Das Echo der Vergangenheit
murmelte er, und dann wurde ihm bewusst, dass dies die Worte waren, die er brauchte. Alles in ihm sträubte sich dagegen, es noch einmal zu sagen, also modifizierte er es zu »Hilf Sofie. Hilf mir dabei, Sofie zu helfen.« Damit konnte er leben.
Kapitel 33
Das Taxi setzte ihn vor dem Haus ab, als die sinkende Sonne die Backsteine in rotes Licht tauchte und die Fenster messingfarben glänzen ließ. Ein kühler Wind bog die dünnen Äste an den Bäumen am Straßenrand hin und her. Ein paar junge Männer und Frauen hatten sich in kleinen Grüppchen auf dem Gehweg versammelt. Einige von ihnen musterten ihn, als er aus dem Taxi stieg, seinen Koffer nahm und merkte, dass er nicht ins Gebäude kam.
Ein Knopf neben der Haustür ließ irgendwo eine Klingel ertönen, hoffte er. Nachdem er lange gewartet hatte, erschien eine dunkelhaarige Frau mit einem quengeligen Kleinkind auf der Hüfte. Ihr Gesicht war eine ältere, kantigere Version von Sofies Gesicht und ihre Stimme hatte den rauen, bellenden Tonfall der New Yorker. »Ja?«
»Ich bin mit Sofie hier.«
»Oh.« Sie riss die Tür auf. »Dann bist du Matt?« Sie sah ihren Sprössling an. »Sag Nicky Hallo. Nicky, dieser große Mann ist Sofies Freund Matt.«
Matt begrüßte ihn, indem er seine Finger mit denen des Jungen verhakte. »Hi, Nicky.«
Nicky wandte sich gelangweilt ab.
»Ich bin Sofies Schwester Monica.«
Er wollte nur nach oben und sich davon überzeugen, dass es Sofie gut ging.
Monica ging voran. »Bist du gekommen, um die Familie kennenzulernen?«
»Das … auch.«
»Bleibst du eine Weile?«
»Steht noch nicht fest.«
»Wieso ist Sofie nicht raufgekommen, um Hallo zu sagen?«
»Sie, äh, hat zu tun.«
»Sie hat immer etwas zu tun. Wenn sie ein Tier wäre, wäre sie ein Biber.«
»Ich bin ein Biber«, sagte Nicky und versuchte, am Hals seiner Mutter zu nagen.
»Lass das.« Auf dem Treppenabsatz im zweiten Stock sagte sie über ihre Schulter: »Ich hoffe, du hast Hunger. Mama kocht.«
Das hatte er ja ganz vergessen. Er hätte in einem Flugzeug sitzen und Müsliriegel essen können, während Doria eine besondere Mahlzeit ohne den Ehrengast servierte. »Ja, danke.«
Monica ging weiter nach oben. Er schwankte zwischen Ricos und Sofies Tür, dann probierte er es zuerst bei Rico, um ihn zu fragen, ob irgendjemand Eric gesehen hatte. Die Wohnung war leer. Er ging hi-nüber zu Sofies Tür und klopfte.
Carly machte auf und schaffte es ganz gut, ihre Enttäuschung zu verbergen.
Sofie erschien hinter ihr. »Matt.«
»Können wir reden?«
Sofie tätschelte das Kind und schob sie in die Wohnung zurück, dann trat sie auf den Gang hinaus. Da er wusste, dass Carly an der Tür lauschen würde, nahm er Sofies Ellbogen und ging mit ihr in Ricos Wohnung.
Ihre Wut schien verraucht, aber sie zog ihren Ellbogen geschickt fort. »Ich dachte, du wärest abgereist.«
»Ich reise doch nicht ab.«
Emotionen huschten über ihr Gesicht. Überraschung. Erleichterung. Bestürzung.
»Du bist im Moment nicht in der Lage, die Dinge richtig zu beurteilen, Sofie. Ich habe dir gesagt, ich würde nicht zulassen, dass du dir selbst schadest.«
»Und ich habe dir gesagt, dass es hier nicht um mich geht.«
»Aber du bist Teil des Ganzen.«
Sie seufzte. »Du hast gesagt, es gäbe keine gute Lösung. Das akzeptiere ich.«
»Sofie.«
»Ich hatte Carly sechs Jahre lang verloren, Matt. Das waren die härtesten sechs Jahre meines Lebens. Es bricht mir das Herz, wenn ich daran denke, wie es für sie gewesen sein muss.«
Psychologischer Missbrauch konnte mehr Schaden anrichten als blaue Flecken. Deshalb war Jacky verzweifelt gewesen. Nicht wegen der Prügel, die Striemen hinterließen, sondern wegen der Schläge, die nicht zu sehen waren. »Wir werden ihr gemeinsam helfen. Das ist mein Beruf, weißt du noch?« Sie wehrte sich nicht, als er sie in seine Arme zog. »Vertrau mir.«
»Matt …«
Er berührte ihr Gesicht und hob es zu sich auf. »Im Taxi auf dem Weg zurück habe ich gebetet. Ich weiß nicht, vielleicht hast du ja recht. Vielleicht gibt es da draußen etwas, das größer ist als wir.«
Tränen traten ihr in die Augen. Aber er hatte das deutliche Gefühl, dass inzwischen etwas geschehen war.
»Was ist los?«
»Nichts.«
Etwas stimmte nicht. Warum täuschte sie ihn. Warum? Er drückte ihren Kopf an seine Brust und hätte am liebsten selbst geweint. Diego und Annie hatte sie losgelassen, den einen freiwillig, die andere, weil sie keine Wahl gehabt hatte. Aber jetzt
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