Das Echo der Traeume
Mannes in seiner Nachbarschaft einen Gefallen zu erweisen.
» Also, meine Damen, ich denke, ich habe Neuigkeiten für Sie. Ich konnte mit meinem alten Bekannten Eric Gordon sprechen, der bis kurz nach dem Aufstand des Militärs in unserer Madrider Niederlassung arbeitete. Inzwischen ist er wieder in London. Er hat mir erzählt, dass er tatsächlich jemanden kennt, der in Madrid lebt und an solchen Unternehmungen aktiv beteiligt ist. Es handelt sich um einen britischen Staatsbürger, der für ein spanisches Unternehmen arbeitet. Die schlechte Nachricht: Er weiß nicht, wie er ihn kontaktieren kann, denn vor ein paar Monaten hat sich seine Spur verloren. Die gute Nachricht: Er hat mir die Daten einer anderen Person besorgt, die er noch aus seiner Madrider Zeit kennt. Es ist ein Journalist, der nach England zurückgekehrt ist, weil er irgendwelche Probleme hatte, ich glaube, er wurde verwundet, aber er nannte keine Details. Gut, dieser Journalist ist möglicherweise die Lösung, denn über ihn können wir vielleicht den Mann kontaktieren, der die Flüchtlinge evakuiert. Doch dafür möchte er etwas.«
» Was?«, fragten Rosalinda und ich im Chor.
» Er möchte mit Ihnen persönlich sprechen, Mrs. Fox«, sagte er an die Engländerin gewandt. » Je früher, desto besser. Ich hoffe, Sie finden es nicht indiskret, aber unter den gegebenen Umständen hielt ich es für angebracht, ihn davon in Kenntnis zu setzen, wer von ihm diese Information haben möchte.«
Rosalinda erwiderte nichts. Aufmerksam sah sie ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und wartete darauf, dass er weitersprach. Er räusperte sich verlegen. Vermutlich hatte er damit gerechnet, dass sie seinem Anliegen mehr Begeisterung entgegenbrachte.
» Sie wissen doch, wie diese Journalisten sind, oder? Wie die Aasgeier, immer darauf erpicht, etwas für sich herauszuschlagen.«
Rosalinda ließ sich Zeit mit ihrer Antwort.
» Sie sind nicht die Einzigen, Leo, mein Lieber, sie sind nicht die Einzigen«, entgegnete sie mit einem etwas bitteren Unterton. » Also, verbinden Sie mich schon mit ihm, dann werden wir ja hören, was er will.«
Um meine Nervosität zu überspielen, veränderte ich meine Sitzhaltung und putzte mir erneut die Nase. In der Zwischenzeit wies der rundliche britische Bankdirektor mit dem durch und durch andalusischen Akzent die Telefonistin an, uns eine Verbindung herzustellen. Wir mussten lange warten, man brachte uns Kaffee, Rosalinda fand zu ihrem Humor zurück, und Martin wurde gelöster. Bis schließlich das Gespräch mit dem Journalisten zustande kam. Es dauerte gerade mal drei Minuten. Ich verstand kein einziges Wort, denn sie unterhielten sich auf Englisch. Doch mir entging nicht der durchaus ernste und auch scharfe Tonfall meiner Kundin.
» Fertig«, sagte sie schließlich. Wir verabschiedeten uns vom Bankdirektor, dankten ihm für seine Hilfe und kamen an der Sekretärin mit dem Elsterngesicht vorbei, die uns eingehend musterte.
» Was wollte er?«, fragte ich ungeduldig, als wir das Gebäude verließen.
» A bit of blackmail. Ich weiß nicht, wie das auf Spanisch heißt. Wenn jemand dir sagt, er tut was für dich, wenn du im Gegenzug etwas für ihn tust.«
» Erpressung«, dämmerte es mir.
» Erpressung«, sprach sie mir unbeholfen nach.
» Welcher Art?«, wollte ich wissen.
» Ein Interview mit Juan Luis und einige Wochen exklusiven Zugang zum offiziellen Leben in Tetuán. Dafür stellt er den Kontakt zu der Person her, die wir für unser Problem in Madrid brauchen.«
Ich musste erst schlucken, bevor ich meine nächste Frage stellte. Ich fürchtete, sie würde mir sagen, dass es jemandem nur über ihre Leiche gelänge, den höchsten Beamten des spanischen Protektorats in Marokko zu erpressen. Und schon gar nicht würde ein opportunistischer und unbekannter Journalist einer einfachen Schneiderin aus Gefälligkeit helfen.
» Und, was hast du ihm gesagt?«, traute ich mich schließlich zu fragen.
Resigniert zuckte sie die Achseln.
» Dass er mir ein Telegramm mit seiner voraussichtlichen Ankunftszeit in Tanger schicken soll.«
26
Marcus Logan zog nicht nur ein Bein nach, als er zu unserem Treffen erschien, er trug auch einen Arm in der Schlinge und war auf einem Ohr fast taub. Von seinen Verletzungen war ausschließlich die linke Körperseite betroffen. Eine Kugel aus den Kanonen der nationalspanischen Artillerie hatte ihn niedergestreckt und fast das Leben gekostet, als er für seine Agentur über die Angriffe auf Madrid
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