Das Echo Labyrinth 02 - Die Reise nach Kettari
wie ich war er seit Jahren nicht in Kettari gewesen, seit Beginn der Epoche des Gesetzbuchs oder sogar länger. Dann aber war er in eine schwierige Lage geraten und hatte gedacht, seine Heimatstadt sei kein schlechter Ort, um sich vor der Stadtpolizei von Echo zu verstecken. Also war er mit seinem Kameraden nach Kettari gereist, und dabei hatten die beiden sich verirrt.«
»Ist das die ganze Geschichte?«, fragte ich etwas überrascht. »Vielleicht ist Ihr Landsmann etwas beschränkt?«
»Den Eindruck hat er mir nicht gemacht«, stellte Juffin trocken fest. »Nach meiner bescheidenen Einschätzung wäre Sir Moti klug genug gewesen, den Weg in seine Heimatstadt zu finden. Aber es hat einfach nicht klappen wollen, und die beiden sind nach Echo zurückgekehrt und haben sich dem Kleinen Geheimen Suchtrupp gestellt, um sich nicht weiter verbergen zu müssen. Als sie um ein Treffen mit mir baten, hat meine Neugier mir nicht erlaubt, abzulehnen. Schließlich haben die Leute hier selten solche Ideen.«
»Oft haben sie noch viel seltsamere Ideen«, murmelte ich.
»Eigentlich hast du Recht«, meinte Juffin und lächelte. »Doch wir aus Kettari sind eher praktisch veranlagt. Aber lass dich nicht ablenken - das Interessanteste kommt erst.«
»Verzeihen Sie, Juffin. Ich bin heute etwas schlecht gelaunt.«
»Allerdings! In letzter Zeit bist du so schlecht gelaunt, dass es wehtut, dich nur anzusehen«, sagte mein Chef seufzend, erhob sich, kam zu mir und zog mich überfallartig am Ohr. Das war so unangenehm, dass ich nervös loskicherte. Als ich mich beruhigt hatte, stellte ich fest, dass die schlechte Laune verschwunden war. Sogar mein gebrochenes Herz schien genesen.
»Du hast dir eine Atempause verdient«, sagte Juffin und legte mir seine Pranke auf die Schulter. »Das ist mein kleines Geschenk für dich. Eigentlich müsstest du all diese Dinge allein durchstehen, aber Ausnahmen bestätigen die Regel. Zudem bin ich diesmal ganz besonders auf deine Nase angewiesen. Alles klar?«
Ich nickte schweigend und genoss, dass der lähmende Schmerz in der Brust, der so lange mein treuer Begleiter gewesen war, verschwunden war. Juffin setzte sich wieder an seinen Schreibtisch und fuhr fort: »Mein Landsmann schien zu Tode erschrocken und versicherte wiederholt, Kettari sei zerstört und liege in Ruinen. Sein Begleiter war völlig durcheinander und musste ins Irrenhaus gebracht werden, wo er die ganze Zeit schwieg. Moti Fara hingegen machte auf mich einen ganz klaren Eindruck. Er sagte mir, zwei Jahre im Gefängnis Nunda - denn genau die drohten ihm - seien nichts dagegen, dass seine geliebte Heimatstadt nicht mehr existiere. Dann machte mein patriotischer Landsmann diese Geste hier ...«, sagte Juffin und tippte sich mit dem Zeigefinger zweimal an die Nase, »... und prophezeite mir, ich würde ihn - falls er fliehen sollte - nicht verfolgen, weil wir Landsleute seien. Dieses Nasenpochen ist unsere Lieblingsgeste. Sie bedeutet, dass sich zwei vernünftige Menschen immer verständigen können. Ich war so gerührt,
dass ich ihn am liebsten sofort freigelassen hätte, doch leider hatten Bubutas Leute schon herausgefunden, dass er bei mir war. Das sind wahre Patrioten!«
Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, so mörderisch ironisch klang die Stimme meines Chefs.
»Aber weiter im Text, Max. Einige Tage später kam wieder eine mit Teppichen beladene Karawane aus Kettari zurück, und erneut gab es einige Leute, die davon schwärmten, wie prächtig meine Heimatstadt blühe. Eigentlich hätten mich diese Nachrichten beruhigen und davon überzeugen sollen, dass meine beiden geflohenen Landsleute sich verirrt haben und in einer der zerstörten Kleinstädte rings um Kettari gelandet sein mussten. Aber eine innere Stimme sagte mir, so einfach sei die Sache nicht. Und wenn ich ein Problem länger als einen Tag wälze, ist das ein klares Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmt. Nur wenn die Dinge einigermaßen im Lot sind, schlafe ich ruhig. So ein Wesen bin ich. Bei dir ist's genauso, stimmt's?«
Juffin lächelte, goss mir noch eine Tasse Kamra ein und berichtete weiter: »Zu allem Überfluss schickte mein Landsmann mir obendrein Briefe. Das Wappen des Königlichen Gefängnisses Nunda steht mir bis heute vor Augen. Ich musste für Motis Korrespondenz sogar eine eigene Schublade einrichten, damit seine vielen Briefe nicht zwischen andere Unterlagen gerieten. Inhaltlich unterscheiden sich die Briefe kaum. Am besten, du schaust dir mal
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