Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
Jauchegrube verkommenen verzauberten Quelle mit Blicken fixierten. Wie ich spürte, dass er an meiner Seele zerrte – mir die Energie abzapfte. Der Gedanke lässt mich erschauern.
»Aber Cade verwandelt sich nur in die körperliche Manifestation des wahren Wesens seiner Seele.« Als sie meine Verwirrung bemerkt, holt sie weiter aus. »Seine Seele ist dunkel – wenn er sich verwandelt, zeigt er lediglich das, was im Inneren lauert.«
»Als würde er sich selbst nach außen kehren !« Xotichl grinst und begreift sofort, was ich noch nicht ganz verdaut habe.
»Heißt das dann etwa, dass sich Dace in einen Regenbogen oder einen Engel oder einen strahlend weißen, geflügelten Hengst verwandeln kann ?«, frage ich und bedauere die Worte bereits in dem Moment, als Xotichl zusammenzuckt und Paloma mir einen bezeichnenden Blick zuwirft.
»Ich zweifele nicht daran, dass Dace die Fähigkeit besitzt, sich in etwas sehr Mächtiges und Gutes zu verwandeln. Aber ich weiß nicht genau, ob er das schon erkannt hat«, sagt Paloma.
Ich seufze ergeben und weiß, dass die beiden recht haben. Dace ist gut. Cade ist böse. Und doch sind sie beide Menschen. Was heißt, dass ich einen anderen Weg finden muss, um Cade aufzuhalten. Momentan habe ich allerdings keine Ahnung, wie ich das anfangen soll.
»Es sind immer noch zwei gegen einen«, erkläre ich in der Hoffnung, in dem Gedanken Trost zu finden. Die beiden sehen mich verständnislos an. »Damit meine ich, dass ich überwiegend gut bin«, fahre ich fort. »Dace ist ganz und gar gut. Und da wir ineinander verliebt sind und die Liebe immer siegt – da das Licht stets das Dunkel bezwingt –, sind wir doch auf dem besten Weg zum Sieg, oder ?« Ich sehe die beiden abwechselnd an, nur um zu verfolgen, wie Paloma sich abrupt vom Tisch erhebt und zu einem abgeschlossenen Schrank geht, dem ich bisher so gut wie keine Beachtung geschenkt habe.
Sie zieht einen alten, ledergebundenen Folianten heraus, lässt ihn vor uns auf den Tisch plumpsen und sagt: »Warum befragen wir nicht den Kodex ?«
Zehn
X o tichl und ich rücken näher heran und sitzen Ellbogen an Ellbogen da, während wir uns über den Folianten beugen. Seine pergamentenen Seiten aus dünner Rinderhaut weisen, obwohl sich das Buch über die Jahre hinweg gut erhalten hat, an den Rändern Zeichen von Alterung und Abnutzung auf, denn sie werden allmählich brüchig und wellen sich.
»Er ist illustriert !« Xotichl wendet sich zu Paloma, um es sich bestätigen zu lassen.
»Allerdings.« Paloma nickt. »Valentina war sowohl als Wahrsagerin als auch als Illustratorin überaus begabt.« Sie spricht von einer der allerersten Suchenden im Stammbaum der Familie Santos, die mir bei meiner Visionssuche erschienen ist – ebenso wie mein Vater Django, Alejandro, der Großvater, den ich nie kennengelernt habe, und eine ganze Reihe weiterer Santos-Vorfahren, im Verein mit ihren Geisttieren.
Ich beäuge den in komplizierter Schnörkelschrift verfassten Text, der mir auf den ersten Blick wie ein wirres Chaos aus Symbolen und Zahlen erscheint, verknüpft mit Wörtern, die derart archaisch und kryptisch sind, dass sie unmöglich zu entziffern sind.
»Das ist unlesbar.« Mit frustrierter Miene sehe ich Paloma an.
»So scheint es wohl.« Ihre Augen funkeln.
Xotichls Hände schweben über den Seiten, während sie konzentriert den Mund verzieht und einen Moment lang nachdenkt. »Es hat eine sehr reine Energie. Es spricht nur die Wahrheit.« Sie legt die Hände auf den Schoß und lehnt sich zurück. »Aber das hatte einen hohen Preis. Ein Opfer war nötig.«
Paloma streckt die Hand nach Xotichl aus, während ihre Augen vor Stolz leuchten. »Du machst solche Fortschritte !«, ruft sie aus und zaust Xotichl das Haar, bis diese ihre Hand festhält.
»Schon, aber es gibt noch so viel zu lernen.« Xotichl grinst.
Ich mustere die beiden zusammen – die Lehrerin und die Schülerin. Und doch sind sie so viel mehr als das. Sie sind Familie. Meine Familie. Die Erkenntnis erfüllt mich mit einer unerwarteten Wärme. Nachdem Dace beschlossen hat, mir aus dem Weg zu gehen, um mich zu schützen, ist es gut zu wissen, dass ich die Sache nicht allein durchstehen muss.
»Valentina war das Opfer«, erzählt Paloma. »Sie hat enorme Qualen durchgestanden, um dieses Wissen anzusammeln, doch sie hat es freiwillig getan. Als eine der Ersten, die sich den Richters gestellt hat, wusste sie, dass der Kampf weitergehen würde – dass ihr Kind kaum eine andere
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