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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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jämmerlichem Zustand sich das Land befindet und wie schwierig ein Durchmarsch für die deutschen Truppen wäre.«
    Er setzte sich wieder und nahm noch einen Schluck Cognac. Der Alkohol schien ihn zu entspannen, zum Glück. Ich hingegen war noch immer ganz durcheinander und verstand nicht, warum Beigbeder mich mitten in der Nacht und in diesem Zustand aufsuchte und mir von so fernliegenden Dingen erzählte wie seinen Unterredungen mit Franco und seinen Kontakten zu deutschen Militärs.
    » Mit diesen ganzen Informationen ging ich in den Pardo-Palast und trug sie dem Caudillo vor«, fuhr er fort. » Er hörte sehr aufmerksam zu, behielt die Liste mit den Vorschlägen und dankte mir für mein Engagement. Er war so freundlich zu mir, dass er sogar eine persönliche Anspielung auf unsere alten Zeiten in Afrika machte. Der generalísimo und ich kennen uns schon seit vielen Jahren, wissen Sie? Ich glaube sogar, dass ich – abgesehen von seinem unsäglichen Schwager – das einzige Kabinettsmitglied bin, Pardon, war, das ihn mit Du anredet. Franco an der Spitze der Ruhmreichen Nationalen Bewegung, wer hätte das gedacht? Wir waren nie besonders gute Freunde, um ehrlich zu sein. Eigentlich bin ich überzeugt, dass er mich niemals auch nur im Geringsten geschätzt hat. Er hat nie verstanden, dass ich so wenig militärischen Ehrgeiz habe, dass ich Verwaltungsposten in Städten und nach Möglichkeit in fremden Ländern vorzog. Ich war von ihm auch nicht gerade begeistert, was soll ich sagen, er ist immer so ernsthaft, so bieder und langweilig, so ehrgeizig und versessen darauf, die Karriereleiter hochzusteigen. Eine richtige Nervensäge, ich sage es Ihnen ganz ehrlich. Zufällig waren wir zur gleichen Zeit in Tetuán, er war bereits Oberst, ich noch Hauptmann. Soll ich Ihnen eine Anekdote aus dieser Zeit erzählen? Am Spätnachmittag haben wir Offiziere uns immer in einem kleinen Café an der Plaza de España auf ein paar Gläser Tee getroffen. Erinnern Sie sich an diese kleinen Cafés?«
    » Oh ja, sehr gut«, erwiderte ich. Wie hätte ich sie auch vergessen sollen, die schmiedeeisernen Stühle unter Palmen, den Duft nach Fleischspießchen und Minztee, das gemächliche Kommen und Gehen von Männern in Dschellabas und europäischen Anzügen, der Pavillon in der Mitte des Platzes mit seinen roten Tonziegeln und den weiß getünchten maurischen Bögen.
    Die Erinnerung ließ ihn schmunzeln, zum ersten Mal seit er hier war. Er zündete sich wieder eine Zigarette an und lehnte sich zurück. Wir saßen fast im Dunkeln, die kleine Lampe in der Ecke war die einzige Lichtquelle im Salon. Da ich keine Gelegenheit gehabt hatte, mich umzuziehen, saß ich noch immer im Morgenrock da. Und ehe er sich nicht beruhigt hatte, wollte ich ihn auch nicht alleine lassen.
    » Auf einmal erschien er nicht mehr zu unseren Treffen. Wir stellten alle möglichen Vermutungen über den Grund dafür an und kamen zu dem Schluss, dass er wohl auf Freiersfüßen wandelte, und wir wollten es natürlich genau wissen. Nun ja, Dummheiten junger Offiziere eben, wenn sie zu viel Zeit haben und nicht wissen, was sie damit anfangen sollen. Wir haben gewürfelt, und ich musste den Spion machen. Am folgenden Tag klärte sich das Geheimnis auf. Als er die Kaserne verließ, folgte ich ihm in die Altstadt, und dort sah ich ihn in ein Haus gehen, ein typisch arabisches Wohnhaus. Ich konnte es mir zwar schlecht vorstellen, aber zuerst glaubte ich, er habe ein Verhältnis mit einem einheimischen Mädchen. Unter irgendeinem Vorwand ging ich ebenfalls hinein, ich kann mich gar nicht mehr erinnern, was ich sagte. Und was, glauben Sie, habe ich dort gesehen? Da sitzt unser Mann und bekommt Unterricht in Arabisch, das war der Grund, warum er nicht mehr ins Café kam. Weil der große Oberbefehlshaber der Afrika-Truppe, der erlauchte und siegreiche Caudillo von Spanien, der Retter des Vaterlandes, trotz all seiner Anstrengungen nicht Arabisch sprach. Außerdem versteht er die Marokkaner nicht, sie sind ihm auch vollkommen gleichgültig. Mir hingegen nicht. Mir liegen sie am Herzen. Sehr sogar. Und ich verstehe mich mit ihnen, da ich sie als meine Brüder betrachte. Ich kann mich mit ihnen in Hocharabisch verständigen, in Tarifit, der Sprache der Rifkabylen, in welcher Sprache auch immer. Und das hat ihn fürchterlich gestört, den jüngsten Oberbefehlshaber Spaniens, den Stolz der Afrika-Truppe. Und dass ausgerechnet ich ihn dabei erwische, wie er diesen Mangel zu beheben versucht,

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