Das Echo
halbe Stunde lang Spaß gehabt habe. Also? Du wolltest doch über irgendwas mit mir sprechen?«
»Über einen Mann namens Nigel de Vriess. Das einzige, was ich von ihm weiß, ist, daß er in einem Herrenhaus in Hampshire lebt, das er 1991 gekauft hat, und daß er eine Zeitlang im Aufsichtsrat von Lowenstein’s Merchant Bank war. Ist er dir ein Begriff? Mich würde interessieren, woher er das Geld hatte, dieses Haus zu kaufen.«
»Die Frage ist schnell beantwortet. Er hat es nicht gekauft, es hat ihm bereits gehört. Wenn ich mich recht erinnere, hat seine Frau bei der Scheidung das gemeinsame Haus in Hampstead genommen und er hat das Halcombe House behalten. Ich kann mich jetzt allerdings nicht erinnern, ob das bei seiner ersten oder der zweiten Scheidung war. Seine Kinder sind jedenfalls aus erster Ehe.«
»Mir hat man erzählt, er hätte das Haus gekauft.«
»Stimmt, als er seine erste Million gemacht hatte. Aber das war vor mehr als zwanzig Jahren. In den Achtzigern, als er in eine Fluggesellschaft investierte, die beim Kartellkrieg draufging, hat er so ziemlich alles verloren, aber irgendwie hat er’s geschafft, die Grundstücke zu halten. Er ist dann nur zu Lowenstein gegangen, um was Sicheres zu haben, während die Börse sich erholte. Gegen ein verdammt gutes Gehalt hat er die Geschäfte der Bank bis in den Fernen Osten ausgedehnt und dafür gesorgt, daß sie rund um den Pazifik Fuß gefaßt hat. Er hat gut für die Leute gearbeitet. Sie haben de Vriess ihren weltweiten Ruf zu verdanken.«
»Was ist mit James Streeter, der ihnen zehn Millionen abgeluchst hat?«
»Was soll mit ihm sein? Zehn Millionen sind heutzutage Peanuts. Hundert Millionen waren nötig, um Baring’s Bank kaputtzumachen.« Alan trank einen Schluck Whisky. »Lowensteins Fehler war, daß sie den Kerl zur Flucht getrieben und die ganze Sache an die Öffentlichkeit gebracht haben. Ihre zehn Millionen hatten sie innerhalb von achtundvierzig Stunden Handel an den Devisenmärkten wieder drin, aber die schlechte Publicity hat ihrer Glaubwürdigkeit schwer geschadet.«
Deacon zog seine Zigaretten heraus und bot Alan mit hochgezogenen Augenbrauen eine an. »Ich sag’ Maggie nichts, wenn du’s nicht willst.«
»Du bist ein guter Kerl, Mike.« Er steckte sich die Zigarette andächtig zwischen die Lippen. »Ich hab’ nur aufgehört, weil Maggie, das alberne Ding, dauernd geweint hat. Stell dir das mal vor? Ich sterbe an Entsagung, damit ich sie nicht unglücklich mache, wenn sie mir beim Sterben zuschaut. Und sie hat immer gesagt, ich wäre der egoistischste Mensch der Welt!«
Irgendwo fand Deacon ein Lachen. »Und recht hat sie«, sagte er. »Ich erinnere mich heute noch an den Abend, als du mich zum Essen eingeladen hast, und ich bezahlen mußte, weil du angeblich deine Brieftasche zu Hause liegengelassen hattest.«
»Hatte ich auch.«
»Quatsch! Ich hab’ die Ausbuchtung in deinem Jackett genau gesehen.«
»Du warst damals sehr jung und sehr grün, Mike.«
»Ja, und das hast du weidlich ausgenutzt, du alter Gauner.«
»Du warst ein guter Freund.«
»Was heißt warst ? Ich bin es immer noch. Wer hat den Whisky spendiert?« Er sah den Schatten, der über Alans Gesicht flog, und wechselte hastig das Thema. »Was treibt de Vriess jetzt?«
»Er hat ein Software-Unternehmen namens Softworks gekauft, hat es in de Vriess Softworks oder DVS umgetauft, die Hälfte des Personals an die Luft gesetzt und die Kiste innerhalb von zwei Jahren wieder flottgemacht, indem er eine billigere Version von Windows für den Heimcomputermarkt entwickelte. Er ist ein arroganter Schweinehund, aber aufs Geldmachen versteht er sich. Mit dreizehn hat er Zeitungen ausgetragen, und von da an ging’s nur noch bergauf.«
»Du hast aber eben gesagt, daß er in den Achtzigern mal pleite war«, erinnerte Deacon ihn.
»Ein vorübergehender Aussetzer, Mike, daher der Job bei Lowenstein. Jetzt ist er wieder da, wo er vor dem Zusammenbruch war. Die Aktien haben sich erholt, und DVS bringt ihm eine Menge Geld ein.«
»Für Softworks hat damals eine Frau namens Marianne Filbert gearbeitet. Sagt dir der Name was?«
Alan schüttelte den Kopf. »In was für einer Verbindung steht sie zu de Vriess?«
Deacon erklärte kurz John Streeters Theorie einer Verschwörung gegen James. »Ich habe den Verdacht, daß seine gesamte Argumentation auf Wunschdenken beruht, aber es ist doch interessant, daß de Vriess ausgerechnet die Firma gekauft hat, in der James Streeter seine
Weitere Kostenlose Bücher