Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
erstaunliches Gewicht hat.
Ich öffne die Faust, und zum Vorschein kommt die kleine Steinskulptur eines Bären, die im selben Stil gehalten ist wie der Rabe in meinem Beutelchen. Der Rabe, der unerklärlicherweise nach meinem ersten Besuch in der Unterwelt modelliert wurde, als ich unterstützt von Palomas Tee auf eine Seelenreise ging. Und jetzt frage ich mich zwangsläufig, ob Bär auf die gleiche Weise zu Django kam.
Ich war immer davon ausgegangen, dass Django, geplagt von den entsetzlichen Visionen, die den Beginn der Berufung jedes Soul Seekers markieren, abgehauen ist, ehe Paloma das Ritual mit ihm vollziehen konnte – doch da bin ich mir jetzt nicht mehr so sicher.
Trotzdem freut es mich, dass ich ein Souvenir von meinem Dad habe, wie klein es auch sein mag. Und so reihe ich es in meine Sammlung von Talismanen ein und denke an das, was Paloma gesagt hat, nachdem das Pendel bestätigt hatte, dass ich das Beutelchen weiterhin um den Hals tragen solle: Du sollst die Geisttiere nicht verlassen, wenn nicht sie dich aus freien Stücken verlassen haben.
Ich gehe hinaus in den Garten und spaziere an den verschiedenen Beeten vorüber. Eines für die Kräuter, die Paloma für ihre Arbeit als Heilerin braucht, eines für das biologische Obst und Gemüse, mit dem sie all unsere Mahlzeiten zubereitet. Ich halte inne und mustere das Stück Land, das für ihre Hybridexperimente reserviert ist – wo seltsame, missgestaltete Pflanzen aus der Erde sprießen und ununterbrochen blühen, ganz unabhängig von der Jahreszeit –, bevor ich schließlich am Brunnen und der kleinen Steinbank vorübergehe und zu guter Letzt an Kachinas Stall haltmache.
Als ich meinen Adoptivkater schlafend in der Ecke liegen sehe, schleiche ich mich extra leise näher heran. Doch sowie er meine Anwesenheit spürt, schnellt sein Kopf in die Höhe, er spitzt die Ohren, dann springt er auf die Füße und schießt davon – hüpft über den nächstgelegenen Zaun und verschwindet im Garten der Nachbarn.
»Offenbar hasst Kater mich noch immer.« Ich liebkose Kachinas Nüstern, fahre ihr mit der Hand über die akkurat gestreifte braun-weiße Mähne, während sie zur Begrüßung leise wiehert. »Meinst du, du könntest ein gutes Wort für mich einlegen ? Ihn daran erinnern, dass ich diejenige bin, die ihn füttert – dass ich es bin, die ihn gerettet hat ?«
Kachina reibt ihre Nase an meiner Seite und drängt mich in Richtung Stalltür – ein sicheres Zeichen dafür, dass sie will, dass ich sie losbinde und mit ihr ausreite. Und auch wenn mir die Idee ebenso gut gefällt wie ihr, fallen mir zwangsläufig all die anderen Dinge ein, die ich stattdessen tun müsste.
Wie zum Beispiel zur Schule zurückkehren, damit meine Verspätung nicht in ein Schwänzen ausartet.
Oder, weit wichtiger noch, in die Unterwelt zurückkehren, damit ich einen Vorsprung auf der Jagd nach den Richters bekomme.
Doch bevor ich mich für das eine oder das andere entscheiden kann, trifft eine SMS von Dace ein:
Hab dich in der Pause vermisst – alles okay ?
Ich zögere. Hin- und hergerissen zwischen dem Verlangen, ihn zu sehen, und dem Wissen, dass er, wenn ich ihm auch nur den leisesten Hinweis darauf liefere, dass ich die Jagd fortzusetzen gedenke, nicht nur die Schule, sondern auch noch die Arbeit schwänzen wird, um mir zu helfen. Und das kann ich nicht zulassen. Wenn er sich die Aussicht darauf bewahren will, aufs College zu gehen, dann muss er sowohl einen guten Abschluss schaffen als auch ein regelmäßiges Einkommen haben.
Und so tippe ich meine Antwort ein:
Keine Sorge. Alles bestens. Ich bin bei Paloma. Kommst du heute Abend nach der Arbeit vorbei ?
Ich kaue auf meiner Unterlippe herum und warte auf seine Antwort. Ich habe wegen der Lüge ein schlechtes Gewissen – einer Notlüge, aber trotzdem einer Lüge –, während ich mir selbst einrede, dass es nicht anders ging.
Sowie er antwortet und mir versichert, dass er später kommt, zäume ich Kachina auf, steige auf ihren Rücken und lenke sie aus dem Stall. Dann dirigiere ich sie auf den zerfurchten Feldweg und habe nur noch ein Ziel vor Augen.
Fünf
P a loma hat m ir einmal erzählt, dass es in Enchantment viele Pforten gebe. Sie meinte, es existiere eine Reihe von Portalen, die Zugang zu den Anderwelten gewähren, und dass ich eines Tages lernen würde, sie alle zu unterscheiden.
Doch trotz ihrer Behauptungen habe ich bisher nur drei gefunden. Eines in der Höhle, wo ich meine Visionssuche durchlitten
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