Das Echo Labyrinth 02 - Die Reise nach Kettari
aus hättest du gern in Ruhe zu Ende essen können. Offen gesagt verstehe ich dich nicht: Du ziehst die Arbeit anscheinend kulinarischen Genüssen vor.«
»Sie sind gut informiert«, stöhnte ich. »Sie wissen wirklich alles über mich. Sogar, was ich auf dem Teller liegen lasse.«
»Ich weiß nicht alles, Max - nur das Wichtigste. Aber jetzt muss ich mal ernsthaft mit dir reden. Ich will dich mit einem neuen Fall überraschen.«
»Na endlich«, sagte ich erwartungsfroh und fischte in meiner Tasche nach dem Päckchen Zigaretten, das ich mir zum Glück durch die praktische Ritze zwischen den Welten hatte angeln können, die sich unter meinem Kopfkissen befand.
Das pädagogische System von Sir Maba Kaloch lässt sich so zusammenfassen: Es gibt viele kleine Zuckerbrote und weit und breit keine Peitsche. Und dieses System funktioniert bestens. Der Geschmack des hiesigen Tabaks widerte mich an, und ich befasste mich tagsüber fast nur damit, Zigaretten aus meiner alten Heimat zu organisieren, ohne mir den Kopf darüber zu zerbrechen, wie das eigentlich funktionierte.
»Von Anfang hat hatte ich diese Aufgabe für dich reserviert«, begann Juffin. »Aber ich dachte, wir würden viel mehr Zeit brauchen, bis du dich an unsere Welt gewöhnt hättest. Inzwischen hat sich allerdings herausgestellt, dass du dich wunderbar eingelebt hast.«
»Das sehe ich auch so«, meinte ich und nickte bekräftigend.
»Tja«, sagte Juffin und zuckte die Achseln, »dein Tempo ist mir geradezu unheimlich. Und obwohl ich seit langem weiß, wie flink du bist, staune ich noch immer. Aber ich bin überzeugt, du schaffst es. Auch der Moment ist günstig. Eine kleine Reise ans Ende der Welt ist genau das, was du jetzt brauchen kannst, stimmt's?«
»Juffin«, bat ich leise, »spannen Sie mich nicht länger auf die Folter. Sie haben mich so neugierig gemacht, dass mir der Kopf schwirrt.«
»Ich will dich nicht auf die Folter spannen, Max. Ich warte bloß, bis du dich gesetzt und dir noch etwas Kamra genommen hast. Mach es dir bequem, rauch eine Zigarette und sei auf eine lange und komplizierte Geschichte gefasst.«
»Ich liebe lange und komplizierte Geschichten, Sir.«
»In meiner Heimatstadt Kettari geht etwas Merkwürdiges vor.«
Mir klappte die Kinnlade runter. So einen Anfang hatte ich wirklich nicht erwartet. Juffin lächelte verständnisvoll.
»Deine Kenntnisse der Geografie des Vereinigten Königreichs scheinen mir nicht besonders sattelfest.«
»Sir, Sie brauchen meine Eigenliebe nicht zu schonen -die lasse ich immer zu Hause. Und von der hiesigen Geografie habe ich absolut keine Ahnung.«
Juffin nickte und breitete eine Karte aus, die ich fasziniert studierte. Die hiesige Kartografie ist eine Kunst für sich. Mit dem kurz geschnittenen Nagel seines rechten kleinen Fingers tippte mein Chef auf einen kleinen Fleck, der irgendwo im Westen in den Bergen lag.
»Das ist Kettari. Und hier ist Echo, siehst du?«, meinte er und zeigte mit dem Fingernagel auf einen anderen Fleck am unteren Kartenrand. »Das ist nicht allzu weit, aber auch nicht nah. Weißt du, was dieses runde Zeichen hier bedeutet?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Dass sich die Bewohner der Stadt vor allem mit Kunsthandwerk beschäftigen. Seit eh und je ist Kettari für seine Teppiche berühmt. Auch in meiner Jugend waren sie unnachahmlich, obwohl es auf der Welt damals viel mehr hübsche Dinge gab als heute. So schöne Teppiche wie dort werden noch immer nirgendwo sonst gefertigt. Natürlich gibt es zwischen Echo und Kettari rege Handelsbeziehungen, denn hier schätzt man Luxuswaren.«
»Der große bernsteinfarbene Teppich in Ihrem Wohnzimmer ist aus Kettari, stimmt's?«
»Richtig. Wie bist du darauf gekommen?«
»Am Rand ist Made in Kettari eingestickt«, meinte ich lachend. Juffin lachte natürlich auch.
»Jetzt aber genug, Junge. Willst du meine Geschichte überhaupt hören?«
»Selbstverständlich«, rief ich, schenkte mir Kamra nach und bemühte mich um eine konzentrierte Miene. »Bitte erzählen Sie weiter!«
»Vor einigen Dutzend Jahren ist in Echo die Sitte aufgekommen, in großen Karawanen nach Kettari zu reisen. Das ist bequem, und darum hat sich keiner über diese Neuerung gewundert. Schon damals fiel mir auf, dass jede Karawane von einem Mann aus Kettari geführt wurde, doch wenn sich meine Landsleute etwas dazuverdienen wollen - so dachte ich -, sollte ich sie daran nicht hindern. Natürlich wollten nicht alle zum Einkäufen mit einer großen Karawane
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