Das Echo der Vergangenheit
gebildete Frauen mit Hochschulabschlüssen und selbst zähe Polizistinnen.
Sofie hatte nicht gesagt, dass Eric sie misshandelt hatte. Sie hatte nur gesagt, die Beziehung sei destruktiv gewesen. Vielleicht hatte sie damit das Ende der Beziehung gemeint. Er konnte nur raten, wie diese Beziehung vorher ausgesehen hatte; genau genommen hatte er den Großteil des Tages damit verbracht, darüber nachzudenken.
Als sie eintraten, sagte sie: »Das sieht schön aus.«
»‚Regionale Küche mit französischer Leidenschaft.‘«
Sie fingen mit Käse, Obst und selbst gebackenem Feigenkuchen an, den sie mit Appetit aß, während sie ihm erzählte, wie wählerisch Nonna immer in Sachen Käse gewesen war, dass sie jedes Rad, das ins Restaurant geliefert wurde, selbst inspiziert hatte. Als Nächstes aß sie den Salat mit gebratenen Auberginen, Kräutern, frischem Mozzarella und roter Paprika, während er einen Salat mit Rucola, Pekanüssen, Ziegenkäse, Pancetta und Feigen bestellt hatte.
»Meine Schwester Monica kann genauso wenig mit Essen umgehen wie Mama. Egal, was sie kochen, es ist eine einzige Katastrophe. Lance glaubt immer noch, man könne es ihnen beibringen. Er weiß gar nicht, welchen Vorteil er dadurch hatte, dass er schon von klein auf bei Nonna in der Restaurantküche gelernt hat.« Sie aß einen Bissen. »Mama nimmt jeden Vorschlag, den er macht, persönlich. Aber es tut ihm ehrlich weh, wenn er sieht, wie die Lebensmittel massakriert werden.«
»Dann ist er also ein Perfektionist.« Warum sprachen sie schon wieder über Lance?
»Nicht im zwanghaften Sinne. Er hat einen sehr lockeren Zugang, kreativ und begabt.«
»Und das ist sein Job? Kochen?«
»Er macht viele Dinge. Es wäre schwierig, etwas zu finden, was er noch nicht gemacht hat. Aber seine Leidenschaft sind Kochen und Musik.«
Ihr gebratener Heilbutt mit Flusskrebsen und Safran-Aioli wurde gebracht. Sie atmete den Duft ein und nahm ihre Gabel zur Hand. »Er und sein Freund Rico haben zusammen gesungen, seit sie in der Schule waren. Sie hatten auch in ein paar angesagten Lokalen professionelle Auftritte gespielt und hatten einen Top-Agenten, der große Pläne mit ihnen hatte, bevor Lance die Band aufgegeben hat.«
»Warum hat er aufgehört?«
Sie blickte auf ihren Teller. »Dafür gab es mehrere Gründe. Aber vor allem lag es wohl an Tonys Tod.«
»Tony …«
»Unser älterer Bruder. Er war Polizist. Er ist am Ground Zero gestorben.«
Matt starrte sie an. »Du hast einen Bruder verloren?« Er legte beide Hände auf den Tisch und ließ diese Einsicht sacken. »Du hast gar nichts gesagt. Als ich dir von Jacky erzählt habe.«
»Ich wollte deine Trauer nicht relativieren.« Aber sie hatte ihn selbst erlebt, den sinnlosen Verlust. Und nichts gesagt. Mitfühlende Zurückhaltung oder das gleiche Abwiegeln, das er bei Lance gesehen hatte? Die Fähigkeit, sich zurückzunehmen und sich ganz auf jemand anders zu konzentrieren. »Willst du darüber reden?«
Sie seufzte. »Er ist im Dienst gestorben. Er wurde geehrt und verehrt dafür. Ich vermisse ihn.« Sie blickte auf. »Aber … wir sind hier und essen zusammen.«
Es sollte also nicht zu tiefgründig werden. Sofie sollte entscheiden, wann und was sie erzählen wollte, so wie sie es im Krankenhaus getan hatte, aber jetzt war ihm bewusst, dass sie nur sehr wenig von ihrer Verletzung preisgeben würde.
Er riss ein Stück Brot ab. »Was hast du in der Schule am liebsten gemacht?«
Sie lachte leise. »Das Jahrbuch.«
Er zog die Augenbrauen hoch.
»Es hat mir Spaß gemacht, Augenblicke einzufangen und Erlebnisse festzuhalten.«
»Warst du für die Fotos zuständig?«
»Nein, das war Bernie Stein. Ich habe das Layout gemacht. Was war denn dein Lieblingsfach?«
»Sport. Keine Überraschung, was?«
»Ich hatte eigentlich gedacht, etwas Verkopfteres, zum Beispiel Geschichte, da du anschließend Jura studiert hast.«
»Tja, nur weil ich die entsprechenden Noten hatte, heißt das nicht, dass es mir Spaß gemacht hat. Ich habe mich am wohlsten gefühlt, wenn ich auf der Ringermatte war, übers Footballfeld gelaufen bin oder Völkerball gespielt habe. Sieh dich also vor.«
»Was haben Männer nur immer mit Völkerball?«
»Ein evolutionärer Instinkt, die Schwachen auszumerzen.« Er sah auf seinen Teller. »Wobei ich eigentlich immer zusammen mit einem Mädchen oder einem nicht so sportlichen Jungen in einer Mannschaft war.« Er hatte nicht wie ein jugendlicher Altruist klingen wollen, auch wenn es die
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