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Das Echo

Titel: Das Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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aggressiv. »Ich mein’, er ist doch für sie das gefundene Fressen, wenn sie meinen, daß sie’nen Komplicen hatte.« Er puffte Lawrence in die Rippen. »Sie sollten denen nicht erlauben, daß die ihn so in die Mangel nehmen. Die haben ihm ja nicht mal seine Rechte verlesen oder so was.«
    »Oh, ich glaube, du tust unseren Freunden von der Polizei unrecht, Terry. Sie wissen so gut wie du und ich, daß Barry ihnen von dem Mann in Amandas Haus kein Wort gesagt hätte, wenn er ihn wirklich ermordet hätte.« Er runzelte leicht die Stirn. »Tja, das ist wirklich ein Problem, nicht? Wenn wir annehmen, daß Nigel de Vriess ermordet wurde, dann müssen wir akzeptieren, daß Amanda an der Tat beteiligt war. Und dabei ist sie doch eine reizende junge Frau.«
    »Kennen Sie sie, Sir?«
    »Ich bin ihr ein-, zweimal begegnet. Wir wohnen in derselben Gegend, und wie Michael Ihnen bestätigen wird, sitze ich gern am Fluß und lasse die große weite Welt an mir vorüberziehen.«
    »Fahren Sie fort, Sir«, sagte Fortune, als Lawrence innehielt.
    »Verzeihen Sie. Ich frage mich, wie tief ein Mensch in seiner Gewissenlosigkeit sinken kann, ohne daß ihm äußerlich etwas anzusehen ist. Sehen Sie, wenn Michael recht hat, dann muß Mrs. Powell Nigel de Vriess verführt haben, um bei seiner Ermordung leichtes Spiel zu haben, und dann wäre sie schon eine sehr gewissenlose Person.« Er lächelte ein wenig wehmütig. »Ich denke eigentlich lieber gut von den Menschen.«
    Der Superintendent verbarg seine Ungeduld über die Geschwätzigkeit eines alten Mannes hinter einem höflichen Lächeln. »Meiner Erfahrung nach stehen Aussehen und Verhalten eines Menschen in keinerlei Beziehung.«
    »Normalerweise würde ich Ihnen zustimmen.« Er nahm Barry das Foto von Nigel de Vriess aus der Hand und betrachtete es mit Interesse. »Der Mann hat ein grausames Gesicht, finden Sie nicht? Aber er war ja auch ein sehr arroganter Mann, und Arroganz ist eine gefährliche Eigenschaft. Ich kann mit aller Aufrichtigkeit sagen, daß Nigel de Vriess eines der unangenehmeren Nebenprodukte einer zivilisierten Gesellschaft war.«
    »Kannten Sie ihn denn, Sir?«
    »Indirekt. Einer meiner jüngeren Partner betreute mehrere Jahre lang seine Rechtsangelegenheiten. Er legte das Mandat nieder, als de Vriess ihn anwies, eine junge Frau, die er beim Geschlechtsverkehr beinahe totgeprügelt hatte, mit Geld abzufinden. Er maß ihrem körperlichen und seelischen Wohl einen Wert von zehntausend Pfund bei, aber mein Kollege war so entsetzt über das, was der jungen Frau angetan worden war, daß er mit dem Mann nichts mehr zu tun haben wollte und die Verbindung unserer Kanzlei zu ihm abbrach. Er beschrieb de Vriess als einen Psychopathen, und nichts, was ich je über ihn gelesen oder gehört habe, veranlaßt mich, ihn anders zu sehen. Die Gesellschaft sollte nicht zulassen, daß ein solcher Mensch Reichtum anhäuft. Wenn Geld in die falschen Hände gerät, kann die Gerechtigkeit, die das Fundament unserer Demokratie bildet, jederzeit korrumpiert werden.«
    Deacons Gesicht war nachdenklich, als er seinen alten Freund ansah.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, worauf Sie hinauswollen, Sir«, sagte Fortune.
    Lawrence machte ein erstauntes Gesicht. »Das tut mir leid. Ich nahm an, es läge auf der Hand. Verstehen Sie, es fällt mir weit leichter, an de Vriess’ Gewissenlosigkeit zu glauben als an die Mrs. Powells.«
    »Aber tot ist de Vriess, Sir, und nicht seine Freundin.«
    Barry räusperte sich nervös. »Sie hat wirklich keinen glücklichen Eindruck gemacht«, gestand er. »Einmal hat er sie an den Haaren durch das Zimmer geschleift, und dann hat er sie gezwungen, sich über einen kleinen Tisch zu beugen, damit er - nun ja...« Er stockte und brach ab. »Ich halte es für möglich, daß er sie vergewaltigt hat«, fügte er leise hinzu.
    Sie sahen ihn alle an.
    »Warum, zum Teufel, haben Sie uns das nicht schon gestern gesagt?« schnauzte Harrison.
    Barry zuckte ängstlich zurück.
    »Sie haben ihn nicht gefragt«, sagte Deacon. Aber es erklärte einen großen Teil von Barrys konfusem Verhalten in den letzten vierundzwanzig Stunden. Kein Wunder, daß er den Mann so genau hatte beschreiben können...
    Daily Express
27.12.95
    Die Polizei hat heute nachmittag den ungewöhnlichen Schritt unternommen, Namen und Foto einer Frau zur Veröffentlichung freizugeben, die im Zusammenhang mit dem Verschwinden des Unternehmers Nigel de Vriess, dessen Rolls-Royce verlassen in Dover

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