Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
mich in Richtung meines Zimmers. »Nein, du musst unbedingt dableiben.« Doch ich schaffe es nicht einmal in den Flur, ehe Paloma meinen Finger registriert und mich am Ärmel zurückzieht.
» Nieta , woher hast du das ?« Sie inspiziert die Wunde, die noch vor ein paar Stunden kaum zu erkennen war, aber jetzt, nach einem Ausflug in eine extrem verseuchte Unterwelt flammend rot geschwollen ist und schauderhaft aussieht. Sie nimmt mich am Ellbogen und führt mich die Rampe zu ihrem Arbeitszimmer hinauf, wo sie mich an dem viereckigen Holztisch neben Xotichl auf einen Stuhl drückt und sich an der Arbeitsfläche mit ihren Tinkturen und Kräutern zu schaffen macht.
Ich beäuge Xotichls langärmeliges, schwarzes T-Shirt, auf dem in einem silbernen Flammenkranz das Wort »Epitaph« prangt, der Name von Audens Band, und ihre engen Jeans, die in dunklen Wildlederstiefeln stecken. Das Haar trägt sie zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden, der ihre fein gemeißelten Züge bestens zur Geltung bringt. Erneut bin ich verblüfft von ihrem hübschen Aussehen. Ihre sanften, blaugrauen Augen blicken starr nach vorn, während sie mich an der Schulter fasst. »Ich habe deinen Kummer gespürt, sowie du das Haus betreten hast. Es tut mir so leid, dass dir etwas Schlimmes passiert ist. Wenn du Hilfe brauchst, sag einfach Bescheid.«
Ich lächele matt. So wenig bin ich daran gewöhnt, Freunde zu haben, Menschen, denen ich vertrauen kann, Menschen, die bereit sind, mir zu helfen, dass ich gar nicht weiß, wie ich reagieren soll. Und so murmele ich nur ein rasches Dankeschön und bleibe schweigend neben ihr sitzen. Ich kreuze die Füße unterm Stuhl, während Paloma in ihrem Mörser eine Handvoll sorgfältig ausgewählter Kräuter zerkleinert. Leise summt sie dabei einen ihrer Heilgesänge, während sie die Mischung zu einer dicken, grünen Paste verrührt und auf meinen Finger aufträgt. Dann wickelt sie einen Streifen Verbandmull darüber und weist mich an, ihn ruhig zu halten, bis sie mir neue Anweisungen gibt.
Ich warte, bis sie sich zu uns an den Tisch setzt, ehe ich meine Frage stelle. »Also, woher weißt du es ? Oder besser noch, was weißt du ?«
Paloma hält lange genug inne, um sich die Finger an ihrem Becher zu wärmen. »Ich fürchte, das ist alles Teil der Prophezeiung«, sagt sie. »Ich habe es im Kodex gelesen.«
Ich ziehe scharf den Atem ein. Nur nebenbei registriere ich, wie sich Xotichl neben mir regt und mir eine Hand auf den Arm legt, ein willkommener Trost, den ich nicht erwartet habe.
»Bitte, nieta , du musst wissen, dass eine Prophezeiung eine heikle Sache ist. Es ist nie so schwarz-weiß, wie es scheint. Die Formulierungen sind oft verwirrend und verklausuliert, sodass mehr als nur eine Interpretation möglich ist. Erst als ich dich und Dace zusammen gesehen habe – den Energiefluss erkannt habe, der euch verbindet, begann ich Verdacht zu schöpfen. Und dann, nach ein paar Nachforschungen, habe ich herausgefunden, dass ihr beide am selben Tag geboren seid. Hast du das gewusst ?«
Verdrossen schüttele ich den Kopf. »Offenbar habe ich vergessen, mir seinen Ausweis zeigen zu lassen.«
Meine bissige Bemerkung veranlasst Xotichl, mir beruhigend den Arm zu tätscheln, und Paloma, mir einen Blick zuzuwerfen, der mir sagt, dass sie zwar Verständnis für meine miese Laune hat, mir aber meine Frage nicht beantworten wird, bevor ich mich nicht wieder im Griff habe.
»Also, und was heißt das nun ?«, frage ich und bemühe mich nach Kräften, meinen Ton zu mäßigen. »Worauf willst du hinaus ?«
»Obwohl die Prophezeiung auf den Echo-Effekt anspielt, ist dessen Definition nicht restlos geklärt. Ich habe sie so verstanden, dass die Zwillinge miteinander verbunden sind – und zwar eng.« Sie sieht mich nach Bestätigung heischend an, und als ich dem nachkomme, spricht sie weiter. »Aber ich muss dich warnen, nieta , die Prophezeiung besagt auch, dass einer von euch sterben wird.«
Xotichl schnappt nach Luft und packt mich so fest am Arm, dass ich aus meinem verständnislosen Zustand gerissen werde. Ich lehne mich zurück, lasse mir die Worte ausgiebig im Kopf herumgehen, ehe ich tief Luft hole und mich dazu äußere. »Gut. Dann stirbt Cade. Ich werde Cade töten. Dann ist alles vorüber und wir können weiterleben. Ich bezweifle, dass ihn irgendjemand außer Leandro vermissen wird. Und ich bezweifle ernsthaft, dass es Dace etwas ausmacht, da sie sich nicht gerade nahestehen.« Ich sehe Paloma mit festem
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