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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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ihr etwas näht, aber wirklich ordentlich. Die Frau fragt mich, ob ich nicht ein richtig erstklassiges Modeatelier kenne, sie sei erst seit Kurzem in Tetuán und werde sicherlich eine Weile bleiben und suche nun dringend nach einer guten Schneiderin. Darauf sage ich …«
    » Dass sie herkommen soll und ich ihr nähe, was …«, versuchte ich die Sache voranzutreiben.
    » Aber was redest du, Mädchen? Du bist wohl verrückt geworden! Ich kann doch eine wie sie nicht hierherbringen! Feine Damen wie sie kommen doch mit Frau General und Frau Oberst zusammen und sind ganz andere Dinge und Örtlichkeiten gewohnt. Du weißt ja gar nicht, welchen Lebensstil sich die Deutsche leistet und über wie viel Geld sie verfügt.«
    » Und nun?«
    » Tja, ich weiß auch nicht, welches Vögelchen mir das gezwitschert hat, doch auf einmal erzähle ich ihr, dass ich gehört hätte, hier würde demnächst ein Atelier für elegante Mode aufmachen.«
    Ich musste schwer schlucken.
    » Und ich nehme mal an, dass das meine Aufgabe sein wird, oder?«
    » Natürlich, Herzchen, wessen sonst?«
    Ich wollte wieder schlucken, aber es war, als hätte ich Sand gegessen. Mir blieb buchstäblich die Spucke weg.
    » Und wie soll ich deiner Meinung nach mir nichts, dir nichts ein Modeatelier eröffnen, Candelaria?«, fragte ich verzagt.
    Die erste Antwort darauf war schallendes Gelächter. Die zweite bestand aus genau sechs Worten, die sie derart resolut vorbrachte, dass keinerlei Platz für Zweifel blieb.
    » Mit mir, meine Kleine, mit mir.«
    Beim Abendessen bekam ich vor lauter Aufregung kaum einen Bissen hinunter. Viel mehr hatte mir die Pensionswirtin auch nicht erzählen können, denn kaum hatte sie ihr Vorhaben verkündet, tauchten die Schwestern im Esszimmer auf und berichteten frohlockend von der Befreiung des Alcázar von Toledo durch Francos Armee. Gleich darauf fanden sich auch die anderen Gäste ein, von denen sich ein Teil zufrieden äußerte, während die anderen ihrem Missfallen Ausdruck verliehen. Schließlich deckte Jamila einfach den Tisch, und Candelaria wusste sich nicht anders zu helfen, als in die Küche zu gehen und das Abendessen vorzubereiten: gedünsteter Blumenkohl und Tortillas aus einem Ei. Möglichst preiswerte und milde Gerichte, da die Gemüter ohnehin schon erhitzt genug waren. Sonst wäre die Meldung des Tages noch mit durch die Luft fliegenden Kotelettknochen bekräftigt worden.
    Das Essen endete ohnehin mit den üblichen Spannungen, und anschließend zogen sich die Protagonisten rasch zurück. Die Frauen und der dickliche Paquito begaben sich in das Zimmer der Schwestern, um der nächtlichen Ansprache von General Queipo de Llano auf Radio Sevilla zu lauschen. Die Männer dagegen machten sich auf, um einen letzten Kaffee in der Bar der Zeitung Unión Mercantil zu trinken und mit anderen über den Fortgang des Kriegs zu diskutieren. Jamila deckte den Tisch ab, und ich half ihr, das Geschirr zu spülen, als Candelaria mich gebieterisch in den Flur zitierte.
    » Geh in dein Zimmer und warte dort auf mich. Ich komme gleich nach.«
    Sie brauchte nur ein paar Minuten, so lange, wie man eben benötigte, um sich hastig ein Nachthemd und den Morgenmantel überzuziehen, sich vom Balkon aus zu vergewissern, dass die drei Männer sich schon ein ganzes Stück entfernt hatten, und sich davon zu überzeugen, dass die Frauen von dem wirren Geschwätz des Generals ganz gefangen genommen waren. » Gute Nacht, meine Damen! Nur nicht verzagen!« Bei gelöschtem Licht auf der Bettkante kauernd, erwartete ich sie voller Unruhe. Als ich sie endlich kommen hörte, war ich erleichtert.
    » Wir müssen reden, Mädchen. Du und ich, wir beide haben ein ernstes Gespräch zu führen«, sagte sie leise und setzte sich neben mich aufs Bett. » Traust du dir zu, ein Modeatelier aufzumachen? Willst du die beste Schneiderin von ganz Tetuán sein und Kleider nähen, wie sie hier noch niemals jemand genäht hat?«
    » Natürlich traue ich mir das zu, aber …«
    » Kein Aber! Du hörst mir jetzt gut zu und unterbrichst mich gefälligst nicht. Es ist deine Entscheidung: Nach der Begegnung mit der Deutschen habe ich mich ein wenig umgehört und erfahren, dass in Tetuán seit einiger Zeit viele Leute leben, die hier früher nicht zu finden waren. Es erging ihnen so wie dir oder den griesgrämigen Schwestern, Paquito und seiner dicken Mutter, oder Matías dem Handelsreisenden: Durch den Aufstand seid ihr gezwungen hierzubleiben, gefangen wie die Ratten, denn

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