Das Echo der Traeume
hat ihn noch mehr geärgert. Nun ja, Kindereien.«
Er sagte einige Sätze auf Arabisch, die ich nicht verstand, als wollte er mir beweisen, dass er diese Sprache tatsächlich beherrschte. Als ob ich das nicht wüsste. Dann trank er seinen Cognac aus, und ich füllte sein Glas zum dritten Mal nach.
» Wissen Sie, was Franco gesagt hat, als Serrano Suñer mich als Außenminister vorschlug? › Ich soll Juan Beigbeder ins Außenministerium holen, meinst du? Aber der Kerl hat doch nicht alle Tassen im Schrank!‹ Ich weiß nicht, warum er mich immer zum Verrückten abstempelt. Vielleicht, weil er selber eiskalt ist und ihm jeder, der einen Funken Leidenschaft versprüht, wie ein Irrer vorkommt. Ich und verrückt, ist das die Möglichkeit!«
Wieder führte er das Cognacglas zum Mund. Er nahm mich kaum wahr, während er redete, sondern gab nur einen endlosen Monolog der Verbitterung von sich. Er redete und trank, redete und rauchte. Voller Zorn und ohne innezuhalten, wohingegen ich schweigend zuhörte und immer noch nicht verstand, warum er mir das alles erzählte. Wir waren zuvor kaum jemals allein gewesen, nie hatte er mit mir mehr als ein paar Sätze gewechselt, wenn Rosalinda nicht dabei war. Fast alles, was ich von ihm wusste, hatte ich von ihr erfahren. Dennoch hatte er in diesem so entscheidenden Augenblick seines Lebens und seiner beruflichen Laufbahn, in diesem historischen Moment, der auf drastische Weise das Ende einer Epoche markierte, aus einem unbekannten Grund beschlossen, mich ins Vertrauen zu ziehen.
» Franco und Serrano Suñer sagen, dass ich verrückt bin, dem verderblichen Einfluss einer Frau erlegen. Was für einen Schwachsinn man sich heutzutage anhören muss, verflucht noch mal. Der cuñadísimo will mir Nachhilfe in Moral geben, ausgerechnet er, der seine Angetraute mit sechs oder sieben Kindern zu Hause sitzen hat, während er sich mit einer Marquesa im Bett wälzt und anschließend im Cabrio mit ihr zum Stierkampf fährt. Und obendrein wollen sie Ehebruch auch noch als Delikt ins Strafgesetzbuch aufnehmen, das ist doch wohl ein Witz. Natürlich gefallen mir Frauen, wieso auch nicht. Mit meiner Gattin führe ich seit Jahren kein Eheleben mehr. Ich bin niemandem wegen meiner Gefühle Rechenschaft schuldig, darüber, mit wem ich mich ins Bett lege und mit wem ich aufstehe, das fehlte noch. Ich habe durchaus meine Abenteuer gehabt, ich habe nichts ausgelassen, um ehrlich zu sein. Na und? Bin ich der Einzige in der Armee oder in der Regierung? Nein. Ich bin wie alle, aber sie wollen mir unbedingt das Etikett des eitlen Lebemanns anhängen, der sich von einer Engländerin hat verhexen lassen. So dumm muss man sein. Sie wollten meinen Kopf, wie Herodes den von Johannes dem Täufer, um den Deutschen ihre Loyalität zu beweisen. Sie haben ihn schon, wohl bekomm’s! Aber deshalb mussten sie mich noch lange nicht mit Füßen treten.«
» Was haben sie Ihnen getan?«, fragte ich.
» Alle möglichen beleidigenden Dinge über mich verbreitet: mich als lüsternen Weiberhelden hingestellt, der, verzeihen Sie mir den Ausdruck, für einen guten Beischlaf das Vaterland verkaufen würde. Das Gerücht gestreut, dass Rosalinda mich vom rechten Weg abgebracht und mich gezwungen hat, mein Land zu verraten, dass Hoare mich besticht, dass ich mich von den Juden in Tetuán für meine antideutsche Haltung bezahlen lasse. Sie lassen mich Tag und Nacht überwachen, ich fürchte sogar schon um meine körperliche Unversehrtheit, und Sie müssen nicht glauben, dass das Einbildung ist. Und das alles nur, weil ich als Minister versucht habe, besonnen zu handeln und meine Ideen entsprechend darzulegen: Ich habe ihnen gesagt, dass wir unsere Beziehungen zu den Briten und Nordamerikanern nicht beenden können, da wir bei Weizen und Erdöl von ihnen abhängig sind, und beides brauchen wir, damit unser armes Land nicht verhungert. Ich habe darauf bestanden, dass wir eine Einmischung Deutschlands in unsere nationalen Angelegenheiten nicht hinnehmen dürfen, dass wir uns seinen Interventionsplänen widersetzen müssen, dass es nicht gut für uns ist, wenn wir uns an Deutschlands Seite in seinen Krieg verwickeln lassen, auch nicht für ein Kolonialreich, das wir dann angeblich erhalten. Glauben Sie, die hätten meine Ansichten auch nur im Ansatz bedacht? Weit gefehlt. Nicht nur, dass sie sich keinen Deut um meine Meinung geschert haben, sie haben mich außerdem beschuldigt, schwachsinnig zu sein, weil ich denke, dass wir uns nicht
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