Das Echo der Vergangenheit
Auffordern konnte.
Matt auch. Er hatte Mama einen Gefallen getan. Sofie verspürte wieder einen Stich in der Brust. Es hätte so ganz anders sein können, dieses Treffen mit Mama und Pop, während er sah, woher sie kam, den Ort ihrer Jugend, die Menschen, die sie liebte.
Ihr war nicht bewusst gewesen und sie hatte es ihm gegenüber auch nicht zugegeben, wie wichtig ihr das gewesen war. Die Zeit, die sie mit Diego verbracht hatten, mit Annie, miteinander, hatte ein Band gewoben. Aber sie durfte nicht zulassen, dass ihr das in die Quere kam.
Er wollte ihr vertrauen, aber er musste auf der Hut sein. Sie traute sich ja selbst nicht. Denn sie wusste und hatte es seit sechs Jahren gewusst, dass sie es tun würde, wenn der Zeitpunkt gekommen war. Sie würde für Carly alles geben, alles riskieren. Vielleicht sollte es so sein.
Sie lächelte Pop an, dessen verstohlene Blicke ihm verrieten, dass er erleichtert war, weil sie einen anderen Mann kennengelernt hatte. Schuldbewusst stellte sie fest, dass Matt einen hervorragenden Lockvogel abgab. Stark, intelligent, attraktiv. Wer würde darauf kommen, dass sie etwas anderes wollte? Als ihre Blicke sich begegneten, schien er entschlossen, die Rolle einzunehmen, die ihre Familie ihm zuschrieb. Verehrer und Beschützer. Sie hätte ihn nicht so nah an sich heranlassen dürfen.
Sie erzählte ihnen von ihrer Entscheidung, ihre Promotion nicht abzuschließen. Niemand brüllte sie an. Niemand übte Kritik. Was machte es ihnen schon aus, ob sie einen Doktortitel hatte? Sie hatte jetzt einen guten Mann und sehnte sich nicht länger nach dem destruktiven.
Aber da war immer noch das Problem mit Carly. Und deshalb schwebte Eric über der Zusammenkunft wie ein böser Geist. Sie konnte seinen Hunger spüren. Und etwas in ihrem Innern reagierte. So war es immer gewesen; so würde es immer sein. Merkwürdig, aber es lag fast so etwas wie ein Friede darin.
* * *
Solange er gedacht hatte, der Plan sei, Carlys Sicherheit zu gewährleisten, bis die Polizei Eric festnahm, hatte Matt die Wohnung von Rico und Chaz als sicher empfunden. Wenn er richtig vermutete, dass Sofie gefährdet war, dann war selbst die andere Seite des Ganges zu weit entfernt. Als sie Carly ins Bett gebracht hatte und aus dem Schlafzimmer gekommen war, sagte er deshalb: »Ich werde hier auf dem Sofa schlafen.« Es war so kurz, dass er am nächsten Morgen üble Verspannungen haben würde, aber er würde alles hören und sehen, was in dieser Wohnung geschah. »Ich habe das mit deinem Dad geklärt, als du mit deiner Mutter den Abwasch gemacht hast.«
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Du hast es nicht mit mir geklärt.«
»Das mache ich doch gerade.«
»Es könnte Carly aber einen falschen Eindruck vermitteln.«
»Der falsche Eindruck würde nur entstehen, wenn wir gemeinsam in deinem Bett liegen würden.«
Ihr Hals rötete sich, ein Zeichen dafür, dass sie immer noch etwas für ihn empfand, und sei es nur Unbehagen. Ihr Auftritt beim Abendessen war erstaunlich gewesen. Aber andererseits hatte sie jahrelange Übung darin, sich selbst zu belügen. Er hatte keine Ahnung, was er dagegen unternehmen sollte, aber im Moment sorgte er erst einmal dafür, dass sie am Leben blieb. Das war alles.
Wenn Eric glaubte, dass sie zwischen ihm und seiner Tochter stand, war die Wut, die hinter den bösartigen Taten auf den Fotos steckte, vielleicht nichts im Vergleich zu dem, was er jetzt an den Tag legen würde. Wenn er versuchte, sie zurückzugewinnen, konnten die emotionalen Folgen ebenso schlimm sein.
Sofie warf einen Blick auf die Couch. »Es wird nicht sehr bequem werden.«
Er grinste schief. »Hast du ein besseres Angebot?«
Sie biss nicht an. Offenbar war sie noch tiefer in dem Ort versunken, an dem sie für ihn unerreichbar war. Und so wie er sich im Moment fühlte, bezweifelte er, dass überhaupt ein Funke zwischen ihnen überspringen würde.
Sie seufzte. »Nimm du das Bett; ich nehme die Couch.«
»Danke, aber ich bin lieber hier draußen, nahe bei der Tür und dem Fenster.«
»Das ist nicht dein Ernst.« Sie verschränkte die Arme. »Du glaubst, er kommt durchs Fenster?«
»Ich glaube zumindest, dass er das könnte.«
»Im Schlafzimmer sind auch Fenster. Aber das wird nicht passieren.«
»Woher weißt du das?«
»Ich kenne ihn, Matt.«
Dann wandte sie den Blick ab und er dachte bei sich: So muss es sein, einen Suchtkranken zu lieben. Zu sehen, wie sie den Weg der Zerstörung einschlägt, und sie nicht davon
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