Das Echo der Traeume
Meinung nach betreibe, aber ich will, dass du dir darüber im Klaren bist, dass diese Hände nicht die einer ausgehaltenen Geliebten sind. Es tut mir in der Seele weh, dass ich dich verletzt habe, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie leid mir das tut. Ich habe mich dir gegenüber nicht gut benommen, aber das alles ist Vergangenheit und lässt sich nun nicht mehr ändern. Daran wirst du nichts mehr ändern können, auch wenn du dich noch so sehr in mein Leben einmischst und Phantomen nachjagst, die nicht existieren.«
Ich hielt noch immer seine Hand in meinen Händen. Sie war eiskalt, wurde nur ganz langsam warm.
» Willst du wissen, was mit mir geschah, nachdem ich fortgegangen bin?«, fragte ich leise.
Er nickte stumm, sah mich nicht an.
» Wir gingen nach Tanger. Ich wurde schwanger, und Ramiro verließ mich. Ich verlor das Kind. Plötzlich stand ich allein da in einem fremden Land, krank, ohne Geld, mit einem Berg von Schulden, die er auf meinen Namen gemacht hatte, arm wie eine Kirchenmaus. Ich hatte die Polizei am Hals, stand tausend Ängste aus, wurde in Dinge am Rand der Legalität verwickelt. Dank der Unterstützung einer Freundin konnte ich ein Modeatelier eröffnen, und so begann ich wieder zu schneidern. Ich arbeitete Tag und Nacht und fand neue Freunde, ganz andere Leute, als ich bisher kannte. Ich habe mich ihnen angepasst und eine ganz neue Welt kennengelernt, aber niemals aufgehört zu arbeiten. Auch einem Mann bin ich begegnet, in den ich mich hätte verlieben, mit dem ich vielleicht wieder hätte glücklich werden können, einem ausländischen Journalisten. Aber ich wusste, dass er früher oder später würde gehen müssen, und ich wollte keine neue Beziehung eingehen aus Angst, wieder leiden zu müssen, wieder zu erleben, wie es mir schier das Herz aus dem Leib reißt wie damals, als Ramiro mich verließ. Jetzt bin ich nach Madrid zurückgekommen, allein, und arbeite wie zuvor. Du hast ja gesehen, wie groß das Atelier ist. Und was die Sache zwischen dir und mir betrifft, so bin ich für meine Verfehlung schon genug gestraft, das darfst du mir glauben. Ich weiß nicht, ob dir das eine Genugtuung ist oder nicht, aber sei gewiss, dass ich für das, was ich dir angetan habe, teuer bezahlen musste. Wenn es eine göttliche Gerechtigkeit gibt, dann kann ich mit gutem Gewissen sagen, dass das, was mir angetan wurde, meine Verfehlungen mehr als aufwiegt.«
Ob ihn berührte, beruhigte oder noch mehr verwirrte, was ich sagte, konnte ich nicht beurteilen. Wir saßen eine Weile schweigend nebeneinander, seine Hand in den meinen, die Körper ganz nahe, uns der Gegenwart des anderen bewusst. Dann stand ich auf und kehrte auf meinen Platz zurück.
» Was hast du mit Minister Beigbeder zu tun?«, wollte er dann wissen. Er klang nicht mehr so scharf wie vorher, aber dennoch unnachgiebig, auf halbem Weg zwischen der kurz zuvor erlebten Vertrautheit und der großen Distanziertheit am Anfang. Ich spürte, dass er sich bemühte, wieder seine professionelle Haltung einzunehmen. Und ich spürte leider auch, dass es ihn nicht allzu viel Anstrengung kostete.
» Juan Luis Beigbeder y Atienza ist ein Freund aus der Zeit in Tetuán.«
» Welche Art von Freund?«
» Nicht mein Geliebter, falls du das denkst.«
» Er hat die gestrige Nacht mit dir verbracht.«
» Bei mir, nicht mit mir. Ich muss mich dir gegenüber nicht für mein Privatleben rechtfertigen, aber ich möchte es ein für alle Mal klarstellen: Beigbeder und ich haben keine Affäre. Wir haben gestern Nacht nicht miteinander geschlafen. Weder gestern Nacht noch sonst irgendwann. Ich lasse mich von keinem Minister aushalten.«
» Warum, also?«
» Warum wir nicht miteinander geschlafen haben oder warum ich mich von keinem Minister aushalten lasse?«
» Warum er hierhergekommen und erst um fast acht Uhr am nächsten Morgen wieder gegangen ist.«
» Weil er gerade erfahren hatte, dass man ihn aus dem Amt entlassen hat, und er nicht allein sein wollte.«
Er stand auf und ging zu einer der Balkontüren. Während er, den Rücken mir zugekehrt und die Hände in den Hosentaschen, auf die Straße hinuntersah, begann er wieder zu reden.
» Beigbeder ist ein Idiot, ein Verräter, der sich an die Engländer verkauft hat, ein Irrer, der in ein englisches Weibsstück vernarrt ist.«
Ich lachte müde. Dann stand auch ich auf und ging zu ihm.
» Du hast keine Ahnung, Ignacio. Du führst wahrscheinlich die Befehle desjenigen aus, für den du im Innenministerium
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