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Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling

Titel: Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frei
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ich zwei ältere Frauen einander beschimpfen. Wenn ich mich nicht täuschte, hatten sie Krak (also die hiesige Art Poker) gespielt und versucht zu schummeln. Sie waren so in ihr Gezänk vertieft, dass sie meine Schritte nicht gehört hatten.
    »Sir Max soll dich bespucken!«, rief eine der beiden zornig.
    Nicht schlecht! Ich setzte mich auf den Gehsteig und presste die Hände an den Kopf. So verbrachte ich etwa zehn Minuten und wiederholte Juffins Worte wie ein Mantra: »Beruhige dich erst mal und versuch, dich mit der Situation abzufinden.«
    Dann stand ich auf und ging nach Hause. Was hätte ich auch sonst tun sollen?

Der Fremdling
    K aum glaubt man, im Einklang mit sich und seiner Umgebung zu sein, beginnen die besten Freunde, alles zu tun, um einem diese süße Illusion zu rauben. So erging es auch mir.
    Nach ein paar Tagen seligen Müßiggangs, den ich nur ab und an durch ein paar rasche Bahnen im Pool unterbrochen hatte, kehrte ich ins Haus an der Brücke zurück. In meinen prächtigen Todesmantel gehüllt, ging ich durchs Treppenhaus und freute mich schon darauf, die Kollegen zu treffen. Und ich muss sagen: Sie haben meine Erwartungen nicht enttäuscht.
    Im Eingang zum zweiten Stock unserer Gebäudehälfte stieß ich mit Sir Melifaro zusammen. Dass er in der Eile mein Bein rempelte und mich mit dem Ellbogen in die Seite stieß, war nicht weiter schlimm. Leider aber musste er aus diesem zufälligen Zusammenstoß gleich eine Show machen: Er prallte von mir ab wie ein Tennisball, und während seine agile Mimik auf Hyperventilation zu deuten schien, fiel er auf alle viere und fing an, mit dem Kopf auf die Türschwelle zu schlagen. Als wäre selbst das noch zu wenig, begann er obendrein, laut zu schreien.
    »Verzeiht mir, fürchterlicher Sir Max, der Ihr den Tod aus dem Rachen rotzt! Verschont mich mit Eurer versehrenden Spucke, die im Überfluss auf Eure unglücklichen Feinde niedergeht! Einen derart erbärmlichen Tod habe ich nicht verdient!«
    Natürlich kamen auf Melifaros Geschrei hin viele Polizisten gelaufen und schienen überzeugt, es würde jemand umgebracht. Sie musterten meinen sich vehement in Szene setzenden Kollegen offen, warfen mir hingegen nur verstohlene Seitenblicke zu, als fürchteten sie, ich könnte sie bespucken. Aus unserer Hälfte des Hauses an der Brücke sah - wie hätte es anders sein können? - lediglich das versteinerte Gesicht von Sir Lonely- Lokley heraus. Nachdem er die Situation auf den ersten Blick erfasst hatte, seufzte er nur knapp und machte die Tür wieder zu. Aus der anderen Hälfte des Hauses hingegen strömten immer mehr neugierige Polizisten heran.
    Nachdem Melifaro die allgemeine Aufmerksamkeit lange genug genossen hatte, sprang er auf und stellte sich neben mich.
    »Habt Ihr mir schon verziehen, oder habe ich mich noch nicht genug um Gnade bemüht?«
    »Ihre Bemühungen waren leider ungenügend«, entgegnete ich und versuchte, mich zu beherrschen. »In solchen Fällen muss man mindestens eine Stunde um Verzeihung bitten - und zwar auf dem belebtesten Platz der Stadt. Also, mein armer Freund: Gehen Sie zum Siegesplatz Gurigs VII. und tun Sie dort Buße - dann wird Ihnen Ihre Strafe erlassen.«
    Mit diesen Worten verschwand ich in unsere Abteilung und knallte die Tür so fest hinter mir zu, dass die Klinke nur noch an einer Schraube hing. Immerhin beruhigte ich mich langsam wieder.
    »Was ist mit dir los, Max?«, fragte Melifaro mich sofort per Stummer Rede. »Bist du etwa sauer? Ich hab doch nur Spaß gemacht!«
    »Spaß? Den hatte nur der von beiden, um den sich die Stadtpolizei versammelt hat«, murmelte ich.
    »Seit wann hast du keinen Humor mehr, Max? Na gut - wenn du sauer bist, muss ich dafür büßen. Ich lade dich ins Fressfass ein und spendier dir was zur Beruhigung deiner Nerven.«
    Dass Melifaro versuchte, sich bei mir einzuschmeicheln, indem er mein Lieblingslokal ins Spiel brachte, ließ mich erst richtig zornig werden.
    »Was wäre, wenn ich Melifaro tatsächlich umbringen würde, Sir Schürf?«
    Anscheinend dachte Lonely-Lokley, ich hätte tatsächlich vor, meinen Freund zu töten. Jedenfalls gab er mir einen juristischen Rat: »Dafür würde Ihnen lebenslängliche Haft in Cholomi drohen - schließlich seid ihr beide im Staatsdienst. In so einem Fall hängt alles von den Begleitumständen ab. Mit anderen Worten: Wenn Sie, Max, nachweisen könnten, dass Sir Melifaro ein schweres Verbrechen begangen hat, kämen für Sie mildernde Umstände in Betracht. Aber

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