Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling
Erde lebte, hab ich an mir keine besonderen Eigenschaften festgestellt. Ich war ein Mensch wie alle anderen. Zwar hatte ich merkwürdige Träume, aber das war meine ganz persönliche Angelegenheit. Vielleicht träumten auch andere so seltsame Dinge, doch sie schwiegen darüber. Und dann kam ich hierher, wo jeder Tag etwas Neues bringt. Vielleicht wollen Sie mich bloß sezieren, um zu sehen, wie ich funktioniere.«
»Ausgezeichneter Gedanke, Max. Du bist wirklich nicht dumm! Leicht ist dir nicht beizukommen. Kannst du dich erinnern, was mit dir im Alten Dorn passiert ist?«
»Dort, wo ein großer, lustiger und rothaariger Junge als Wirt arbeitet? Wie heißt er eigentlich? Ach ja - Tschemparkaroke«, sagte ich und lächelte verlegen.
Es war kein Ereignis, an das ich mich gern erinnerte. Juffin hatte mich immer mit in den Alten Dorn genommen - damals, als ich noch in der Probezeit war. Er hatte entschieden, dass ich unbedingt die Rekreationssuppe probieren sollte, die alle Bewohner des Vereinigten Königreichs in den höchsten Tönen preisen.
Nach meiner Einschätzung hat die Suppe eine leicht narkotisierende Wirkung, die allerdings unschädlich und angenehm ist. Daher naschen oft ganze Familien davon. Und daher stürzte auch ich mich ohne Angst in psychedelische Abenteuer, obwohl ich mein Leben lang vor Drogen und Drogensüchtigen Angst gehabt habe. Meine einzige Erfahrung in diesem Bereich, die ich natürlich in einer der höheren Klassen des Gymnasiums gemacht hatte, erwies sich als so misslungen, dass ich - was Drogen anlangt - beinahe eine Phobie habe.
Die Rekreationssuppe hatte mich schwer in die Klemme gebracht. Mein Fremdsein, das mir mitunter nicht mehr bewusst war, meldete sich mit voller Wucht in genau dem Moment zurück, da ich mit der ersten Portion fertig geworden war. Der arme Juffin hatte also in Gesellschaft eines Mannes zu sitzen, der seiner Sinne nicht mehr recht mächtig war und gedankenlos über seinen Tellerrand kicherte. Aber auch für mich war es keine besonders angenehme Erfahrung, da ich unter Halluzinationen litt und Probleme mit der Koordinierung meiner Bewegungen hatte. Die übrigen Gäste des Alten Doms waren vermutlich über mein Benehmen schockiert.
Diesem Ereignis folgten Entzugserscheinungen, die mich geschlagene vierundzwanzig Stunden lang aufs Heftigste quälten. Selbst Sir Juffin, der ein ausgesprochen qualifizierter Mediziner ist, konnte mir nicht beistehen, weil er - trotz seines Talents als Heiler - schlicht machtlos war. Also hatte ich die ganze Zeit leiden müssen.
Als ich wieder bei Sinnen war, schwor ich mir, um den Alten Dorn künftig einen möglichst großen Bogen zu machen. Juffin hieß diese Entscheidung gut und sah seither davon ab, in meiner Gesellschaft Rekreationssuppe zu essen, denn er wollte mich nicht verführen.
»Sagen Sie bloß niemandem, dass man mich mit dieser Suppe fertigmachen kann. Vielleicht gießt mir sonst jemand etwas davon in meine Kamra, um zu schauen, was mit mir passiert.«
»Was redest du denn da, Max? Das wäre ja ein Giftmordversuch an einem hohen Beamten! Nach unseren Maßstäben ist das ein Kapitalverbrechen. Aber wie dem auch sei - ich fahre jetzt nach Hause. Und du versuchst, Lady Melamori morgen besser zu behandeln. Es geht ihr in letzter Zeit nicht besonders gut. Ich glaube, in den nächsten Tagen kann sie nicht richtig arbeiten. In ihrem Beruf ist Selbstvertrauen das Lebenselixier, und jede Beschädigung ihres Egos bedeutet für sie die Gefahr, ihr Talent einzubüßen.«
»Wollen Sie mich beschwichtigen, Juffin? Natürlich werde ich nett zu ihr sein. Und zwar nicht, weil ... Aber egal. Sie werden sehen: Alles kommt wieder in Ordnung. Hätte ich gewusst, dass sie mit mir Experimente gemacht hat, hätte ich mich gleich bei ihr darüber beschwert, dass meine Stimmung so schlecht war.«
»Kopf hoch, Max! Denk an die vielen angenehmen Dinge, die uns die Welt zu bieten hat. Das ist deine Aufgabe. Bis morgen!«
Mit diesen Worten eilte Sir Juffin auf die Straße, wo ihn sein treuer Diener Kimpa erwartete.
Mein Chef hatte recht: In dieser Welt gab es wirklich viele angenehme Dinge, und ich sollte wohl tatsächlich die klugen Ratschläge von Sir Juffin Halli berücksichtigen, meine Kräfte sammeln, mich aufraffen und ein neues Leben beginnen. Zum Beispiel durch einen Besuch im Stadtteil Rendezvous, wie das viele allein lebende Ladys und Gentlemen tun - und von denen gibt es in Echo jede Menge! Im Vereinigten Königreich werden Ehen -
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