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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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Gewand und sorgte dafür, dass von meinem Gesicht lediglich die Augen zu sehen waren. Dann schob ich den rostigen Riegel zurück, atmete tief durch und trat hinaus.
    Es befand sich niemand in der Gasse, kein Schatten war zu sehen, kein Laut zu hören. Nur der Mond, der hin und wieder durch die Wolken schimmerte, leistete mir Gesellschaft. Wie Candelaria mir geraten hatte, ging ich nicht zu schnell und hielt mich links, bis ich die Calle Luneta erreichte. Bevor ich sie betrat, hielt ich kurz inne und betrachtete die Szenerie. Von den über die Straße hinweg verlaufenden Kabeln hingen anstelle richtiger Straßenlaternen gelbliche Lampen. Ich erkannte einige der Gebäude wieder, die tagsüber mitten im hektischen Treiben lagen. Das Hotel Victoria, die Apotheke Zurita, die Bar Levante, in der häufig Flamenco gesungen wurde, der Tabakladen Galindo und ein Salzlager. Das Teatro Nacional, die von Indern geführten Gemischtwarenläden, vier oder fünf Kneipen, die ich namentlich nicht kannte, das Schmuckgeschäft La Perla der Gebrüder Cohen und die Bäckerei Zur goldenen Ähre, in der wir jeden Morgen Brot kauften. Alles war friedlich. Und geschlossen. Wie ausgestorben.
    Ich folgte der Straße, wobei ich versuchte, meinen Gang dem Gewicht der Last, die ich zu tragen hatte, anzupassen. Ich ging ein Stück und bog dann in das jüdische Viertel ein. Der gerade Verlauf der engen Gassen gab mir Sicherheit. Hier konnte ich mich nicht verirren, das wusste ich, denn die Straßen in diesem Viertel waren quadratisch angelegt, sodass man sich ohne Schwierigkeiten orientieren konnte. Als Nächstes gelangte ich in die Altstadt, und anfangs ging auch alles gut. Ich kam an Plätzen vorbei, die mir vertraut waren: hier der Markt, auf dem Brot verkauft wurde, dort der für Fleisch. Auf meinem Weg begegnete ich keiner Menschenseele, nicht einmal einem blinden Bettler. Nur das leise, schlurfende Geräusch meiner Schlappen auf dem Pflaster war zu hören und in der Ferne das Gemurmel eines Brunnens. Es fiel mir zunehmend leichter, mit den Pistolen beladen voranzukommen, da sich mein Körper nach und nach an seinen neuen Umfang gewöhnte. Hin und wieder prüfte ich an einer beliebigen Stelle den Sitz der Ware, um mich davon zu überzeugen, dass auch nichts verrutscht war. Doch ich blieb angespannt, auch wenn ich äußerlich ruhig durch die dunklen und gewundenen Straßen schritt, an den weiß getünchten Mauern entlang mit ihren Holztüren, die mit klobigen Nägeln beschlagen waren.
    Um mich abzulenken, versuchte ich mir vorzustellen, wie diese arabischen Häuser wohl innen aussahen. Ich hatte gehört, sie sollten wunderschön und herrlich kühl sein, mit Mosaiken und Kacheln verzierte Innenhöfe besitzen, Springbrunnen und Galerien mit hölzernen Reliefdecken, außerdem Dachterrassen, die die Sonne liebkoste. Von außen, beim Anblick der gekalkten Mauern, hätte man so etwas nie im Leben vermutet. Mit diesen Gedanken vertrieb ich mir die Zeit, und als ich nach einer Weile das Gefühl hatte, lange genug gegangen zu sein, und mir hundertprozentig sicher war, nicht den geringsten Verdacht erregt zu haben, beschloss ich, meine Schritte Richtung Puerta de La Luneta zu lenken. Genau in dem Moment tauchten am Ende der Gasse zwei Gestalten auf. Sie bewegten sich geradewegs auf mich zu. Zwei Soldaten, zwei Offiziere in Breeches, die mit der roten Schärpe und dem typischen, ebenfalls roten Fes eindeutig als regulares der spanisch-marokkanischen Infanterie zu erkennen waren. Vier Beine, die energisch ausschritten. Untermalt vom Lärm ihrer Stiefel, der über das Pflaster hallte, schwatzten die beiden leise und aufgeregt miteinander. Ich hielt den Atem an, während mir gleichzeitig tausend schreckliche Bilder durch den Kopf schossen – wie das Mündungsfeuer eines Exekutionskommandos. Ich dachte, bei ihrem festen Schritt müssten sich alle Pistolen aus ihren Befestigungen lösen und mit einem Höllenlärm zu Boden fallen. Ich stellte mir vor, dass es einem von ihnen einfiele, die Kapuze meines Umhangs nach hinten zu ziehen, um mein Gesicht sehen zu können, dass sie mich zum Reden bringen und herausfinden würden, dass ich eine Landsmännin und keine Einheimische sei. Keine harmlose Marokkanerin, sondern eine Spanierin, die unerlaubt mit Waffen handelte.
    Die beiden Männer gingen an mir vorüber. Ich drückte mich so eng wie möglich an die Mauer, aber die Gasse war so schmal, dass wir uns beinahe berührten. Doch sie beachteten mich überhaupt nicht.

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