Das Echo Labyrinth 02 - Die Reise nach Kettari
die ich zu diesem Zweck eingesteckt hatte. Sie hatte zwei Fächer: eins für Generäle - also für angerauchte Kippen - und eins für frische Zigaretten, auf die ich in letzter Zeit allerdings so selten gestoßen war, dass ich mich kaum noch an ihren Geschmack erinnerte. Na ja, eigentlich sollte ich mich nicht beklagen, denn das war besser als nichts. Die Monate, in denen ich nur den hiesigen Tabak hatte rauchen können, erschienen mir inzwischen als stille, aber heroische Leidenszeit.
Nach zwei Stunden entschied sich Sir Schürf endlich, aus dem Bad zu kommen. Unterdessen hatten sich bei mir vier Generäle - einer länger als der andere - gesammelt, und das war ein seltenes Glück. Meine Rechte lag schon zwanzig Minuten reglos unterm Kissen, doch ich wollte den Fischzug nicht abbrechen. Warum auch? Lonely-Lokley wusste ohnehin schon viel über mich - da konnte er ruhig auch von meinem Kissenhobby wissen.
»Dürfte ich erfahren, was du da treibst, Marilyn?«, fragte er höflich.
»Natürlich. Ich zaubere, so gut ich kann, und versuche, an die vertrauten Glimmstängel zu kommen. Das dauert zwar lange, ist dafür aber kostenlos. Die Gewohnheit ist eine tyrannische Gebieterin.«
»Sind diese Dinger etwa aus deiner Heimat?«
Ich nickte und versuchte, mich weiter zu konzentrieren. Sir Schürf sah sich die angerauchten Zigaretten misstrauisch an.
»Probier doch mal eine«, meinte ich generös. »Die schmecken wie euer Tabak - nur besser. Sie werden dir so gut gefallen, dass du nur noch für uns beide Zigaretten beschaffen willst.«
»Darf ich wirklich? Vielen Dank - das ist ja großzügig!«, rief Lonely-Lokley und nahm bescheiden den kürzesten General.
»Und? Schmeckt's?«, fragte ich neidisch.
Meine Rechte blieb unterm Kissen, weil ich mir geschworen hatte, erst zu rauchen, wenn ich mit dem öden Angeln fertig war.
»Dieser Tabak ist stärker, aber auch leckerer als der, den ich kenne«, stellte Sir Schürf beifällig fest, »fetzt verstehe ich, warum du immer ein so trauriges Gesicht hattest, wenn du dir hier eine Pfeife angezündet hast.«
»Hatte ich das?«, fragte ich lächelnd, zog eine Zigarette unterm Kissen hervor und meinte: »Schluss für heute. Sündige Magister - so eine hab ich hier noch nie geangelt.«
Kein Zweifel: Ich hielt einen Joint in der Hand. Ich wusste genau, wie solche Tüten aussehen und riechen.
»Mist - das war verlorene Liebesmüh.«
»Wieso? Gefällt dir diese Art Tabak etwa nicht?«
»Das kann man wohl sagen. Viele meiner Bekannten rauchen das Zeug, um sich zu entspannen, aber auf mich wirkt es ganz anders: Ich bekomme nur Kopfschmerzen. Na ja, wahrscheinlich bin ich nicht normal. Und Sie, Sir Schürf? Wollen Sie sich entspannen? Dann tauschen wir doch mal!«
»Klingt verlockend«, meinte Lonely-Lokley gedankenverloren. »Ich hab mich nie geweigert, neue Erfahrungen zu machen.«
»Willst du das Ding wirklich rauchen? Na gut - dann war meine Mühe nicht ganz umsonst. Vielleicht kannst du dich dadurch ja wirklich entspannen. Das wünsche ich dir von Herzen, Glama - schließlich gefällt es dir in Kettari nicht so gut wie mir.«
Ich gab ihm den Joint und zog genüsslich an seiner Kippe. Eigentlich wollte ich mir noch eine anzünden, entschied mich dann aber, hart zu bleiben. Du hast nur noch drei, mein Freund - sagte ich mir -, und der Abend liegt noch vor dir. Wie willst du sonst bis zum Schlafengehen auskommen?
Dieser Vorsatz hielt für den Moment, doch ich wusste, dass er nicht von Dauer wäre. Seufzend wandte ich mich an Lonely-Lokley.
»Na, mein Freund, geht's dir schon besser? Können wir jetzt essen gehen?«
Plötzlich klappte mir die Kinnlade runter. Bis jetzt fehlen mir die Worte, um mein damaliges Erstaunen zu beschreiben. Sir Schürf lächelte übers ganze Gesicht, und ich stöhnte auf.
»Dieses lustige Tütchen wirkt wahre Wunder«, kicherte er und zwinkerte mir zu. »Wenn du wüsstest, Max, wie witzig es ist, mit dir zu reden und dabei auf deine rote Perücke zu sehen!«
Sein Kichern ging in ein schallendes Lachen über, und ich hatte das Bedürfnis, mich zu bekreuzigen, wusste aber nicht, mit welcher Hand und in welcher Reihenfolge.
»Alles in Ordnung mit Ihnen, Schürf?«, fragte ich vorsichtig.
»Was guckst du denn so? Der Langweiler, der ich war, ist gerade spazieren, und wir gehen jetzt essen, aber begann er, unterbrach sich jedoch, weil er wieder kichern musste, und fuhr erst nach einer Weile fort: »... aber du musst den Mund wieder zumachen - sonst
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