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Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
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Dinge verkomplizieren sollten …«
    » Aber ich habe doch noch Pistolen …«, widersprach ich stammelnd, während ich die restlichen Waffen an meinem Körper ertastete.
    » Egal. Sie haben Ihren Teil der Abmachung erfüllt, also muss ich zahlen«, sagte er und hängte mir den Beutel einfach um. Ohne einen Mucks ließ ich es wie betäubt geschehen. » Los, los, wir haben keine Zeit zu verlieren.«
    Endlich reagierte ich und stellte meinen Fuß in seine verschränkten Hände. Er schob mich nach oben, bis ich den Fenstersims zu fassen bekam.
    » Machen Sie es auf, schnell!«, befahl er. » Strecken Sie den Kopf aus dem Fenster und sagen Sie mir, was Sie hören und sehen.«
    Das Fenster ging auf ein dunkles Feld hinaus, doch der Lärm kam aus einer anderen Richtung. Motorengeräusche, Räder, die über den Kies knirschten, feste Schritte, Begrüßungen und Befehle, herrische Stimmen, die Aufgaben verteilten. Mit viel Schwung und Elan, als gäbe es kein Morgen mehr, obwohl der Tag ja noch nicht mal begonnen hatte.
    » Pizarro und García ins Bahnhofslokal. Ruiz und Albadalejo an die Schalter. Ihr zwei geht in die Büros und ihr beide zu den Toiletten. Los, los, nur keine Müdigkeit vorschützen!«, brüllte jemand grimmig.
    » Ich kann niemanden sehen, aber sie kommen hierher«, berichtete ich.
    » Springen Sie!«, befahl er daraufhin.
    Ich tat es nicht. Die Höhe machte mir Angst, und ich hätte mit dem Kopf voran durch die Öffnung gemusst. Instinktiv weigerte ich mich, allein hinauszusteigen. Ich wollte, dass der Mann aus Larache mit mir kam und mich an seiner Hand zu welchem Ort auch immer führte, an den er gehen musste.
    Draußen ging es immer hektischer zu. Auf dem Kies knirschten Stiefel, und man hörte laut und vernehmlich Stimmen, die Befehle erteilten. » Quintero und Villarta, ihr kontrolliert die Toiletten! Marsch, marsch!« Sicher waren nicht alle Rekruten so nachlässig wie diejenigen, denen ich bei meiner Ankunft am Bahnhof begegnet war. Zudem handelte es sich hier um eine ausgeruhte Patrouille voller Tatendrang.
    » Los, springen Sie schon!«, wiederholte der Mann energisch, packte meine Beine und schob mich einfach hoch.
    Ich sprang. Ich sprang und fiel hin. Gleich darauf plumpste die Tasche mit den Pistolen auf mich. Doch kaum war ich unsanft gelandet, hörte ich auch schon, wie die Toilettentüren mit Fußtritten aufgestoßen wurden. Das Letzte, was ich vernahm, war das laute Gebrüll, das dem Mann galt, den ich niemals wiedersehen sollte.
    » Was hast du hier auf dem Damenklo verloren, moro? Was wirfst du da aus dem Fenster? Villarta, schnell, geh und sieh nach, ob draußen was liegt!«
    Ich fing an zu rennen. Aufs Geratewohl, wie von Sinnen. Die Tasche mit den Waffen an mich gepresst, lief ich im Schutz der Dunkelheit. Taub und gefühllos. Ohne zu wissen, ob sie mir auf den Fersen waren. Ohne mich zu fragen, was aus dem Mittelsmann geworden war im Angesicht der Waffe, mit der der Soldat auf ihn zielte. Ich verlor eine der Schlappen und eine der letzten Pistolen, die noch an meinem Körper befestigt waren, doch ich blieb nicht stehen. Ich lief einfach weiter, folgte dem Weg vor mir, halb barfuß, ohne anzuhalten, ohne nachzudenken. Ich durchquerte Äcker, Obst- und Gemüsegärten, Zuckerrohrfelder und kleine Pflanzungen. Ich stolperte, richtete mich auf und rannte weiter, ohne Atempause, ohne die Entfernung, die ich bereits zurückgelegt hatte, abzuschätzen. Nichts und niemand stellte sich mir während meiner Flucht in den Weg, bis ich schließlich in der Dämmerung ein Schild entdeckte. » Bedarfshaltestelle Malalien« stand darauf geschrieben. Mein Ziel.
    Die nur von einer einzigen Laterne beleuchtete Station lag noch rund hundert Meter von dem Schild entfernt. Doch ich blieb dort stehen und sah mich suchend in alle Himmelsrichtungen um, ob vielleicht schon jemand da wäre, dem ich die Pistolen übergeben könnte. Das Herz schlug mir bis zum Hals, und mein trockener Mund war voller Erd- und Kohlenstaub. Vergeblich versuchte ich meinen keuchenden Atem zu beruhigen. Niemand erschien. Niemand wartete auf die Ware. Vielleicht kämen sie später, vielleicht nie.
    In weniger als einer Minute hatte ich mich entschieden. Ich ließ die Tasche zu Boden fallen, drückte sie platt, damit sie möglichst wenig auffiel, scharrte Erde zusammen und verteilte sie mit Steinen und Gestrüpp auf dem Ganzen, bis die Tasche halbwegs bedeckt war. Als ich glaubte, dass kein verräterischer Buckel mehr sichtbar war,

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