Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
Mädchen, die, obwohl ich das nicht begreifen kann, allen Ernstes in meiner Gegenwart über deinen plötzlich ausgebrochenen Sexappeal diskutiert haben – jetzt hast du die Qual der Wahl. Ich kann das nicht nachvollziehen. Für meinen Geschmack siehst du Cade viel zu ähnlich.«
»Ähm, ja, weil sie nämlich identisch sind«, sagt Jacy, woraufhin Lita eine finstere Miene zieht und ihr Crickett einen missbilligenden Blick zuwirft.
»Also, worauf ich eigentlich hinauswill – werd bloß nicht zu eingebildet, nur weil du einen kleinen Aufstieg auf der Attraktivitätsskala hingelegt hast. Sei nicht blöd. Sei nicht wie dein Zwilling. Behandele Daire korrekt, sonst kriegst du es mit mir zu tun. Comprehendu ?«
Ich beiße die Zähne zusammen. Comprehendu ? In Lita Winslows ganz besonderer Welt geht das vermutlich als Spanisch durch. Ich blicke mich am Tisch um. Registriere, wer alles da ist. Bemerke eine Gruppe Jungen, mit denen mich nichts verbindet und die eindeutig auch nichts mit mir zu tun haben wollen – und eine Gruppe Mädchen, die kein Problem damit haben, mich über den glühend heißen Kohlen baumeln zu lassen, die sie unentwegt anheizen.
Ich war besser dran, als ich meinen Lunch im Korridor verzehrt habe.
Ich konzentriere mich auf mein Essen und verweigere eine Antwort. Das hier ist lächerlich. Und trotz meiner angeblich so guten und reinen Seele werde ich allmählich ärgerlich.
Das Problem bei Mädchen ist allerdings, dass trotziges Schweigen nicht funktioniert. Sie sind zu redselig dafür. Und sie wollen, dass ich ebenfalls redselig bin.
»Wie du meinst«, entgegne ich, da ich weiß, dass ich etwas sagen muss, wenn auch nur, um den Disput zu beenden. »Phyre ist Geschichte. Ganz egal, was zwischen Daire und mir auch geschieht, wir sind fest zusammen. Mein Herz schlägt für sie und nur für sie.«
»Fest zusammen, was ?« Lita blinzelt und glaubt mir offenbar kein Wort. »Dann sorg dafür, dass du sie heute Abend zu meiner Weihnachtswichtel-Party ins Rabbit Hole schaffst, okay ? Es ist mir egal, ob du sie an den Haaren dorthin zerren musst wie der Neandertaler, für den ich dich halte. Ich will sie dabeihaben, Whitefeather. Ich will alle dabeihaben. Ich habe mir ein Bein rausgerissen, damit dies meine bisher beste Party wird. Und ich muss dich vermutlich nicht daran erinnern, dass du von Glück sagen kannst, eingeladen zu sein. Also lass mich meine Großzügigkeit nicht bereuen, okay ?«
Sie wirft mir einen letzten warnenden Blick zu, ehe sie sich Jacy und Crickett zuwendet und von ihnen wissen will, ob sie die Strähnchen den Winter über rausmachen soll: nein. Und ob sie ihr Madonna-Piercing behalten oder das Loch wieder zuwachsen lassen soll: Sie finden, sie soll es behalten.
Das Läuten der Schulglocke, das endlich ertönt, hat in meinen Ohren noch nie so herrlich geklungen. Ich stehe vom Tisch auf, erpicht darauf, mich so schnell wie möglich zu verziehen und nie mehr zurückzukehren, als mich Xotichl am Arm packt. »Ich muss mit dir reden«, sagt sie.
Ich schließe die Augen und unterdrücke ein Stöhnen. Ich weiß nicht, wie viel Beschwatzen ich noch verkrafte. Diese Mädchen sind verrückt.
»Entspann dich«, sagt sie, als sie meine Stimmung spürt. »Dieses Thema überlasse ich Lita; sie kann es sowieso viel besser als ich. Ich habe nur gemeint, dass wir über die Prophezeiung sprechen müssen.«
»Du weißt darüber Bescheid ?« Ich mustere sie aufmerksam.
»Hast du sie gelesen ?«
Ich zögere und weiß nicht recht, wie ich antworten soll. Also bleibe ich etwas im Vagen. »Sie ist mir ein- oder zweimal untergekommen. Trotzdem muss ich alles wissen, was du mir sagen kannst. Möglichst genau. Wort für Wort. Lass nichts aus.«
»Warte einfach nach der Schule auf mich und fahr mich nach Hause. Dann erzähl ich dir alles«, erwidert sie, während ihre graublauen Augen in die Ferne schweifen. Doch das heißt nicht, dass sie mich nicht sieht .
Ich seufze und raufe mir das Haar, weil ich nicht warten will, aber da ich keine andere Wahl habe, stimme ich zu.
Sowie ich mich aus der Stunde für Freies Lernen abgeseilt habe, sehe ich, dass Xotichl schon im Korridor auf mich wartet.
»Ich hab ziemlich weit weg geparkt«, sage ich, als sie zu mir aufschließt. Ihr Blindenstock mit der roten Spitze wippt beim Gehen vor ihr auf und ab.
»Gut.« Sie grinst auf eine Art, die ihr Gesicht aufleuchten lässt. »Dann hast du ja jede Menge Zeit, um mir deine Sicht der Ereignisse zu schildern.
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