Das Echo der Vergangenheit
trat. Er schien eher verwundert als ärgerlich zu sein. »Du hast sie zum Reden gebracht.«
»Frauen sind meistens vernünftig und bereit dazu, eine Lösung zu suchen.«
»Du meinst also, ich hätte mir den Mund fusselig reden können und Ryan hätte sich nicht einen Zentimeter bewegt?«
Sie lächelte. »Du bist doch mit den beiden befreundet, also weißt du das wahrscheinlich besser als ich.«
»Da bin ich mir nicht so sicher.« Er runzelte die Stirn.
»Was?«
»Wie kannst du nur so viel wissen und trotzdem …«
»So dumm sein und mir die Pulsadern aufschneiden?«
»Diesem Kerl erlauben, dich fertigzumachen, bis es dich beinahe umgebracht hätte, und ihn dann noch in Schutz nehmen.«
Sie wollte die Wut in seinem Blick nicht wahrhaben und wandte sich ab. »Ich habe ihn nicht in Schutz genommen; ich wollte es nur erklären.«
»Nein.« Er zeigte mit dem Finger auf sie. »Du hast ihn verteidigt. Ich weiß, wie das aussieht.«
»Matt, Eric ist ...«
»Nicht meine Baustelle? Da hast du recht.«
»Er ist Geschichte.«
»Ach ja?« Seine Miene war düster. »Ich kann mich ja irren, aber ich bezweifle, dass du beim Klang meiner Stimme in Ohnmacht fallen würdest.«
»Ich habe einfach nicht damit gerechnet. Carly ...«
»Das ist nicht die ganze Geschichte. Ich habe gesehen, wie du Diego hast loslassen können.«
»Ich habe lediglich eine Woche lang für ihn gesorgt. Das ist etwas ganz anderes, als vier Jahre mit einem Kind zusammenzuleben, das ich wie mein eigenes geliebt habe.« Seine bisherigen Angriffe hatte sie akzeptiert, aber wie konnte er es wagen, ihre Liebe zu ihrem kleinen Mädchen infrage zu stellen? Verärgert drehte sie sich um und stapfte davon.
»Sofie.«
Sie ging schneller und kramte in der Manteltasche nach ihrem Handy. Aber es war in ihrer Handtasche und die war in Matts Auto. Nun, darum konnte sie sich später kümmern.
»Sofie, bleib stehen.«
Sie presste die Lippen aufeinander. In der Nähe gab es Geschäfte, von wo aus sie telefonieren konnte.
Matt holte sie ein. »Es tut mir leid, Sofie.«
Sie fuhr herum. »Dann hol mir meine Handtasche.«
»Was?«
»In deinem Auto.«
Er senkte den Kopf. »Hör mir bitte zu.«
»Ich habe genug gehört.« Sie rauschte an ihm vorbei. Ryan und Becca unterhielten sich immer noch auf dem Balkon, als sie die Autotür aufriss und nach ihrer Handtasche griff. Das Handy und ihr Scheckbuch fielen auf den Boden. Sie bückte sich und stopfte beides zurück in die Tasche.
»Sofie …«
Sie hängte sich ihre Tasche um. »Das brauche ich nicht.«
»Ich weiß.«
»Nein, tust du nicht. Du weißt gar nichts über mich, abgesehen von einem dunklen Ort. Und ich bereue, dass ich dir den Schlüssel dazu gegeben habe. Und jetzt wäre ich dir dankbar, wenn du dich davon fernhalten könntest.« Sie schlug die Wagentür zu und lief in die andere Richtung. Sie würde Lance anrufen. Oder Rese. Oder irgendjemand anders.
»Lass mich dich wenigstens nach Hause bringen.«
Sie lief immer weiter, bis seine Stimme, sein Duft und Anblick verschwunden waren.
Matt sah ihr mit einem Gefühl des Verlusts nach. Er fühlte geradezu den Schmerz einer vertanen Chance und dafür konnte er niemandem die Schuld geben als nur sich selbst. Er hätte nicht anrufen sollen, hätte nicht glauben sollen, dass sie irgendwie seine düstere Laune heben konnte. Warum hatte er nur gedacht, sie wüsste die Antworten? Und hatte er überhaupt welche haben wollen?
An manchen Tagen ekelte es ihn an, ein Mensch zu sein. Wenn es Gott gab, warum hatte er dann bei seiner Schöpfung so erbärmlich versagt? Warum konnte nicht jedes Leben bei Null anfangen, ohne den Müll, der von einer Generation zur nächsten weitergegeben wurde? Er stieg ins Auto und umklammerte das Lenkrad.
Dabei versuchte er nicht zu denken, aber es kam trotzdem hoch, ein Gespräch, das er nicht hatte hören sollen.
»Matt? Der ist genau wie er. Er schafft das.«
»Aber Jacky …«
»Jacky ist ein bisschen langsam.«
»Liz, du musst die Jungs hier rausholen.«
»Webb will nur, dass sie stark werden.«
»Stark? Er will, dass sie gemeine Drecksäcke werden wie er selbst . «
Matt schluckte die Galle hinunter, die ihm hochkam. Genau wie er .
* * *
Lance parkte die Harley und half Sofie, den Helm von Rese abzusetzen. Da Matt ihr angeboten hatte, sie zurückzubringen, würde er ihn am Leben lassen. Und solange er nicht genau wusste, was geschehen war, würde er sich ein Urteil verkneifen – aber er hatte vor, die ganze
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