwiderte ich und deutete auf den Busbahnhof.
    Unterdessen stellte ich mit einem Blick aus den Augenwinkeln fest, dass meine englische Kundin eines der Kostüme trug, die ich wenige Wochen zuvor für sie angefertigt hatte. Und ebenso wie ich ein helles Kopftuch.
    » Willst du mit dem Autobus fahren?«, fragte sie mit einem leicht verwunderten Unterton in der Stimme.
    » So ist es, ich fahre nach Tanger. Aber trotzdem vielen Dank für das

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