Das Echo der Vergangenheit
er unter den Regalen gefunden hatte. Lance erwähnte nur die Bündel mit Silberzertifikaten, die darin versteckt gewesen waren, und nicht die Unterlagen und anderen persönlichen Gegenstände. Matt gehörte schließlich nicht zur Familie.
Aber es machte ihr Herz froh zu hören, wie die beiden sich unterhielten. Vielleicht sah Matt jetzt, dass Lance ein Mann wie jeder andere war und kein religiöser Spinner.
Lance ließ sie im Garten zurück und Matt drehte sich zu Sofie um und umfing sie mit seinen Blicken. »Ich würde mich gerne mit dir treffen. Nicht wegen Diego und nicht, um mich bei dir auszuweinen. Würdest du mit mir ausgehen?«
Ironisches Timing nach ihren Zwischenspielen im Keller und letzter Nacht auf der Veranda. Sie hatte es kommen sehen, hatte selbst da-rüber nachgedacht. Aber aus einem inneren Drang heraus seinen Kuss zu erwidern war nicht dasselbe wie eine bewusste Entscheidung, einen Abend miteinander zu verbringen. War sie schon dazu bereit, eine Beziehung einzugehen? Bisher hatte sie da auf ganzer Linie versagt. »Ich bin nicht sicher, ob ich das kann, Matt.«
»Weil …«
Ich zerbrochen bin.
»Du dich nicht zu mir hingezogen fühlst?«
Konnte er das wirklich glauben? Was sie für ihn empfand, war nicht die betäubende, giftige Anziehungskraft, die sie bei Eric verspürt hatte. Es war die Anerkennung seiner guten Eigenschaften und eine rücksichtslose Vernachlässigung ihrer Unterschiede.
Er raufte sich die Haare. »Wenn dir jede Minute zuwider war ...«
»Natürlich nicht. Es ist nur, dass es das letzte Mal so destruktiv war.«
Er sah sie prüfend an. »Das kann ich nicht ungeschehen machen.«
»Niemand kann das.«
»Aber ich kann dich zum Essen einladen. Keine Erwartungen.«
Wie würde sich das überhaupt anfühlen? Eric hatte immer voller Erwartungen gesteckt, meistens unausgesprochener. Aber sie hatte seine Wünsche vorhergesehen, hatte seine Launen und Sehnsüchte entziffert und ihnen von ganzem Herzen entsprochen.
Matt verschränkte die Arme und ein Anflug von Enttäuschung war in seiner Miene zu lesen. »Du kannst auch nein sagen.«
Warum tat sie es dann nicht? Was Diego und Maria betraf, waren sie beinahe fertig. Es war unwahrscheinlich, dass ihre Wege sich noch einmal kreuzen würden. Sie war ein Ventil für seine Trauer gewesen; und er hatte ihr das Gefühl gegeben, dass sie trotz allem begehrenswert war. Dabei könnten sie es belassen.
Zögernd holte sie Luft. »Essen wäre nett.« Wieder ein Schritt auf ein Loslassen zu, entscheidender eigentlich, als das Viertel zu verlassen, in dem Eric ohnehin nicht mehr wohnte. Das war eine Frage der Geografie. Dieser Schritt konnte ihre Herzenslandschaft verändern.
Er lächelte. »Um sieben?«
»Gut.« Nein, nein, nein . Was tat sie da? Sie hatte ihr Gleichgewicht wiedergefunden.
»Dann ist das abgemacht.« Er berührte ihre Wange mit den Lippen. »Wir sehen uns heute Abend.«
Es war lediglich ein Abendessen. Nur dass sie so aufgewachsen war, dass eine gemeinsame Mahlzeit ein Ritual war. Gemeinsam am Tisch zu sitzen, bedeutete, das Leben mit anderen zu teilen, und sie war sich nicht sicher, ob sie ihres auf eine Weise mit Matt teilen konnte, wie er es sich wünschte. Mit klopfendem Herzen blickte sie ihm nach und ging dann in die Küche.
Nonna öffnete die Augen. »Netter Mann.«
»Matt?«
»Wer sonst?«
Sofie lehnte sich an die Küchenzeile. Matt war nett. Er hatte eine Tragödie überlebt und war stärker, gütiger daraus hervorgegangen. Nonna mochte ihn, wie sie Eric nie gemocht hatte. Aber sie wusste, dass ihre Großmutter nicht vorschnell urteilte.
Sie hatte ein kurzes und heftiges Werben erlebt, die Flucht um ihr Leben und eine übereilte Heirat. Nonno Marco war eine unbekannte Größe gewesen und Nonna hatte die Beziehung zu ihm in Trauer und Angst begonnen, hatte Geduld, gutes Urteilsvermögen und treue Liebe gelernt. Wenn irgendjemand das Terrain des Herzens verstand, dann Antonia DiGratia Shepard Michelli.
Sofie sah ihre geliebte Großmutter an. »Geht es dir hier gut, Nonna? Vermisst du die anderen? Möchtest du nach Hause?«
Nonna faltete die Hände auf dem Schoß und ihre blauen Augen leuchteten. Auf ihrem Gesicht lag ein Ausdruck, den Sofie seit ihrer frühesten Kindheit liebte, ein bisschen weise und spitzbübisch zugleich. »Wie kommst du darauf, dass ich mich hier nicht wohlfühle?«
Kapitel 15
Matt war nicht mehr so nervös gewesen, seit er auf der Anklagebank Platz genommen und seinen ersten
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