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Das Echo

Titel: Das Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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hat?«
    »Er hatte es von seinem Vater geerbt. Dem gehörte ein Grundstück, das der Staat für den Bau der M 1 brauchte. Mein Großvater verdiente daran ein kleines Vermögen, das er seinem einzigen Sohn hinterließ, zusammen mit einem schönen alten Bauernhaus, an dessen Garten jetzt eine sechsspurige Autoschnellstraße vorbeiführt.«
    »Mann! Und das hat Ihre Mutter Ihnen einfach geklaut?«
    Deacon bog in die Fleet Street ein. »Wenn sie es getan hat, dann hat sie es verdient. Sie hat Emma und mich, als wir acht Jahre alt waren, ins Internat gegeben, damit wir nicht ständig mit meinem Vater unter einem Dach leben mußten.« Er lenkte den Wagen in die Gasse neben der Redaktion und stellte ihn auf dem leeren Parkplatz hinter dem Gebäude ab. »Daß ich am Ende noch mit ihm gesprochen habe, lag nur daran, daß ich weniger mit ihm zu tun hatte als meine Mutter und Emma. Ich habe mich nur Weihnachten zu Hause blicken lassen, sonst war ich immer bei Freunden aus der Schule und der Universität.« Er schaltete den Motor aus. »Emma hat meiner Mutter weit mehr geholfen, deshalb hat mein Vater ihr nur zwanzigtausend hinterlassen. Er hat sie mit der Zeit gehaßt, weil sie immer die Partei meiner Mutter ergriffen hat.« Er wandte sich dem Jungen mit einem schwachen Lächeln zu. »Siehst du, es ist nicht alles so, wie du geglaubt hast, Terry. Mein Vater hat dieses zweite Testament aus Bosheit gemacht, und wahrscheinlich hat er es sowieso selbst zerrissen. Das weiß Hugh so gut wie ich, aber Hugh sitzt in der Patsche und sucht krampfhaft nach einem Ausweg.«
    »Sind alle Familien so wie eure?«
    »Nein.«
    »Also, ich kapier’ das nicht. So wie sich’s anhört, mögen Sie Ihre Mutter doch, warum reden Sie dann nicht mit ihr?«
    Deacon schaltete die Scheinwerfer aus, und es wurde dunkel. »Willst du die lange oder die kurze Erklärung?«
    »Die kurze.«
    »Ich bestrafe sie.«
     
    »Was ist denn heute abend hier los?« fragte Glen Hopkins, als Deacon kam. »Barry Grover ist auch schon seit zwei Stunden hier.« Er musterte Terry mit Interesse. »Ich krieg’ langsam das Gefühl, daß ich der einzige bin, der’s zu Hause schön findet.«
    Terry lächelte entwaffnend und stützte seine Ellbogen auf das Pult. »Dad« - er wies mit dem Daumen auf Deacon - »wollte mir mal zeigen, wo er arbeitet. Es macht ihn nämlich ganz fertig, daß Mam auf den Strich geht, seit er sie rausgeschmissen hat, und jetzt will er mir zeigen, daß es bessere Möglichkeiten gibt, sich seine Brötchen zu verdienen.«
    Deacon packte ihn am Arm und stieß ihn zur Treppe. »Glauben Sie kein Wort, Glen. Wenn dieser Strick auch nur ein Gen von mir im Leib hätte, würde ich mich von der nächsten Brücke stürzen.«
    »Mam hat mich gewarnt, daß du immer gleich grob wirst. Sie hat gesagt, du haust immer erst zu und fragst hinterher.«
    »Halt die Klappe, du Schwachkopf.«
    Terry lachte, und Glen Hopkins sah den beiden mit einem Ausdruck brennender Neugier in seinem sonst eher verdrossenen Gesicht nach, als sie die Treppe hinaufliefen. Zum erstenmal, solange er sich erinnern konnte, hatte Deacon eindeutig vergnügt ausgesehen, und Glen begann sofort, sich Ähnlichkeiten zwischen dem Mann und dem Jungen einzubilden, die gar nicht da waren.
     
    Auch Barry Grover packte die Neugier, als er Terry sah, aber er hatte sein Leben lang seine wahren Gefühle hinter einer Maske versteckt und blickte die beiden nur ausdruckslos durch seine dicken Brillengläser an, als sie geräuschvoll ins Archiv stürmten. Er bot einen seltsamen Anblick, ganz allein an seinem Schreibtisch, der mitten in dem abgedunkelten Raum in einer Lichtpfütze stand, deren Glanz sich in seinen Brillengläsern spiegelte. Mehr noch als sonst ähnelte er einem großen Käfer mit schillernden Augen, und Deacon schaltete mit einer schnellen Bewegung die Deckenbeleuchtung ein, um das bedrückende Bild zu vertreiben.
    »Hallo, Barry«, sagte er in dem künstlich herzlichen Ton, den er dem Mann gegenüber stets anschlug, »ich möchte Ihnen einen Freund von mir vorstellen, Terry Dalton. Terry, das sind die Augen des Street -Magazins, Barry Grover. Wenn dich Fotografie auch nur im geringsten interessiert, ist das der Mann, mit dem du dich unterhalten solltest. Er weiß alles, was man darüber überhaupt wissen kann.«
    Terry nickte auf seine freundliche Art.
    »Mike übertreibt«, sagte Barry, der fürchtete, lächerlich gemacht zu werden, in wegwerfendem Ton. Er hatte bereits voller Verlegenheit die

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