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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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denken, dass es völlig überraschend zum Aufstand kam, aber das ist eine verdammte Lüge. Jeder wusste, dass sich da was zusammenbraute, und zwar schon über einen längeren Zeitraum hinweg, nicht nur in den Kasernen und am Llano Amarillo im Ketama-Tal, wo man feierlich den Wahlspruch der Falangisten ausgerufen hatte. Es wird erzählt, dass sich sogar im Casino Español, hinter dem Tresen, ein ganzes Waffenarsenal verbarg, keiner weiß, ob das stimmt oder nicht. In den ersten Juliwochen logierte bei mir ein Zollbeamter, der noch nicht wusste, wohin er versetzt würde, oder zumindest behauptete er das. Die Sache kam mir merkwürdig vor, das sag ich dir. Für mich war dieser Mann weder ein Zollbeamter noch etwas anderes in der Richtung, doch ich stecke meine Nase prinzipiell nicht in das Privatleben meiner Gäste, weil sie sich auch in meine Angelegenheiten gefälligst nicht einmischen sollen. Ich hielt sein Zimmer in Ordnung, stellte ihm ein warmes Essen auf den Tisch, und das war’s. Am achtzehnten Juli habe ich ihn zum letzten Mal gesehen. Ob er sich womöglich dem Aufstand angeschlossen oder sich zu Fuß zu den Berbern in der französischen Zone auf den Weg gemacht hat oder ob sie ihn auf den Monte Hacho geschleift und dort im Morgengrauen erschossen haben – ich habe nicht die geringste Ahnung, was aus ihm geworden ist, und will darüber auch gar nicht spekulieren. Jedenfalls tauchte vier oder fünf Tage nach seinem Verschwinden ein Leutnant bei mir auf und verlangte nach seinen Habseligkeiten. Ich händigte ihm die Sachen ohne nachzufragen aus und ließ ihn mit meinen besten Wünschen ziehen, denn der Mann hatte ohnehin nicht viel in seinem Schrank. Damit hielt ich die Sache für erledigt. Doch als Jamila das Zimmer für den nächsten Gast saubermachte und unter dem Bett fegte, hörte ich auf einmal einen Schrei, als wäre ihr der Leibhaftige mit seinem Dreizack – oder was auch immer der mohammedanische Teufel in seiner Hand hält – erschienen. Nun, ein Besenwisch förderte zutage, dass der gute Mann ganz hinten in der Ecke einen Haufen Pistolen versteckt hatte.«
    » Und da haben Sie sie einfach behalten?«, fragte ich leise.
    » Was hätte ich sonst tun sollen? Den Leutnant in seinem Bataillon aufsuchen? Bei dem Durcheinander, das gerade herrscht?«
    » Sie hätten sie dem comisario aushändigen können.«
    » Don Claudio? Du bist nicht ganz bei Trost, Mädchen!«
    Dieses Mal war ich diejenige, die mit einem energischen » Schschsch« mehr Ruhe und Diskretion forderte.
    » Wie hätte ich das anstellen sollen, ohne dass er mich für den Rest meines Lebens ins Kittchen gebracht hätte? So wie der mich auf dem Kieker hat! Ich habe sie behalten, weil sie nun schon mal im Haus waren. Außerdem hatte sich der Zollbeamte ja aus dem Staub gemacht und schuldete mir noch Geld für vierzehn Tage Kost und Logis, sodass die Waffen mehr oder weniger die Bezahlung seiner Rechnung in Naturalien waren. Die Dinger sind ein Heidengeld wert, mein Mädchen, und so wie die Dinge gerade stehen, sogar noch mehr. Die Pistolen gehören also mir, und ich kann mit ihnen machen, was ich will.«
    » Wollen Sie sie verkaufen? Das könnte sehr gefährlich werden.«
    » Verflucht, natürlich ist das gefährlich, aber wir brauchen die Kohle, um dein Geschäft zu eröffnen.«
    » Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass Sie sich auf diese Geschichte einlassen, nur um mir …«
    » Nein, Mädchen, nein«, unterbrach sie mich. » Warte, ich werde versuchen, es dir zu erklären. Dieses Ding ziehe ich nicht alleine durch, das machen schon wir beide gemeinsam. Ich kümmere mich darum, jemanden zu finden, der uns die Ware abnimmt, und mit dem, was dabei herausspringt, eröffnen wir deinen Laden und machen halbe-halbe.«
    » Und warum verkaufen Sie die Waffen nicht für sich selbst und leben behaglich davon, ohne mir ein Geschäft aufzubauen?«
    » Damit hätte ich zwar heute etwas zu essen, aber morgen Hunger. Mich interessiert ein langfristiger Ertrag. Wenn ich die Ware verkaufe und in zwei oder drei Monaten alles, was ich dafür bekam, zum Fenster hinausgeworfen habe, wovon soll ich dann leben, wenn sich der Krieg länger hinzieht?«
    » Und wenn Sie bei Ihrem Handel erwischt werden?«
    » Dann erzähle ich Don Claudio, dass wir beide darin verwickelt sind, und dann wandern wir gemeinsam dorthin.«
    » Wohin? Ins Gefängnis?«
    » Oder auf den Friedhof. Mal sehen, wohin es uns verschlägt.«
    Obwohl sie ihre düstere Vorahnung mit einem

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