Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Echo

Titel: Das Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
Vom Netzwerk:
Computerexpertin fand.«
    »Das ist völlig logisch, wenn man de Vriess kennt. Ich vermute, Softworks wurde genauestens unter die Lupe genommen, um festzustellen, ob die Bankgelder irgendwie den Weg in die Bücher dieser Firma gefunden hatten, und im Verlauf dieser Untersuchung erkannte de Vriess die Gelegenheit. Er hat einen scharfen Riecher.«
    »Das klingt, als bewunderst du ihn.«
    »Tue ich. Der Kerl hat Mumm. Nicht, daß ich ihn besonders mag - wenige mögen ihn, aber solche Kleinigkeiten kümmern ihn nicht. Frauen lieben ihn, und das reicht ihm. Er ist ein geiler alter Bock.« Er lachte wieder. »Das sind reiche Männer oft. Im Gegensatz zu den anderen können sie es sich leisten, für ihre Fehler zu bezahlen.«
    »Du warst schon immer ein Zyniker«, sagte Deacon liebevoll.
    »Ich sterbe an Leberkrebs, Mike, aber wenigstens ist mein Zynismus gesund geblieben.«
    »Wie lange hast du noch?«
    »Sechs Monate.«
    »Hast du Angst?«
    »Entsetzliche Angst, Mike, aber ich halte mich an Heinrich Heines letzte Worte: ›Gott wird mir verzeihen. Es ist seine Aufgabe.‹«
     
    Barry Grover hielt das Foto von James Streeter ins Licht und musterte es genau. »Das ist eine bessere Aufnahme«, sagte er widerwillig. »Mit der können Sie eher Vergleiche anstellen als mit der anderen.«
    Deacon hockte lässig auf der Schreibtischkante, über Barry geneigt, wie dieser es haßte, und steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen. »Sie sind der Fachmann«, sagte er. »Ist das Billy oder nicht?«
    »Ich wär’ Ihnen dankbar, wenn Sie nicht rauchen würden«, brummte Barry und rückte sein Schild mit der Aufschrift ›Im Interesse meiner Gesundheit bitte ich Sie, nicht zu rauchen‹ zurecht. »Ich habe Asthma.«
    »Warum haben Sie das nicht vorher gesagt?«
    »Ich dachte, Sie könnten lesen.«
    Er stieß einen Ordner gegen Deacons Hüfte, um ihn zum Aufstehen zu veranlassen, aber Deacon lachte ihn nur an.
    »Zigarettenrauch ist immer noch angenehmer als der Geruch von Schweißfüßen. Wann haben Sie sich das letztemal neue Schuhe gekauft?«
    »Das geht Sie nun wirklich nichts an.«
    »Sie tragen immer nur schwarze, und wenn mir das auffällt, dann ist das garantiert schon sämtlichen Leuten im Haus aufgefallen. Ich glaube langsam, Sie haben überhaupt nur ein Paar, was wahrscheinlich Ihr Asthma erklärt.«
    »Sie sind ein unverschämter Kerl.«
    Deacons Lachen wurde breiter. »Sie haben’s gestern abend wohl krachen lassen? Daher die schlechte Laune.«
    »Ja«, log Barry bitter. »Ich war mit ein paar Freunden unterwegs.«
    »Wenn’s ein Kater ist, ich hab’ Kodein in meinem Büro, und wenn nicht, dann reißen Sie sich zusammen, Herrgott noch mal, und sagen Sie mir Ihre Meinung zu diesem Bild. Sehen Sie da Gemeinsamkeiten mit Billy?«
    »Nein.«
    »Aber die zwei sehen sich doch ziemlich ähnlich.«
    »Die Münder sind anders.«
    »Für zehn Millionen kann man sich die besten Schönheitschirurgen kaufen.«
    Barry nahm seine Brille ab und rieb sich die Augen. »Wenn man jemanden identifizieren möchte, vergleicht man nicht einfach zwei Fotos und tut alles, was nicht paßt, als künstliche Veränderung durch kosmetische Operation ab. Ein bißchen wissenschaftlicher ist es schon, Mike.«
    »Ich höre.«
    »Viele Menschen haben Ähnlichkeit miteinander, besonders auf Fotografien, man muß deshalb auch das prüfen, was man über sie weiß. Es ist sinnlos, Ähnlichkeiten in zwei Gesichtern aufzuspüren, wenn das eine das eines Mannes in Amerika ist und das andere das eines Mannes in Frankreich.«
    »Aber das ist doch genau der springende Punkt. James ist 1990 verschwunden, und Billy kreuzt erst’91 bei der Polizei auf, mit völlig verkrüppelten Händen, weil er sich die Fingerkuppen verbrannt hatte. Es ist durchaus möglich, daß die beiden ein und derselbe sind.«
    »Aber höchst unwahrscheinlich.« Barry betrachtete wieder die Fotografie. »Was ist aus dem Rest des Geldes geworden?«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Wie soll er Monate, nachdem er sein Gesicht durch eine kosmetische Operation verändern ließ, zum obdachlosen Penner geworden sein? Was ist mit dem Rest des Geldes geschehen?«
    »Daran arbeite ich noch.« Deacon interpretierte Barrys Gesichtsausdruck richtig als einen der verächtlichen Ungläubigkeit, obwohl er in dem Eulengesicht wie immer ziemlich albern wirkte. »Okay, okay. Ich geb’ zu, es ist unwahrscheinlich.« Er stand auf. »Ich habe versprochen, die Aufnahme heute zurückzugeben. Haben Sie Zeit, mir ein

Weitere Kostenlose Bücher