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Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling

Titel: Das Echo Labyrinth 01 - Der Fremdling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frei
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wollte er seine Eindrücke zu Papier bringen, solange sie noch frisch waren.
    »Worauf wollen Sie hinaus, Schürf?«, fragte ich vorsichtig.
    »Nehmen Sie mir das bitte nicht krumm, Sir Max! Es herrscht nur allgemein die Ansicht, Kachar-Balsam habe - wie alle anregenden Getränke - eine deprimierende Wirkung auf die Psyche sogenannter Barbaren. Verzeihen Sie mir dieses grobe Wort. Manche Heiler behaupten sogar, Kachar-Balsam sei für das seelische Gleichgewicht Ihrer Landsleute gefährlich, und meinen, solche Getränke dürften nur gebürtige Uguländer zu sich nehmen. In Ihrem Fall sieht das Ganze anders aus: Ihre Psyche wird vom Kachar-Balsam kaum verändert - anders als das Bewusstsein manches Vertreters der sogenannten zivilisierten Völker. Nur das habe ich gemeint. Und ich bitte nochmals um Verzeihung, wenn ich taktlos gewesen sein sollte.«
    »Haben Sie schon vergessen, Schürf? Sie sind jetzt mein Freund und können mir an den Kopf werfen, was Sie wollen.«
    Ehrlich gesagt: Ich atmete vor Erleichterung auf. Als Lonely-Lokley über meine seltsamen Eigenschaften gesprochen hatte, befürchtete ich schon, er habe meine angebliche Herkunft als Lüge durchschaut und Juffins Bemühungen seien umsonst gewesen. Aber nein, ihm war es nur seltsam vorgekommen, dass ich nach ein paar Schluck Kachar-Balsam nicht nackt auf dem Tisch getanzt hatte. Na ja, nächstes Mal musste ich seinen Erwartungen wohl besser entsprechen.
    Sir Juffin war sehr zufrieden, als er uns gesund, wohlbehalten und siegreich zurückgekehrt sah.
    »Ich glaube kaum, dass für Magister Annoch das Problem des Lebens nach dem Tode noch aktuell ist«, rief ich schon von der Türschwelle her. »Hätten wir ihn erst nach seiner Auferstehung umgebracht, wäre vielleicht alles Mögliche passiert. Aber wir haben ihn erledigt, als er gerade noch der Schattenwelt angehörte. Sündige Magister! Was schleppe ich denn da mit mir herum? Warum hat mich niemand gebremst?«, wunderte ich mich und betastete die Steine in meinem Mantel.
    »Auf jeden Fall bin ich sicher, dass Annoch seine Forschungen endgültig abgeschlossen hat«, sagte Juffin begütigend zu mir.
    »Das glaube ich auch. Dieser Magister hat mir absolut nicht gefallen. Natürlich hätte ich ihn Ihnen gern lebend geliefert - wenn von lebend überhaupt die Rede hätte sein können. Aber das hat leider nicht geklappt.«
    »Mach dir darüber keine Gedanken, Junge! Das hätte nie und nimmer hingehauen.«
    »Das hab ich von Anfang an gewusst«, warf Lonely- Lokley ein. »Aber Befehl ist Befehl.«
    »Ich war dumm, doch ich werde mich bessern«, meinte ich entschuldigend, warf mich in einen Sessel und merkte rasch, dass ich kurz davor war, einzuschlafen. Mit halb geschlossenen Augen murmelte ich: »Vergessen Sie nicht, von Ihrer Nummer mit dem Wasser zu erzählen - das war vielleicht was ...«
    Weil ich noch immer unter dem anregenden Einfluss des Kachar-Balsams stand, schlief ich höchstens eine Stunde. Als ich aufwachte, fühlte ich mich leicht wie eine Feder und obendrein erstaunlich munter. Meine Kollegen tranken Kamra, die sie im Fressfass bestellt hatten, und unterhielten sich leise.
    »Ah, er ist wieder wach«, rief Juffin fröhlich, nickte zu mir rüber und sah mich dabei verdächtig enthusiastisch an, als ob ich ein Festtagspudding wäre, der genau die richtige Konsistenz hatte, um gierig den Löffel darin zu versenken. Juffin hätte sich beinahe die Lippen geleckt.
    Aufgegessen hat er mich dann aber doch nicht. Stattdessen führte er eine medizinische Untersuchung durch, die allerdings keine Ähnlichkeit mit einer ärztlichen Prozedur hatte.
    Ich bekam die Anweisung, mich an die Wand zu stellen. Einige Zeit musterte Juffin mich mit seinen leuchtenden Augen. Das war nicht besonders angenehm und hatte mich am Anfang unserer Bekanntschaft stets verlegen gemacht. Nun befahl er mir, mich mit dem Gesicht zur Wand zu stellen, was mich natürlich riesig begeisterte. Nachdem mein Chef einige Zeit meinen Hintern und dessen Umgebung untersucht hatte, klopfte er mir - weil er noch nicht zufrieden war - den Rücken ab. Diese Massage gefiel mir besser als das Blickduell, das ihr vorausgegangen war. Dann legte er mir die schwieligen Hände - die warme Rechte wie die eiskalte Linke - in den Nacken, und ich spürte plötzlich Unheil. Beinahe wäre ich gestorben, und nichts wäre von mir übrig geblieben. Dann schrie ich - nicht vor Schmerz, sondern um mir und der ganzen Welt zu zeigen, dass ich noch lebte. Es mag sich

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