Das Echo Labyrinth 03 - Die Füchse von Mahagon
liegenden Stirnwand kaum zu erkennen waren. Der prächtige Alotho Aliroch blieb in der Mitte des Raums stehen. Diesmal war er ohne sein spinnenartiges Haustier unterwegs. Offenbar wusste er nicht, dass der König ein Naturfreund war.
Zu Füßen des Mannes aus Arwaroch lagen seine Waffen, und hinter ihm stand sein Gefolge: ein volles Hundert hünenhafter Soldaten in bügelfreiem Mantel und weißen Lederschuhen. Alle hatten die gleichen blonden Haare und bernsteinfarbenen Augen und sahen so gut aus wie ihr Anführer. Die Höflinge musterten die Ankömmlinge aus Arwaroch mit zurückhaltender Neugier.
Sir Juffin winkte mich herbei. Wir stellten uns links hinter dem Thron auf, wie es die Etikette verlangte. Rechts vom Thron war es eng, denn dort drängten sich viele Magnaten. Neben uns stand nur ein Herr mittleren Alters im weißblauen Mantel, der ihn als Mitglied des Ordens des Siebenzackigen Blatts auswies. Er nickte uns knapp zu. Ein Gespräch ließ die höfische Etikette in dieser Situation nicht zu.
Schließlich betrat der König den Saal, schritt die festlich geschmückten Treppenstufen zu seinem Thron hoch und setzte sich ein paar Meter über dem Fußboden nieder, nachdem er Juffin und mir kurz zugelächelt hatte. Sein Gesicht war zu einer Maske erstarrt, die ihren Träger erhaben und gelangweilt wirken ließ.
»Seid gegrüßt, Fremder!«, sprach der König leise. »Verratet uns bitte, was Euch an meinen Hof geführt hat.«
Der Mann senkte den Kopf und antwortete ebenso leise: »Mein Name ist Alotho Aliroch aus der Familie Eisenstein. Ich bin Herrscher von Aliurch und Tschijcho, grausamer Anführer von zweihundert Scharfzähnen und treuer und mächtiger Kämpfer von Tojla Liomurik aus dem Orden des Silbernen Tannenzapfens. So heißt der Eroberer von Arwaroch, der bis an die Grenzen Eurer Welt herrscht. Ich bin Gießer der königlichen Gewürzpflanze und Pfleger der Teppiche im Speisesaal, und ich reiche meinem Herrscher bei Neumond die dritte Tasse. Ich bin Erster Steuermann der königlichen Fregatte, bin berechtigt, hauchdünne Lederschuhe zu tragen, bin Träger des königlichen Schlüsselbunds und oberster Strafverfolger, was die rebellischen Völker angeht. Ich trage das neunte und das zwölfte Lied beim Sommerfest des Königs vor, bin Oberster Herdanzünder und spreche die Sprache der Morinen.«
»Das ist ja eine ungemein wichtige Person«, meldete Juffin sich per Stummer Rede bei mir, weil er Alothos Sermon nicht länger ertragen konnte. »Solche Großtaten werden wir nie vollbringen, mein armer Max.«
»Gestern Abend hat er sich bescheidener vorgestellt«, sagte ich. »Bestimmt hat er die ganze Nacht gegrübelt, welche Titel er besitzt, und sie brav auswendig gelernt.«
»Er hat nichts auswendig lernen müssen, sondern Melifaro und dich einfach für zu unwichtig gehalten, um die ganze Liste vorzutragen. Dem König dagegen präsentiert er die Palette seiner Titel. Wenn er vor seinen grausamen Toten Gott tritt, den die Leute aus Arwaroch tief verehren, wird er mindestens eine Woche pausenlos über sich reden, weil er dann erstmals Gelegenheit hat, alles über sich zu erzählen.«
Kurusch, der die ganze Zeit friedlich geschlafen hatte, wachte auf und wollte sich aus Juffins Mantel befreien.
»Ich will diese Leute auch sehen«, sagte der kluge Vogel ohne Umschweife.
»Kein Problem, Süßer. Sei aber bitte still«, flüsterte Juffin ihm zu und setzte ihn sich auf die Schulter.
Dann geschah etwas Unglaubliches.
Alotho Aliroch, der sich eben noch als grausamer Anführer von zweihundert Scharfzähnen vorgestellt hatte, fiel wortlos auf die Knie und presste die Stirn auf den Teppich. Sein Gefolge tat es ihm nach.
»Großer Buriwuch!«, rief Alotho mit zitternder Stimme.
Ich kam zu dem Schluss, unser ehrwürdiger Gast müsse verrückt geworden sein.
Im Kleinen Empfangssaal herrschte großes Durcheinander. Selbst der maskenhafte Gesichtsausdruck von König Gurig war verschwunden, und er blickte so erstaunt drein wie seine Höflinge.
»Die Bewohner von Arwaroch neigen dazu, unsere Macht zu überschätzen«, stellte Kurusch ungerührt fest. »Menschen haben allgemein einen Hang zur Übertreibung.«
»Da hast du Recht«, sagte Juffin lächelnd. »Aber darüber werden wir unseren ehrwürdigen Gast nicht aufklären. Soll er ruhig bei seinem Irrtum bleiben. Das kommt uns gelegen. Hab ich Recht, Hoheit?«
»Ich bin ganz mit Ihnen einverstanden«, flüsterte ihm der König zu. »Schade, dass wir das nicht
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