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Das Echo der Vergangenheit

Das Echo der Vergangenheit

Titel: Das Echo der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Heitzmann
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werden konnte.
    »Sollen wir reingehen?«
    Aber Carly zuckte zurück, daher bot sie ihr eine Alternative an. »Möchtest du zuerst mein Studio sehen?«
    Carly flüsterte: »In Ordnung.«
    Sofie dachte daran, wie aufregend Matt es gefunden hatte, und ging mit ihr durch die enge Luke. »Das ist unser Geheimweg.«
    Kein Kommentar. Wortlos ging Carly die Treppe runter und folgte ihr in das inzwischen fertiggestellte Studio, wo sie zur Decke hinaufblickte. »Cool.«
    »Das hat Star gemalt.«
    Carly hatte gesagt, was sie sagen wollte.
    »Wenn du willst, bringe ich dir das Tanzen bei.«
    Sie nickte, aber es war schwer zu sagen, ob es Interesse war oder ob sie Sofie nur einen Gefallen tun wollte.
    »Nur, wenn du willst.« Das Kind musste wissen, dass es jetzt frei war, dass es Nein sagen oder etwas Neues anfangen konnte. Die Erwartungen, die sie aneinander hatten, mussten vernünftig sein, aber bis jetzt hatten sie sich nur aneinandergeklammert. Ohne Eric, der alles steuerte, trieben sie ziellos dahin. »Bist du müde?«
    Carly nickte.
    »Hunger?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    Das mit dem Essen würde noch eine Weile schwierig sein, bis das Kind emotional stabil war. Sie verließen das Studio durch den neuen Haupteingang und gingen durch die Küche ins Haus. Nonna war dort und umarmte sie beide.
    »Wer ist denn dieses schöne Mädchen? Die kleine Carly?«
    Sofie spürte ihre Panik und legte einen Arm um Carlys Schultern. »Carly, das ist Nonna Antonia. Du erinnerst dich bestimmt nicht mehr an sie, aber sie kannte dich schon, als du noch ein Baby warst.«
    Carly stand schweigend da. Nicht einmal eine Begrüßung. Sofies Herz wurde schwer. Sie hatte gehofft, diese Begegnung würde Carly aus ihrem selbst auferlegten Schweigen reißen. Seit dem Unfall hatte sie mit niemandem außer mit Sofie gesprochen. Nicht einmal die Richterin hatte ein Wort aus ihr herausbekommen.
    Ob es Carlys Methode war, dafür zu sorgen, dass sie nicht ausei-nandergerissen wurden, oder ob sie wirklich nicht antworten konnte, wusste sie nicht. Selektives Verstummen war ungewöhnlich, aber wenn man Carlys Isolation vor dem Zwischenfall bedachte, war es vielleicht gar nicht so ungewöhnlich. Ihre Kommunikation war beinahe über die Maßen offen gewesen – bis zu dieser Reise. Sie aus ihrer vertrauten Stadt zu bringen, mochte Carly stressen, aber Sofie hatte gehofft, dass sich das legen würde, wenn sie erst einmal hier waren.
    »Ist Lance zu Hause?«
    »Er und Rese sind noch bei der Arbeit.«
    Sofie hatte gehofft, er wäre hier und könnte mit Scherzen und Knuffen eine Reaktion auslösen, damit sie nicht die ganze Last allein tragen musste. Sie gab es nicht gerne zu, aber sie erkannte Carly nicht wieder. Sechs Jahre hatten zu viel verändert. Für das Mädchen konnte sie kaum mehr als ein Traum sein. Und mit Träumen konnte die Realität kaum jemals mithalten.
    »Komm mit. Ich zeige dir unser Zimmer.« Irgendwann konnten sie Carly vielleicht ein eigenes Zimmer geben, aber die Albträume waren so beständig, dass sie seit der Beerdigung in einem Bett geschlafen hatten. Allmählich würde sie mehr auf Distanz gehen, damit Carly die Chance hatte, die Dinge eigenständig zu verarbeiten, aber bis jetzt war das noch nicht möglich gewesen.
    Sofie ging die Treppe hoch und hoffte, dass an diesem neutralen Ort, diesem heilsamen Ort, alles besser werden würde – für sie beide. Sie wuschen sich, zogen ihre Schlafanzüge an und kletterten in das große Bett. Das war vielleicht unorthodox, aber die nächtlichen Ängste des Kindes waren so heftig, dass sie unmittelbar vor Ort sein musste, um sie in die Wirklichkeit zurückzuholen. Und diese Wirklichkeit hatte ihren eigenen Kummer, in dem sie einander so viel Trost gaben, wie sie konnten.
    Sie zerbrach an ihren Schuldgefühlen und Sofie wusste nicht, wie sie es verhindern sollte. Carly weigerte sich, mit einem Psychologen zu reden. »Nur du kannst mir helfen, Sofie.« Die tränenreiche Beteuerung brach ihr das Herz und heilte es gleichermaßen. Irgendwo, irgendwie musste Heilung geschehen.

    * * *

    Während Carly mit Sofie zu der Privatschule fuhr, die Grandma bezahlte, legte die Angst sich um sie. Verglichen mit einigen ihrer früheren Schulen gab es hier kaum Schüler. Vielleicht zehn Kinder auf einen Lehrer. Ihr ganzer Jahrgang bestand aus nur vierundfünfzig Schülern. Sofie und Grandma fanden das gut. Aber sie konnte nicht in der Menge untertauchen. Wie sollte sie bei so wenigen Kindern unsichtbar bleiben?
    Ms.

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