Das Echo der Traeume
sprang.
» Wo werden die Waffen letztlich landen? Wer sind diese Männer aus Larache?«
» Das kann dir doch egal sein, Mädchen. Wichtig ist, dass sie zur verabredeten Stunde ihren Bestimmungsort erreichen, dass du sie deponierst, wo man dir sagt, und dass du das Geld kassierst, das du zu bekommen hast: tausendneunhundert duros, vergiss das nicht, und zähl genau nach. Und dann kommst du hierher zurück, so schnell es geht. Ich werde hier auf dich warten, gespannt wie ein Flitzebogen.«
» Wir riskieren viel, Candelaria«, meinte ich. » Sagen Sie mir wenigstens, mit wem wir es zu tun haben.«
Sie tat einen tiefen Seufzer, und ihr Busen, nur halb bedeckt von dem verschlissenen Morgenrock, hob und senkte sich wie ein Blasebalg.
» Es sind Freimaurer«, flüsterte sie mir schließlich ins Ohr, als wäre es ein schlimmes Wort. » Eigentlich hätten sie heute Nacht mit einem Lieferwagen aus Larache kommen sollen. Bestimmt verstecken sie sich schon bei den Quellen von Buselmal oder in irgendeinem Gemüsegarten am Río Martín. Sie kommen aus den Bergen, über die Straßen zu fahren trauen sie sich nicht. Wahrscheinlich holen sie die Waffen dort ab, wo du sie deponierst, und steigen nicht damit in den Zug. Vom Bahnhof aus, schätze ich, werden sie direkt in ihre Stadt zurückkehren, wieder über die Berge, sodass sie Tetuán umgehen, wenn man sie – Gott behüte! – nicht vorher erwischt. Aber das ist nur eine Vermutung, denn eigentlich habe ich nicht die leiseste Ahnung, was diese Männer im Schilde führen.«
Wieder stieß sie einen tiefen Seufzer aus, starrte ins Leere und fuhr dann flüsternd fort:
» Eines weiß ich bestimmt, meine Kleine, weil es nämlich jeder weiß: dass die Aufständischen an allen Leuten, die irgendetwas mit der Freimaurerei zu tun hatten, gründlich ihre Wut ausgelassen haben. Einige haben sie gleich dort, wo sie sich immer versammeln, mit einem Kopfschuss getötet. Diejenigen, die mehr Glück hatten, sind in aller Eile nach Tanger oder in die französische Zone geflohen. Andere haben sie ins Lager nach Mogote gebracht, wo sie die Leute irgendwann erschießen und dann verduften. Und wahrscheinlich halten sich ein paar auch in Kellern und auf Dachböden versteckt, immer in Angst, dass jemand sie eines Tages verpfeift und man sie mit dem Gewehrkolben aus ihrem Versteck herausprügelt. Deshalb habe ich erst niemanden gefunden, der mir die Ware abkaufen wollte, aber dann habe ich über den einen und anderen den Kontakt mit Larache hergestellt, und deshalb weiß ich, dass die Pistolen dort landen werden.«
Dann sah sie mir in die Augen, ernst und düster, wie ich sie nie erlebt hatte.
» Es sieht übel aus, Mädchen, ganz, ganz übel«, murmelte sie zwischen den Zähnen. » Sie fackeln nicht lange, es gibt weder Mitleid noch Erbarmen, und sobald es jemand auch nur wagt, den Mund aufzumachen, knallen sie ihn ab, ehe du Amen sagen kannst. Es hat schon viele arme Teufel erwischt, anständige Leute, die noch keiner Fliege was zuleide getan haben. Sei schön vorsichtig, meine Kleine, damit du nicht die Nächste bist.«
Wieder gab ich mich zuversichtlicher, als mir zumute war, um uns beide von etwas zu überzeugen, an das ich nicht einmal selbst glaubte.
» Machen Sie sich keine Sorgen, Candelaria. Irgendwie werden wir die Sache schon schaukeln, Sie werden sehen.«
Und mit diesen Worten wandte ich mich dem Fenstersims zu und schickte mich an, mich mit meiner gefährlichen, sicher am Körper festgebundenen Fracht hinaufzuziehen. Zurück blieb die Schmugglerin, die mir von unten am Fuß des Weinstocks zusah und sich murmelnd bekreuzigte. » Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, möge die wundertätige Jungfrau von Milagros dich begleiten, Herzchen.« Das Letzte, was ich hörte, war der laute Kuss, den sie zum Schluss ihres Rituals auf ihre verschränkten Finger drückte. Im nächsten Augenblick verschwand ich hinter der Gartenmauer und plumpste wie ein Kartoffelsack in den Hof des Lebensmittelgeschäfts.
11
In weniger als fünf Minuten fand ich aus dem Hof der Konditorei Menahen hinaus. Stockfinster wie es war, blieb ich auf meinem Weg immer wieder an Nägeln und Holzsplittern hängen. Ich zerkratzte mir das Handgelenk, trat auf meinen Umhang, rutschte aus, verlor beinahe das Gleichgewicht und wäre fast auf den Rücken gefallen, als ich über einen Haufen kreuz und quer gestapelter Kisten kletterte. Sobald ich die Holztür erreicht hatte, ordnete ich als Erstes mein
Weitere Kostenlose Bücher