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Das Echo Labyrinth 02 - Die Reise nach Kettari

Titel: Das Echo Labyrinth 02 - Die Reise nach Kettari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frei
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geraten? Nie und nimmer! Jemand anderer vielleicht!«
    »Schon gut, Glama, schon gut.«
    Ich nickte ihm von der Türschwelle zu und ging nach Hause.
    Zunächst kehrte ich ins Haus von Lady Charai zurück, das sich durch Zufall in eine Außenstelle des Kleinen Geheimen Suchtrupps verwandelt hatte. Ich setzte mich in einen Sessel, rauchte eine Zigarette und zwinkerte meinem Gegenüber im großen alten Spiegel zu: »Tja, Lady Marilyn - dein Mann hat dich verlassen. Ich hoffe, du bist entzückt.«
    Mein neues Alter Ego jauchzte vor Glück. Lady Marilyn strotzte vor Gefühlen und wollte unbedingt sofort spazieren gehen, um die süße Luft von Kettari zu genießen. Sie hoffte, auf den Straßen der nächtlichen Stadt ein zu ihr passendes Abenteuer zu finden.
    Ich dachte an die Metamorphose, die Lonely-Lokley vor Stunden durchlebt hatte. Zwar wusste ich nicht, wie das enden würde, doch das neue Image stand ihm. Hoffentlich schaffte er es, nicht in die Tinte zu geraten. Aber Unannehmlichkeiten waren beinahe programmiert. Ich zuckte die Achseln und beschloss, darüber nicht weiter nachzudenken - was geschehen war, war geschehen und ließ sich nicht rückgängig machen.
    Jetzt hatten Lady Marilyn und ich ein kleines Problem: Ich wollte unbedingt durch Kettari bummeln, aber durfte eine so sympathische Frau wie ich nachts allein durch die Straßen ziehen?
    »Ich habe eine ausgezeichnete Idee, meine Süße«, sagte ich zu meinem Spiegelbild. »Verkleide dich einfach als Mann! Das klingt verrückt, aber was bleibt uns übrig? Ich hoffe nur, Schürf hat einen Ersatzturban dabei.«
    Rasch, aber gewissenhaft inspizierte ich die Reisetasche meines Kollegen und fand nicht nur die gesuchte Kopfbedeckung, sondern auch eine Stecknadel für meinen Lochimantel. Mehr brauchte ich nicht. Aber was sollte ich mit der illusionären Figur von Lady Marilyn machen? Sir Kofa hatte meine neue Gestalt wunderbar modelliert, leider aber keinen Busen zum Umschnallen vorgesehen. Ich seufzte bitter und zündete mir eine weitere Zigarette an. Wie sollte sich ein Mädchen in einen Jungen verwandeln? Ich brauchte eine neue Designidee.
    Nach ein paar Minuten kam mir ein Gedanke, der zunächst absurd schien: Warum verhüllte ich die unpassende Figur nicht so, wie eine echte Frau es tun würde? Ich sollte nicht nur meinen illusionären Busen verstecken, sondern mir auch einige Lumpen um die Taille binden, da Frauen dort erfahrungsgemäß schmaler gebaut sind als Männer.
    Zum Teufel - das musste ich ausprobieren! Ich war zwar nicht recht überzeugt, dass eine allein durch die nächtliche Stadt spazierende Frau per se in Gefahr war, doch ein doppelt getarnter Mann durfte sich gewiss sicherer fühlen als eine einfach getarnte Frau. Ziemlich verwirrend, das Ganze.
    Nach einer halben Stunde sah ich vorsichtig in den Spiegel. Alles war mir ganz gut gelungen - besser als erhofft. Natürlich erinnerte mein Gegenüber bei weitem nicht an meinen guten Bekannten Max, aber es handelte sich bei ihm zweifellos um einen ganz normalen Jungen.
    Ich dachte an das Kraut, das Lady Sotova mir vorgesetzt hatte und das Wunderbare oder Sonderbare Hälfte hieß (oder so ähnlich). »Du bleibst, wer du bist, aber die Leute werden glauben, sie hätten es mit jemand anderem zu tun«, hatte sie mir damals gesagt. Offenbar konnte ich inzwischen einfach als der erscheinen, der ich sein wollte. Umso besser!
    Ehe ich das Haus verließ, schob ich kurz die Hand unters Kissen. Ein einziger General war eindeutig zu wenig für eine lange, sicher sehr abenteuerliche Nacht. Nach ein paar Minuten betrachtete ich verwirrt eine halb leere Zigarettenschachtel, auf der ein steifbeiniges Dromedar in die Ferne sah. Neun frische Kippen! Ich sandte einen dankbaren Blick zur Decke.
    »Lieber Gott«, begann ich ehrfürchtig. »Erstens freue ich mich, dass es dich gibt, und zweitens bist du ein fantastischer Kerl und mein bester Freund.«
    Dann öffnete ich die Tür und trat ins nachtkühle Kettari hinaus. Die Beine trugen mich wie von selbst auf die andere Uferseite. Ich ging über eine gut beleuchtete Steinbrücke und sah mir die Gesichter ihres drachenartigen Skulpturenschmucks an. In der Ferne lagen ein Labyrinth enger Gassen und da und dort der hell erleuchtete Klecks eines Platzes. Ich versuchte nicht mal so zu tun, als wäre ich mit meiner Mission beschäftigt, sondern genoss einzig den Spaziergang.
    Die ganze Nacht zog ich durch Kettari und berauschte mich an der Luft und den neuen Eindrücken. Ich ging

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