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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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und mich über die Fortschritte bei der Einrichtung auf dem Laufenden gehalten. Sie hat sich sehr gefreut, dass Sie nach Madrid kommen und für ihr Vaterland arbeiten wollen.« Wieder verzog sich sein Mund zu einem schwachen Lächeln. » Wissen Sie, Sira, ich liebe sie sehr, über alle Maßen. Ich weiß nicht, ob ich sie noch einmal wiedersehen werde, aber wenn nicht, sagen Sie ihr bitte, dass ich alles dafür gegeben hätte, sie in dieser so traurigen Nacht an meiner Seite zu haben. Darf ich mir noch einen Cognac einschenken?«
    » Aber natürlich, gerne. Bedienen Sie sich.«
    Ich wusste gar nicht mehr, wie viele Gläser er schon getrunken hatte, fünf oder sechs wahrscheinlich. Mit dem nächsten Schluck hatte er die momentane Schwermut wieder überwunden. Er wirkte entspannter und schien nicht die Absicht zu haben, gehen zu wollen.
    » Rosalinda geht es gut in Lissabon, sie wird sich schon durchschlagen. Sie wissen ja, wie sie ist, sie kann sich jeder Situation mit beeindruckender Leichtigkeit anpassen.«
    Rosalinda Fox: Sich neu zu erfinden, wieder bei null anzufangen, so oft es notwendig sein mochte, das konnte niemand besser als meine Freundin. Was für ein seltsames Paar, sie und Beigbeder. So verschieden die beiden waren, so gut ergänzten sie sich auch.
    » Sie sollten sie möglichst bald in Lissabon besuchen, sie wird begeistert sein, ein paar Tage mit Ihnen verbringen zu können. Ihre Anschrift steht auf den Briefen, die ich Ihnen übergeben habe. Vergessen Sie nicht, sie sich zu notieren, ehe Sie die Briefe weitergeben.«
    » Ich werde versuchen, nach Lissabon zu reisen, ich verspreche es Ihnen. Haben Sie selbst auch vor, nach Portugal zu gehen? Was gedenken Sie zu tun, wenn das alles vorbei ist?«
    » Wenn mein Hausarrest zu Ende ist? Ich weiß es nicht, bis dahin können noch Jahre vergehen, vielleicht komme ich überhaupt nicht mehr lebend heraus. Die Situation ist sehr unsicher, ich weiß nicht einmal, was sie mir zur Last legen werden. Rebellion, Spionage, Landesverrat – irgendeine unsinnige Anschuldigung. Sollte ich aber mit baraka gesegnet sein und alles bald ein Ende haben, dann, glaube ich, würde ich ins Ausland gehen. Ich bin weiß Gott kein Liberaler, aber mich stößt Francos größenwahnsinniger Totalitarismus nach dem siegreichen Aufstand richtiggehend ab. Dieses Ungeheuer, das er erschaffen hat und viele von uns tatkräftig mit Nahrung versorgt haben. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr ich es bereue, dass ich während des Bürgerkriegs von Marokko aus dazu beigetragen habe, dass er so groß wurde. Mir gefällt dieses Regime nicht, ganz und gar nicht. Nicht einmal Spanien gefällt mir heute, zumindest nicht diese Ausgeburt von › einig Vaterland, groß und frei‹, die sie uns verkaufen wollen. Ich habe mehr Jahre im Ausland verbracht als in Spanien, hier fühle ich mich als Fremder, vieles hier ist mir fremd.«
    » Sie könnten doch immer noch nach Marokko zurück«, meinte ich. » Zusammen mit Rosalinda.«
    » Nein, nein«, erwiderte er entschieden. » Marokko ist bereits Vergangenheit. Dort gäbe es keine Zukunft für mich. Nachdem ich Hochkommissar gewesen bin, könnte ich keinen niedrigeren Posten bekleiden. Ich fürchte, das Kapitel Nordafrika ist für mich abgeschlossen, auch wenn mir dabei das Herz blutet. Beruflich, meine ich, denn in meinem Herzen werde ich diesem Land stets verbunden sein, solange ich lebe. Inschallah, so Gott will.«
    » Aber was dann?«
    » Es hängt alles von meiner dienstlichen Situation ab: Ich bin in der Hand des Caudillo, des Oberbefehlshabers aller Streitkräfte von Gottes Gnaden. So weit kommt es noch. Als wenn Gott etwas mit diesen Machenschaften zu tun hätte. Es kann genauso gut sein, dass er meinen Hausarrest in einem Monat aufhebt, wie dass er mich öffentlich hinrichten lässt. Wer hätte das vor zwanzig Jahren gedacht: mein Leben in der Hand von Franco.«
    Erneut nahm er die Brille ab, rieb sich die Augen. Wieder füllte er sein Glas, zündete sich eine neue Zigarette an.
    » Sie sind sehr müde«, bemerkte ich. » Warum gehen Sie nicht schlafen?«
    Er sah mich an wie ein verlassenes Kind. Wie ein verlassenes Kind, das auf seinen Schultern die Last von über fünfzig Lebensjahren trug, des höchsten Amtes in der spanischen Kolonialverwaltung und eines Ministerpostens, dessen man ihn jählings enthoben hatte. Er antwortete mit entwaffnender Offenheit.
    » Ich möchte nicht gehen, denn mir ist der Gedanke unerträglich, in dem

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