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Das Echolot Abgesang '45. Ein kollektives Tagebuch (4. Teil des Echolot-Projekts) - Kempowski, W: Echolot/Abgesang '45

Titel: Das Echolot Abgesang '45. Ein kollektives Tagebuch (4. Teil des Echolot-Projekts) - Kempowski, W: Echolot/Abgesang '45 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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im Bereich des Reichstages und der Reichskanzlei gefangengenommenen Wehrmachtsangehörigen gebracht.
    Der sowjetische Kriegsfotograf
    Jewgeni Chaldej
Berlin
    Es war gegen acht Uhr, der Reichstag brannte. Ich bin mit den russischen Soldaten auf das Dach geklettert und gab einem die Flagge in die Hand. Schließlich fand ich diesen Punkt, wo man den brennenden Reichstag und im Hintergrund die brennenden Häuser sowie das Brandeburger Tor sieht. Ich wußte, das ist es.
    Adolf Hitler 1889–1945
Berlin/Führerbunker
    Privates Testament
    Was ich besitze, gehört – soweit es überhaupt von Wert ist – der Partei. Sollte diese nicht mehr existieren, dem Staat, sollte auch der Staat vernichtet werden, ist eine weitere Entscheidung von mir nicht mehr notwendig.
    Ich habe meine Gemälde in den von mir im Laufe der Jahre angekauften Sammlungen niemals für private Zwecke, sondern stets nur für den Ausbau einer Galerie in meiner Heimatstadt Linz a. d. Donau gesammelt.
    *
    Friedhof Rummelsburgerstraße
Berlin
    Fritz H. *1894
    Caprivi Allee
    Freitod
     
    Wilhelm M. * 1905
    Geusen Straße
    Selbstmord durch Erschießen
     
    Erich P. *1893
    Siegfriedstraße
    Selbstmord (Erhängen)
    Der Kapitänleutnant
    Franz Kuhlmann 1905 –1989
Berlin/Reichskanzlei
    Am 30. April nachmittags, es mag zwischen 15 und 16 Uhr gewesen sein, befand ich mich auf dem Weg zu einigen Gruppen meiner Soldaten, die die Nordflanke der Reichskanzlei verteidigen sollten. Ich wollte gerade den großen Bunker verlassen, um über den Kohlenhof in den Gang zum Führerbunker einzubiegen, als mich ein Oberfeldwebel meines Stabes ansprach und mich bat, einmal mit in den sogenannten Grünen Saal der Reichskanzlei zu gehen. Ich folgte ihm und wurde so Zeuge der Abschiedsfeier, die Goebbels für seine Hitler-Jungen veranstaltete. Es nahmen aber auch dessen Frau Magda Goebbels sowie fast alle Kinder des Ministers, Sekretärinnen aus dem Führerbunker, einige mir nicht bekannte Zivilpersonen und Kadetten meiner Einheit teil. Auch ich wurde sofort an eine lange Tafel gebeten, erhielt einen Teller Erbsensuppe vorgesetzt und sah mir schräg gegenüber den Minister sitzen in lebhaftem Gespräch mit einigen Hitler-Jungen. Mein Oberfeldwebel saß unten am Tisch neben Frau Goebbels, meine Kadetten hatten zum Teil die kleineren Kinder auf den Schoß genommen. Nach dem Essen wurden, von einem Schifferklavier begleitet, Lieder der Hitler-Jugend und auf Wunsch des Ministers die alten Kampflieder der Nationalsozialisten gesungen. Zwischendurch sprach Goebbels einige Worte und zeichnete eine Reihe von Hitler-Jungen, die von draußen hereingekommen waren, aber mit ihren Panzerfäusten bereits russische Panzer vernichtet hatten, mit dem Eisernen Kreuz aus.
    Ich konnte Goebbels sehr genau beobachten und sah, wie ihm bei den alten Kampfliedern die Tränen rannen. Es herrschte in dem Raum eine eigenartige, sehr schwer zu beschreibende Stimmung, der sich wohl niemandaus der Teilnehmerschar entziehen konnte. Jeder fühlte irgendwie, daß dies ein Abschied für immer war, daß hier eine Welt versank, für die Millionen gekämpft und ihr Blut gelassen hatten und daß alle Opfer vergeblich gewesen waren.
    Das starke, unablässige Bombardement dort draußen, die vielen Toten, die nicht einmal geborgen werden konnten, der Gesang hier drinnen, die vielen ganz jungen Gesichter, die doch schon gezeichnet waren vom furchtbaren Handwerk, dann die unbefangen spielenden Kinder – das Ganze schuf eine Atmosphäre, die gespenstisch und unwirklich war und die doch ein ganzes Leben lang nachwirkt bei denen, die damals von ihr erfaßt wurden.
    Adolf Hitler 1889–1945
Berlin/Führerbunker
    Privates Testament
    Dass dieses Vermächtnis vollzogen wird, wäre mein herzlichster Wunsch. Zum Testamentsvollstrecker ernenne ich meinen treuesten Parteigenossen Martin Bormann.
    Er ist berechtigt, alle Entscheidungen endgültig und rechtsgültig zu treffen. Es ist ihm gestattet, alles das, was persönlichen Erinnerungswert besitzt, oder zur Erhaltung eines kleinen bürgerlichen Lebens notwendig ist, meinen Geschwistern abzutrennen, ebenso vor allem der Mutter meiner Frau und meinen, ihm genau bekannten treuen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen an der Spitze meinen alten Sekretären, Sekretärinnen, Frau Winter, usw., die mich jahrelang durch ihre Arbeit unterstützten.
    Ich selbst und meine Gattin wählen, um der Schande des Absetzens oder der Kapitulation zu entgehen, den Tod. Es ist unser Wille, sofort an der Stelle

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