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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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Angebot.«
    Als hätte sie gerade einen guten Witz gehört, lachte Rosalinda Fox hell auf.
    » No way, sweetie. Der Autobus kommt nicht infrage, meine Liebe. Ich fahre auch nach Tanger, steig ein. Und bitte, hör auf, mich zu siezen. Wir sind doch Freundinnen, aren’t we?«
    Blitzschnell erwog ich das Angebot, kam zu dem Schluss, dass es in keiner Weise gegen Don Claudios Anordnungen verstieß, und nahm es an. Dank dieser unerwarteten Einladung ersparte ich mir nicht nur die unbequeme, traurige Erinnerungen heraufbeschwörende Fahrt mit dem Autobus, sondern es würde mir in Gesellschaft auch leichter fallen, nicht ständig nachzugrübeln.
    Nachdem wir den Busbahnhof hinter uns gelassen hatten, fuhren wir den Paseo de las Palmeras mit seinen prächtigen großen Villen entlang, die hinter der üppigen Vegetation der Gärten kaum zu sehen waren. Auf eine wies sie mich mit einer Geste hin.
    » Dort wohne ich, aber ich glaube, nur noch für kurze Zeit. Wahrscheinlich werde ich bald wieder umziehen.«
    » In eine andere Stadt?«
    Sie lachte, als hätte ich einen albernen Witz gemacht.
    » Nein, nein, um nichts in der Welt! Aber ich werde wahrscheinlich in ein Haus umziehen, das etwas wohnlicher ist. Diese Villa ist ein Traum, doch sie war lange Zeit unbewohnt, und es müsste vieles erneuert werden. Die Rohrleitungen sind ein Graus, es kommt fast kein Wasser aus den Hähnen, und ich mag mir gar nicht vorstellen, wie man dort im Winter leben soll. Ich habe es Juan Luis erzählt, und er sucht bereits ein anderes Haus, a bit more comfortable.«
    Sie erwähnte ihren Geliebten ganz selbstverständlich, ganz selbstsicher, gar nicht ausweichend wie an dem Tag, als der Empfang bei den Deutschen stattfand. Ich zeigte keinerlei Reaktion, als wäre ich über ihr Verhältnis vollkommen im Bilde, als wäre es für mich als Schneiderin vollkommen normal, dass der Hochkommissar in meiner Gegenwart beim Vornamen genannt wurde.
    » Ich liebe Tetuán, it’s so, so beautiful. An manchen Stellen erinnert es mich ein wenig an das beste Viertel in Kalkutta mit seiner üppigen Vegetation und den Häusern im Kolonialstil. Aber das ist längst Vergangenheit.«
    » Möchtest du nicht nach Indien zurückkehren?«
    » Nein, nein, auf keinen Fall. Das ist vorbei. Es sind ein paar unangenehme Dinge dort passiert, und manche Leute haben sich mir gegenüber ziemlich hässlich benommen. Außerdem gefällt es mir, hin und wieder in einem neuen Land zu leben: früher Portugal, jetzt Marokko und morgen – who knows, wer weiß. In Portugal habe ich etwas mehr als ein Jahr gelebt, zuerst in Estoril, später in Cascais. Dann änderte sich vieles, und ich beschloss, mich neu zu orientieren.«
    Sie redete ununterbrochen, den Blick immer auf die Straße gerichtet. Ich hatte das Gefühl, dass ihr Spanisch sich seit unserer ersten Begegnung verbessert hatte. Das Portugiesische schlug kaum noch durch, allerdings streute sie zwischendurch immer wieder Wörter und Ausdrücke in ihrer Muttersprache Englisch ein. Wir fuhren mit offenem Verdeck, und der Motor machte einen derartigen Lärm, dass man fast schreien musste, um sich Gehör zu verschaffen.
    » Bis vor nicht allzu langer Zeit gab es dort, in Estoril und Cascais, eine nette Kolonie von Briten und anderen Ausländern: Diplomaten, europäische Aristokraten, englische Weinhändler, amerikanische Mitarbeiter der Ölfirmen … Ständig feierten wir Feste, alles war ungeheuer billig: die alkoholischen Getränke, die Mieten, das Hauspersonal. Wir spielten Bridge wie verrückt, es war unglaublich lustig. Doch plötzlich, fast über Nacht, wurde alles anders. Mit einem Mal schien die halbe Welt sich dort niederlassen zu wollen. Aus allen Ecken des Empires kamen nun Briten in die Gegend, die ihren Ruhestand nicht im verregneten old country verbringen wollten, sondern das milde Klima der portugiesischen Atlantikküste vorzogen. Und königstreue Spanier, die schon ahnten, was auf sie zukam. Und deutsche Juden, die sich in ihrer Heimat nicht mehr wohlfühlten und in Portugal auf gute Geschäfte hofften. Die Preise stiegen immensely.« Sie zuckte die Achseln mit einer kindlich anmutenden Geste und fügte hinzu: » Ich nehme an, die Gegend verlor einfach ihren Charme, ihren Zauber.«
    Über lange Strecken unterbrachen nur gruppenweise zusammenstehende Feigenkakteen und kleine Zuckerrohrfelder die eintönige, gelblich getönte Landschaft. Wir fuhren durch eine bergige Gegend mit dichtem Kiefernwald, dann wieder hinunter in die

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