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Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling

Titel: Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frei
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Geheimwissen?«, fragte Sir Schürf hoffnungsvoll. »Können Sie mir mehr darüber erzählen?«
    »Natürlich«, sagte ich entschlossen. »Wie Sie wünschen.«
    Die nächsten anderthalb Stunden verbrachte ich damit, Sir Lonely-Lokley über dem kalt gewordenen Rest unserer Kamra die nordische Mythologie zu erklären, die ich ihm als Sagen aus den Leeren Ländern unterjubelte.
    Eins musste man Sir Schürf lassen: Die nordische Sagenund Mythenwelt gefiel ihm sehr! Besondere Vorliebe entwickelte er für Göttervater Odin, der nicht nur Schutzherr der Walhalla ist, in deren Mauern die auf dem Schlachtfeld gefallenen Krieger zechen, sondern den Menschen auch den Dichtermet geschenkt hat.
    Und der Schnitter des Lebensfadens schätzte die Poesie so sehr, dass er vor Ehrfurcht schier zu beben begann.
    Nicht nur die unerwartete Übereinstimmung unserer literarischen Vorlieben, sondern auch meine große Portion Kachar-Balsam hatte mich so entflammt, dass ich meinem Kollegen auf die Schulter klopfte, ohne zu bedenken, dass diese Geste im Vereinigten Königreich engsten Freunden Vorbehalten ist. Glücklicherweise erhob Sir Schürf keine Einwände gegen den offiziellen Beginn unserer Freundschaft. Im Gegenteil: Er schien sehr zufrieden damit.
    Erst später begriff ich, wie viele Verpflichtungen die Ehre mit sich brachte, ein enger Freund von Sir Lonely- Lokley zu sein. In Echo gibt es unterschiedlichste Freundschaftsrituale. Deshalb beschloss ich, Sir Juffin untertänigst zu bitten, mich darüber aufzuklären, wie man hier Freundschaften pflegt, und nahm mir außerdem vor, in einem eigens dafür angelegten Heft die Bedeutung jeder Geste und jedes Gesichtsausdrucks zu protokollieren. Hauptsache, ich würde in der nächsten halben Stunde niemanden beleidigen. Aber bei mir musste man immer mit allem rechnen.
    Dann beendeten wir unser literarisches Gespräch, riefen einen Wächter und verließen die Zelle. Wir gingen zum Kommandanten, wo wir ein ausgezeichnetes Frühstück und eine Menge frische, heiße Kamra bekamen. Das war einfach fantastisch. Ich kam endlich wieder richtig zur Besinnung und wollte meine wachsende Neugier stillen.
    »Verraten Sie mir doch, Sir Schürf, wie Sie sich gefühlt haben, als Sie winzig klein waren. Ich meine natürlich nicht in Ihrer Kindheit, sondern während der langen Zeit, die Sie zwischen Daumen und Zeigefinger meiner Linken verbracht haben.«
    »Welche lange Zeit denn?«, fragte Lonely-Lokley und zuckte die Achseln. »In den drei Stunden bin ich etwas hungrig geworden.«
    »In welchen drei Stunden denn?«
    »Wollen Sie sagen, mein Zeitgefühl hat mich getrogen?«
    »Wir haben drei Tage und drei Nächte in der Zelle verbracht!«, rief ich.
    »Ein interessanter Effekt«, stellte Lonely-Lokley fest. »Und gut für mich. Drei Tage sind nämlich eine lange Zeit für jemanden, der vergessen hat, sich belegte Brötchen mitzunehmen. Da kann ich von Glück sagen, dass sich mein Zeitgefühl so stark verändert hat.«
    Ich hatte natürlich noch viele Fragen zu seinem Aufenthalt in meiner Hand, doch Sir Schürf meinte nur trocken, Erfahrungen solcher Art solle man besser persönlich machen, statt fremden Beschreibungen zu trauen. Dann bot er mir großzügig an, mich meinerseits in seiner Faust einzuschließen. Ich allerdings kam zu dem Schluss, vorerst genug Eindrücke gesammelt zu haben, und wechselte das Thema.
    Nach dem Frühstück nahmen wir Abschied vom gastfreundlichen Sir Marunarch. Es ging mir sehr gut, doch ich fühlte mich unter dem Einfluss der großen Portion Kachar-Balsam eigenartig schwerelos und hatte Lust, meine Manteltaschen mit Steinen zu befüllen, um nicht davonzuschweben.
    »Sie sollten sich besser nicht ans Steuer setzen«, bemerkte Lonely-Lokley beim Einsteigen ins A-Mobil. »Sie sind zwar der beste Fahrer, den ich kenne, aber als es Kachar-Balsam noch an jeder Ecke zu kaufen gab, war es streng verboten, sich in Ihrem Zustand ans Lenkrad zu setzen.«
    Dieser Argumentation konnte ich mich nicht verschließen.
    »Ihr Bewohner der Grenzländer seid merkwürdige Wesen!«, meinte Sir Schürf, als er auf die hölzerne Fähre fuhr, die zwischen Cholomi und der Altstadt von Echo verkehrte. »Zugegeben - ich weiß noch nicht, worin sich die Unterschiede zu uns gebürtigen Hauptstädtern am deutlichsten zeigen, aber Sie, Sir Max, unterscheiden sich ohnehin von anderen Fremden. Doch leider bin ich ein schlechter Theoretiker«, schloss Lonely- Lokley und vertiefte sich in sein Arbeitsheft. Vermutlich

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