Das Echo der Vergangenheit
Er schüttelte den Kopf. »Blöder Kerl.«
Er konnte nicht direkt eine Verfolgungsjagd anfangen, deshalb schaltete er die Nachrichten ein und aß etwas, dann wusch er ab und räumte die Wohnung auf. Zu dem Haus, das Ryans Mutter ihm hinterlassen hatte, war es nicht weit. Er hatte ja nur Bier getrunken und ein bisschen dazu gegessen. Wahrscheinlich passierte ihm nichts. Erschöpft ließ Matt sich auf das Sofa fallen und döste vor sich hin. Später am Abend ging er ins Schlafzimmer, während er sich einredete, dass er getan hatte, was in seiner Macht stand.
Seine Schönrederei löste sich in Luft auf, als am nächsten Morgen der Anruf kam, er solle Ryan aus der Patsche helfen. Nachdem er seinen Freund mit einer ersten Anzeige wegen Trunkenheit am Steuer zu Hause abgeliefert hatte – zum Glück war es seine erste –, fuhr Matt ins Büro zurück. Er hatte sich gerade an seinen Schreibtisch gesetzt, als Diana anrief, die Staatsanwältin.
»Sieht so aus, als hätten wir die vermisste Mutter gefunden.«
Er nahm das Telefon ans andere Ohr. »Maria?«
»So heißt sie und passt zu der Beschreibung der vermissten Person. Sie saß auf der Ladefläche eines Pickups, zusammen mit einer Ladung gestohlener Elektronikgeräte. Der Beamte, der sie angehalten hat, bemerkte, dass sie irgendwie lethargisch wirkte. Als er ihr sagte, sie solle vom Wagen steigen, fing sie an zu bluten. Die anderen wurden in polizeilichen Gewahrsam genommen, aber sie brachte man ins Krankenhaus.«
»Und sie hatte eine Geburt?«
»Erst vor Kurzem«, erklärte Diana ihm. »Aber einen Säugling hatte sie nicht. Sie behauptet, er sei muerto .«
Hmm . »Wenn es sich um dieselbe Maria handelt, betreue ich den Fall ihres Kindes, und der Kleine ist sehr quicklebendig.«
»Ich will sie nur ungern anzeigen. Die DVD-Player wurden von einem Händler als gestohlen gemeldet. Das war aber noch bevor sie das Haus verlassen hatte, von dem Sie mir erzählt haben, und ich wette, dass Sie nicht freiwillig auf der Ladefläche dieses Lieferwagens saß. Sie ist noch so jung, dass sie selbst unter das Jugendschutzgesetz fallen dürfte.«
»Ich informiere Cassinia und sehe, was ich tun kann.«
Nachdem er noch ein paar Einzelheiten mit Diana geklärt hatte, klopfte er an Cassinias Bürotür und erklärte ihr die Lage. Auf der Fahrt zum Krankenhaus gab er ihr die Informationen, die er bereits von der Hebamme und den anderen zusammengetragen hatte – wobei er die Sache mit dem Atemstillstand ausließ. Cassinia konnte mit solchen angeblichen Wundern noch weniger anfangen als er und hatte ohnehin ein gestörtes Verhältnis zu Leuten, die an so etwas glaubten.
Außerdem hatte sie eine heftige Abneigung gegen alle, die andere missbrauchten, und offenbar vermutete sie in Marias Fall eine solche Situation, obwohl niemand einen Beweis dafür hatte, dass das Mädchen nicht aus eigenem Antrieb handelte. Er hatte sich bemüht, die Fakten abzuwarten, bevor er seine Schlüsse zog. Aus Cassinias zusammengepressten Lippen schloss er, dass sie dieser Fall ziemlich mitnahm. In der Lobby kam ihnen Detective Brazelton entgegen.
Seine kantige Nase und seine schlaffen Wangen wirkten noch extremer, als er ihnen erzählte, dass man Maria in den Operationssaal gebracht hätte. »Offenbar hat man einen nicht lebensfähigen Fötus in der Gebärmutter gefunden.«
Matt runzelte die Stirn. »Dann ist sie nicht die Mutter unseres Babys?«
»Wir glauben schon. Wie es aussieht, war sie mit Zwillingen schwanger – einen hat sie geboren und der andere hat sich nicht weiterentwickelt und wurde nicht abgestoßen.«
Matt starrte ihn mit großen Augen an. »Und das hat niemand bemerkt?«
»Kein Ultraschall. Keine Vorsorgeuntersuchungen. Der Arzt sagt, der zweite Fötus sei etwa seit dem vierten Monat nicht mehr gewachsen und schon seit einiger Zeit tot. Der lebende Säugling hat die Situation kaschiert, aber sie leidet schon seit geraumer Zeit an einer Sepsis. Wenn Wachtmeister Sheldon den Wagen nicht angehalten hätte, wäre sie gestorben.«
Alle, mit denen er gesprochen hatte, hatten ausgesagt, sie habe viel geschlafen, aber das fand nach einer Geburt niemand ungewöhnlich.
Cassinia legte so viel Gewicht in ihre knapp ein Meter sechzig, wie sie konnte, und sagte: »Ich bin Marias zuständige Sozialarbeiterin. Ich will, dass bei dem Fötus ein DNA-Test gemacht wird, damit wir wissen, wer der Vater ist.«
»Das haben wir schon veranlasst.«
»Und von dem anderen Kind möchte ich auch eine Probe«,
Weitere Kostenlose Bücher