Das Echo der Traeume
aussuchten und mich dafür ebenso mit Geldscheinen wie unwissentlich mit allerneusten Informationen bezahlten.
Einige Minuten später, als die Geräusche und die Stimmen nur noch gedämpft zu hören waren und ich annahm, dass wir uns bereits auf sicherem Terrain befanden, tat ich so, als käme ich wieder zu Bewusstsein. Ich sagte ein paar Worte, um meine Begleiter zu beruhigen. Dann erreichten wir die Krankenstation. Hillgarth und mein Vater entließen die beiden Engländer und die Sanitäter: Erstere verabschiedete der Marineattaché mit ein paar kurzen Anweisungen in seiner Sprache, Letztere Gonzalo mit einem großzügigen Trinkgeld und einer Schachtel Zigaretten.
» Ich kümmere mich schon, Alan, danke«, sagte mein Vater schließlich, als wir drei allein waren. Er fühlte mir den Puls und bestätigte, dass es mir einigermaßen gut ging. » Ich glaube nicht, dass wir einen Arzt holen müssen. Ich versuche, mit dem Wagen möglichst nah heranzufahren, und nehme sie mit nach Hause.«
Ich bemerkte, dass Hillgarth kurz zögerte.
» Einverstanden«, stimmte er dann zu. » Ich bleibe bei ihr, bis Sie zurück sind.«
Ich bewegte mich erst, als ich sicher war, dass mein Vater sich schon weit genug entfernt hatte, um sich über meine Reaktion nicht zu wundern. Erst dann fasste ich Mut, stand auf und stellte mich der Realität.
» Sie hatten gar keinen Schwächeanfall, nicht wahr?«, fragte er und sah mich dabei streng an.
Doch, hätte ich beteuern können, ich fühle mich noch immer ganz schwach und durcheinander. Ich hätte so tun können, als hätte ich mich noch nicht von dem angeblichen Schwächeanfall erholt. Aber ich wusste, er würde mir nicht glauben. Und das zu Recht.
» Nein«, erwiderte ich.
» Weiß er etwas?«, hakte er nach und meinte damit meinen Vater und meine Arbeit für die Engländer.
» Gar nichts.«
» Halten Sie es auch in Zukunft so. Und lassen Sie nicht Ihr Gesicht sehen, wenn Sie im Wagen hinausfahren«, wies er mich an. » Machen Sie sich auf dem Rücksitz klein, und halten Sie sich die ganze Zeit über bedeckt. Und versichern Sie sich, dass Ihnen niemand gefolgt ist, wenn Sie zu Hause ankommen.«
» Keine Sorge. Noch etwas?«
» Wir treffen uns morgen. Am gleichen Ort und zur gleichen Stunde wie gehabt.«
48
» Das war eine Meisterleistung im Hippodrom«, sagte er zur Begrüßung, doch trotz des vermeintlichen Lobs wirkte er keineswegs zufrieden. Er hatte mich wieder in der Praxis von Doktor Rico erwartet, wie vor Monaten, als wir über Beigbeders Besuch bei mir nach seiner Entlassung gesprochen hatten.
» Ich hatte keine andere Wahl, und es tut mir leid, das können Sie mir glauben«, entgegnete ich, während ich mich setzte. » Ich hatte keine Ahnung, dass wir in die Loge der Engländer gehen würden. Und auch nicht, dass die Deutschen ausgerechnet nebenan sein würden.«
» Verstehe. Und Sie haben die Situation gut bewältigt, schnell und mit kühlem Kopf. Doch Sie sind ein enormes Risiko eingegangen und hätten beinahe eine vollkommen unnötige Krise ausgelöst. Und Unvorsichtigkeiten von solcher Tragweite können wir uns in der gegenwärtigen Lage, die schon kompliziert genug ist, nicht leisten.«
» Meinen Sie die Situation im Allgemeinen oder meine persönliche?«, fragte ich, was sich arrogant anhörte, ohne dass ich es wollte.
» Beides«, gab er zurück. » Schauen Sie, wir wollen uns nicht in Ihr Privatleben einmischen, aber nach dem, was vorgefallen ist, müssen wir Sie auf etwas aufmerksam machen.«
» Es geht um Gonzalo Alvarado«, warf ich ein.
Er antwortete nicht sofort, sondern zündete sich zuerst eine Zigarette an.
» Richtig, es geht um Gonzalo Alvarado«, bestätigte er und stieß den Rauch aus, nachdem er den ersten Zug getan hatte. » Gestern war nicht das erste Mal. Wir wissen, dass Sie sich in letzter Zeit relativ häufig zusammen in der Öffentlichkeit sehen lassen.«
» Falls es Sie interessiert: Lassen Sie mich zuallererst klarstellen, dass ich keine Beziehung mit ihm habe. Und er weiß auch nichts über meine geheimen Aktivitäten.«
» Welche Beziehung zwischen Ihnen beiden konkret besteht, ist ausschließlich Ihre Privatsache und fällt nicht in unser Ressort«, erklärte er.
» Also?«
» Bitte nehmen Sie es nicht als rücksichtsloses Eindringen in Ihr Privatleben, aber die Situation ist derzeit äußerst angespannt, und deshalb müssen wir Sie warnen, verstehen Sie.« Er stand auf und lief einige Schritte auf und ab, die Hände in den
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