Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling
um Zwerge handelt, bringe ich zusammen - aber sind es Weiße oder Schwarze Zwerge? Keine Ahnung! Unser Zwerg jedenfalls war weiß: eine winzig kleine menschliche Gestalt, die von innen durchsichtig leuchtete wie die Hände von Lonely-Lokley, die sich ihm nun näherten.
»Sie haben sich geirrt, Sir Max«, bemerkte mein Partner hastig. »Wasser schadet ihm nicht.«
»Ich soll mich geirrt haben?! Wie sind Sie denn auf die Idee gekommen, dass wir Wasser brauchen?«
»Sie haben doch selbst befohlen, ihn nass zu machen!«
»Sündige Magister! Schürf - nass machen heißt töten! Und je schneller, desto besser!«
Ich verkniff mir weitere Bemerkungen. Mir war nicht nach Gesprächen. Das kleine, glänzende Wesen stand direkt vor mir in der Luft und murmelte mir etwas zu. Ich überlegte seltsam unbeteiligt, ob es mich verfluchte. Zum Widerstand hatte ich einfach keine Kraft mehr.
Strahlendes Sonnenlicht blendete mich. Ich stand unter einem Baum mit mächtiger Krone, und ein unordentlich angezogenes Mädchen, das so kurze Beine hatte wie Sir Annoch, reichte mir eine Aprikose. »Hier - nehmen Sie eine Erfrischung!- Ich weiß nicht, warum ich das Obst annahm und hineinbiss. Es war verdorben. Eine winzige weiße Made sprang mir in den Mund und verbiss sich in meinem Rachen. Ich spürte ihre scharfen Zähne in der Schleimhaut. Das Gift verbreitete sich in meinem Körper und erfüllte mich mit einer widerlichen Schwäche. Eigentlich hätte ich vor Schmerz und Ekel sterben müssen, doch mich erfüllte nur blinder Hass, und ich schrie so laut, dass ein Sturm aufkam und der Baum seine Blätter verlor. Das hellblonde Mädchen kroch mit vor Angst verzerrtem Gesicht übers Gras und zischelte dabei wie eine Viper. Schließlich spuckte ich die giftige Made vor die Füße von Lonely-Lokley, obwohl der sich gar nicht im Obstgarten befand. Dann verlosch das strahlend helle Sonnenlicht.
Was mich an unserem Schnitter des Lebensfadens so begeistert, ist seine unfassbare Unerschütterlichkeit. Als ich noch durch meinen Alptraum irrte, hatte Schürf seine Aufgabe schon erledigt und seine tödliche Linke, mit der sowieso alles hätte beginnen müssen und die ihm eigentlich nie Probleme bereitete, doch noch in Aktion versetzt. Egal ob er sie gegen einen Menschen, ein Gespenst oder was auch sonst erhob: Der Tod kam rasch und war nicht rückgängig zu machen.
Danach zog dieser tolle Hecht die Schutzhandschuhe an und flößte mir, geschickt wie eine Krankenschwester, die Reste meines Kachar-Balsams ein.
»Das ist in solchen Fällen sehr wirksam, Sir Max. Also trinken Sie. Tut mir leid, aber ich hatte Ihren Befehl missverstanden. Bei uns in Echo hat Nassmachen keine doppelte Bedeutung. Deshalb hatte ich gedacht, Sie wollten eine neue Tötungsart erproben. Der kleine Wolkenbruch hat mich viel Mühe gekostet - auch wenn ich natürlich, was Zaubertricks anlangt, bei Sir Juffin eine Spezialausbildung gemacht habe. Aber Sie wissen ja, wie schwer das Zaubern gerade hier in Cholomi ist.«
Der Kachar-Balsam brachte mich nicht nur wieder zur Besinnung, sondern hob auch meine Laune spürbar - ein deutliches Zeichen der Besserung.
»Mit Wasser töten? Sündige Magister! Geht das denn überhaupt? Und warum eigentlich mit Wasser? Man hätte das Gespenst doch nur anpinkeln müssen! Schon das wäre tödlich gewesen - da bin ich mir sicher! Loki, haben Sie mal versucht, einen Geist anzupinkeln?«
»Sir Max!«, entgegnete mein Retter vorwurfsvoll. »Ich heiße nicht Loki, sondern Lonely-Lokley! Bisher haben Sie es doch immer geschafft, meinen Namen fehlerfrei auszusprechen. Ich hoffe sehr, dass Ihnen diese Fähigkeit nicht dauerhaft abhandengekommen ist.«
Der Arme hielt mich gewiss für einen ebenso hoffnungslosen Fall wie Melifaro. Um die Situation zu retten, griff ich zu einer Notlüge: »Das war eigentlich kein Fehler, Sir Schürf. Ich habe nur einen Gott erwähnt, dessen Name dem Ihren sehr ähnlich ist. Seien Sie also bitte nicht sauer, mein Freund.«
»Von einem Gott namens Loki hab ich noch nie gehört«, gab Lonely-Lokley erstaunt zurück. »Verehren Ihre Landsleute den etwa?«
»Manche schon«, antwortete ich und verzog dabei keine Miene. »Bei uns in den Leeren Ländern herrscht, wie Sie ja wissen, Vielgötterei. Jeder glaubt, an wen es ihm passt. Und weil jeder Zweite ein Nomade ist, ist er auch sein eigener Opferpriester. Viele glauben - so wie ich - an gar nichts, interessieren sich dafür aber ein wenig für alles.«
»Ist das etwa
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