Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
habe, eines in dem Reservat, wo Dace aufgewachsen ist, und eines auf der untersten Ebene des Rabbit Hole.
Da das Portal im Rabbit Hole nicht nur auf Feindesland liegt, sondern auch von Dämonen gut bewacht wird und die Höhle meilenweit entfernt liegt, dirigiere ich Kachina stattdessen in Richtung Reservat. Ich bekomme nicht oft Gelegenheit, die Schule zu schwänzen, also nutze ich diese lieber effektiv und wähle das nächstgelegene Portal.
Wir reiten mehrere Feldwege entlang, wobei Kachina eine langsame, gleichmäßige Gangart vorlegt, bis wir eine weite Graslandschaft erreichen. Ich beuge mich zu ihrem Hals hinab und lasse ihr freien Lauf. Ich genieße das Gefühl, wie sie unter mir dahingaloppiert, während mir der Wind hart gegen die Wangen peitscht, und wünschte, ich könnte mich immer so leicht und frei und so unbeschwert fühlen.
Als wir auf Indianerland kommen, verlangsamt Kachina ihren Schritt. Sie bahnt sich den Weg zu einem Wäldchen aus verkrümmten Wacholderbäumen, deren Äste durch den ständigen Energiewirbel, der den Eingang in unsichtbare Welten markiert, grotesk verdreht sind. Suchend blicke ich mich nach Spuren von den Stammesältesten, Leftfoot oder Chay, um, die ich beide nicht ungern sähe – und von Chepi, der ich lieber aus dem Weg gehen würde. Doch im Reservat herrscht heute völlige Ruhe, und so gleite ich von Kachinas Rücken und streiche ihr über die Stirn. »Du musst nicht warten«, sage ich. »Entweder rufe ich dich, wenn ich dich brauche, oder ich komme irgendwie allein zurück.« Sie schnaubt und bläht die Nüstern, während sie mich zweifelnd ansieht. Das veranlasst mich, ihr leicht den Rumpf zu tätscheln und meine Anweisungen zu wiederholen. »Glaub mir«, versichere ich ihr. »Du willst nicht mitkommen. Die Reise wird unangenehm. Verzieh dich !«
Sie wiehert zur Antwort und trottet rasch davon, während ich mich aufmerksam umblicke, um mich zu vergewissern, dass niemand zusieht. Und dann trete ich zwischen die Bäume und gleite tief in die Erde.
Ich rase durchs Erdreich. Reise durch das Herz der Erde, die Handflächen fest aufs Gesicht gepresst, um mich vor hervorstehenden Baumwurzeln, Würmern und all den anderen glitschigen, schleimigen Dingen zu schützen, die im Finstern lauern. Im Gegensatz zu meinen ersten Reisen in die Unterwelt kämpfe ich nicht mehr dagegen an, da ich mittlerweile begriffen habe, dass ich umso schneller an mein Ziel komme, je weniger Widerstand ich leiste.
Sowie ich den Tunnel hinter mir habe, komme ich schlitternd zum Stehen und senke langsam die Hände, während ich versuche, mich an das Licht zu gewöhnen. Es erstaunt mich nicht im Geringsten, dass ich an einem breiten, weißen Sandstrand gelandet bin – er wird mehr und mehr zu einem meiner verlässlichsten Landeplätze – und dass Rabe nicht bereits da ist und auf mich wartet. Offenbar hatte Paloma recht, als sie sagte, dass er nicht mehr für mich arbeite. Doch die Frage bleibt: Arbeitet er jetzt gegen mich ?
Ich wische mir die Erde von den Kleidern und gehe in Richtung Wasser. Dort halte ich Ausschau nach springenden Delfinen, prustenden Walen und all den anderen Tieren, an deren Anblick ich gewöhnt bin. Doch obwohl das Meer so ruhig und einladend wie immer aussieht – zumindest aus der Ferne –, ist keine Spur von Aktivität zu erkennen, keinerlei Anzeichen von Leben. Selbst die üblichen Schwärme von kleinen, silbernen Fischen sind nirgends zu sehen. Das Wasser ist dunkler und trüber als sonst, und als ich einen Finger hineintauche, ist er hinterher vom Fettfilm eines dunklen, schlierigen Schleims bedeckt.
Ich wische den Glibber an meinen Jeans ab und sehe entsetzt zu, wie der Finger schlagartig anschwillt und eine grellrote Färbung annimmt. Das Wasser ist also verschmutzt – und zwar extrem. Womit kein Zweifel mehr daran besteht, dass die gleiche Verschmutzung auch verantwortlich für den Tod der Fische ist, die wir in der heißen Quelle vorgefunden haben, und dass dies Cade Richters Werk ist.
Ich muss mich nur einmal schnell umsehen, schon fühle ich mich klein, machtlos und für die anstehende Aufgabe so mangelhaft gerüstet, dass ich meine Chancen selbst gering einschätze.
Ohne Rabes Führung, ohne Dace an meiner Seite habe ich keine Ahnung, wo ich anfangen soll. Die Unterwelt ist ein riesiges Reich mit vielen Dimensionen und ohne greifbare Begrenzung. Es ist wie die Suche nach einer Nadel im Heuhaufen.
Ich greife nach meinem Wildlederbeutelchen und umschließe es
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